Brühl. Die Luft steht und flimmert regelrecht. Abkühlung ist gefragt. Auf dem Weg zum Anleger der Kollerfähre kommen viele Fahrzeuge zurückgefahren. Ein Hinweisschild teilt mit, dass bereits alle Parkplätze am Inselcamping belegt sind. „Das steht da doch immer drauf, soll abhalten rüberzufahren“, meint Max Wedel, der mit dem Rad zum Kollerstrand will.
Direkt am Anlegeplatz stehen einige Fahrzeuge hintereinander und Radfahrer versammeln sich dicht an dicht. Zwischen den Grüppchen ist der „Corona-Abstand“ geradeso eingehalten. Es ist 11 Uhr am Samstagmorgen. Die Aussicht auf den in diesem Jahr bisher wohl heißesten Tag hat viele auf die Idee gebracht, die Zeit im Naherholungsgebiet am Kollersee so entspannt wie möglich zu verbringen.
Die Fähre legt an, gut 20 Radler fahren auf, sechs teils voll besetzte Fahrzeuge passen dazu. Gefragt, weshalb sie übersetzen, obgleich schon Leute zurückkommen, antworten Marie Weimener und Selina Gest: „Die Schwimmbäder sind alle voll vorgebucht, am See ist immer noch ein Platz.“ Mit dem Rad haben sie sicher auch noch eine reelle Chance, anfahren zu können.
Für Autofahrer geht bis etwa 12 Uhr auch noch was auf dem Parkplatz direkt am Campinggelände. Pia Müller vom Team des Campingraumanbieters sagt: „Wir haben die Fläche zum Parken kürzlich auf rund 500 Plätze erhöht.“ Und dennoch reicht das nicht, bei dem Ansturm, der seit Sommerferienbeginn zusätzlich von lokal wohnenden Erholungssuchenden gespeist wird. „Etwa seit vier Wochen sind wir auf dem Campingplatz voll belegt, erhalten aber verstärkt Anfragen – klar, Reisen ins Ausland sind nicht oder nur erschwert möglich, da sucht man Möglichkeiten im eigenen Land“, sagt Müller, dass die Gäste von Emden im Norden und auch aus Italien im Süden hierherfahren.
Derweil stehen die Camper, die schon angereist sind, sowie die, die gerade ankommen, vor dem Info-Büro und vor dem Kiosk Schlange – die Pandemie bedingten Abstände sind auch hier einzuhalten. Vor der Schranke zum Campingplatz stehen manche Besucher bepackt mit diversen Schwimmutensilien etwas verwirrt umher, bis sie realisieren, dass ihr Weg um das Camping-Areal herum und über den Damm an den See führt. Ein Blick dorthin zeigt, dass Strandabschnitte schon gut in mehreren Reihen besetzt sind. Abstand ist am Ufer noch da, im Wasser sollte es später wirklich eng werden, denn immer mehr Erfrischungssuchende strömen ab der Mittagszeit dorthin.
Zufahrt nur für Camper und Segler
Dazu kommen die Camper, die Strand und See mitnutzen. „Oh, ganz schön voll“, stellt Familie Knud fest – sie haben den wohl letzten offiziellen Parkplatz bekommen und suchen jetzt einen Platz fürs Schwimm-Vergnügen, nehmen den längeren Fußmarsch ans Seitenufer in Kauf. Insgesamt 250 Meter lang ist der Sandstrandbereich. Auf den etwas abgelegeneren Plätzen sammeln sich zusehends Menschen, werden Sonnenschirme aufgestellt. Mittlerweile ist die Zufahrt an der Gabelung der Landstraße 630 von der Fähre kommend tatsächlich gesperrt; zwei Mitarbeiter vom „Inselcampingteam“ sondieren, wer Camper oder Segler ist, denn der hat freie Zufahrt. Alle Tagesausflügler werden freundlich, aber bestimmt abgewiesen, müssen sich andere Parkmöglichkeiten suchen.
Ein Fahrzeug nach dem anderen reiht sich jetzt zu beiden Seiten der Landstraße in den Banketten, den naturbelassenen Grün- und Blühstreifen am Straßenrand, mehrere hundert Meter weit in alle Richtungen aneinander. Mit Taschen und Kühlboxen beladen geht es auf den Marsch zum Strand. „Da ist doch bestimmt noch Platz“, „warum soll ich zurückfahren?“ oder „wir haben uns doch so aufs Wasser gefreut“ sind ein paar der Aussagen auf die Frage, warum man das Wildparken und eventuell auch Strafzettel, die im Naturschutzgebiet teuer werden können, in Kauf nimmt.
„Die Leute sind einfach extrem egoistisch“, bestätigt auch Pia Müller, die ab und an verbale Ausbrüche aushalten muss, wenn sie konsequent abweist. Und das ist nicht das Einzige, was manch rücksichtsloser Gast hinterlässt. Dazu kommt auch eine Menge Müll, die schon zu diesem frühen Tageszeitpunkt in Stapeln neben den vollen Mülleimern zu erahnen ist. Abstandhalten ist wohl schon ein wenig aus den Köpfen und doch immer noch notwendig, um eine weitere Ausbreitung der Corona-Pandemie zu verhindern. Das Ordnungsamt Brühl, mit dem die Betreiber des Campingplatzes zusammenarbeiten, hatte sich für Samstag zur Kontrolle angekündigt.
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