Brühl. Unter der Corona-Krise leiden auch die Wirte, denn sie mussten ihre Lokale am Samstag, 21. März, ziemlich plötzlich schließen. Somit stehen viele Gastronomiebetriebe von einem Tag auf den anderen ohne Einnahmen da. Derweil bleiben die Grundkosten auch während der Zeit der Pandemie bestehen: Pacht, Miete, Strom, Telefon – alles läuft weiter. Nach einer Umfrage unter 2500 Betrieben in Deutschland orakelt Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga: „Sehr, sehr viele Betriebe sind akut in ihrer Existenz bedroht.“
Doch die Mehrzahl der Brühler Wirte lamentieren nicht – sie zeigen sich engagiert und haben auf einen Liefer- und Abholservice umgestellt. Und die Kunden erweisen sich als solidarisch mit der Gastronomie. Sie reden nicht nur von Unterstützung, sie bieten sie durch die Nutzung des Angebots.
„Es läuft zurzeit besser, als wir es erwartet haben“, sagt beispielsweise Gio Vitali von „Gio’s Filzkugel“, dem Vereinslokal des Tennisclubs. „Wir liegen etwas abseits, deshalb habe ich mit dem Erfolg nicht gerechnet“, meint er, doch die bewährte Qualität beispielsweise der Pizzen und zu günstigen Corona-Preisen hätten sich herumgesprochen. So fänden sehr viele Neukunden zu ihm, „teilweise kommen die sogar aus dem Kraichgau her“.
Auch Jürgen Kracht vom TV-Clubhaus beurteilt seinen neuen Service als gut angenommen. Die Nachfrage stimme, sodass die laufenden Kosten der Gaststätte gedeckt werden könnten. „Wir haben den Vorteil, dass wir einen großen Verein hinter uns stehen haben“, meint der Wirt, so könne man auf eine große Stammkundschaft aufbauen, die seine vielgelobte deutsche Küche zu schätzen wüssten. Die Rückmeldungen für das „geile Essen“ seien gut, wie Kracht aus Dankeschön-E-Mails zitiert.
Das spreche sich herum und so würden auch immer wieder Kunden begrüßt, die man aus dem bisherigen Betrieb noch nicht gekannt habe. „Und wer einmal gekommen ist, der kommt auch wieder“, meint Kracht und lacht.
Lob für unglaubliche Leistung
Claudia Schuld von der „Traube“ freut sich auch über die vielen Lobesbekundungen für ihre „Zauberküche“ im Gasthaus „Zur Traube“. Zu Ostern habe es sogar für das ganze Team von Stammgästen Präsente für das Engagement gegeben, schließlich wird auch ein ehrenamtlicher Lieferservice organisiert. „Das ist unglaublich, was hier jeden Mittag geleistet wird“, stellt ein Stammgast begeistert fest.
Daneben freut sich die Wirtin aber auch darüber, dass durch das neue Angebot viele neue Kunden begrüßt werden könnten. „So können wir diese nicht ganz einfache Zeit wirtschaftlich überleben“, zeigt sich Schuld zufrieden.
Vorsichtige Zuversicht
Christian Rathmann vom Clubhaus der Hundefreunde Rohrhof ist vom Werbepotenzial des Außerhausservice fasziniert, auch wenn die Zeiten für Gastwirte durch das Virus insgesamt schlimm seien, wie er meint. „Doch zu uns kommen derzeit immer wieder Neukunden aus der gesamten Region, die durch das Engagement der örtlichen Wirte auch von uns erfahren haben“, freut er sich. Doch obwohl die Kosten so gedeckt werden könnten, blicke er schon voll Spannung auf den Tag, wenn er seinen gemütlichen Biergarten beim Naturschutzgebiet wieder für die Gäste öffnen kann. „Bis dahin müssen wir halt kreativ bleiben“, ist er überzeugt.
„Wir kommen so ganz gut über die Runden“, ist auch Andrea Bretzel von der „Krone – das Gasthaus“ überzeugt. Natürlich sei es finanziell schmerzhaft, dass das Ostergeschäft fast gänzlich weggebrochen sei, doch mit den wöchentlich wechselnden Essen – zurzeit natürlich mit Spargelgerichten – laufe es „doch ganz gut“, meint sie und blickt für ihr Haus insgesamt vorsichtig zuversichtlich in die nähere Zukunft.
„Durch den Abholservice halten sich die finanziellen Ausfälle schon ein wenig im Rahmen“, heißt es auch beim „Griechen“ im Vereinslokal der Sportgemeinde. Dort wird – wie bei allen von uns angesprochenen Wirten – den Kunden für die Unterstützung in der schweren Zeit „wirklich sehr, sehr dankbar“.
Mit blauem Auge davonkommen
Auf die Erfahrungen seiner Kollegen möchte auch Klaus Fassner aufbauen, der seit Jahren den Kiosk im Freibad betreibt. Zwar dürfe die beliebte Freizeiteinrichtung am Schrankenbuckel nicht wie gewohnt in die Saison starten, doch Fassner möchte seinen Kunden das „Schwimmbad-Feeling“ zumindest kulinarisch ab sofort mit einem Außerhausverkauf von Eis über Pommes bis Flammkuchen über den Hintereingang des Kiosks ermöglichen.
Das Engagement der Gastronomen und die Treue beziehungsweise Neugierde der Kunden scheint also in der Hufeisengemeinde existenzsichernd zu sein. Die Wirte könnte da mit einem blauen Auge davonkommen. Allerdings gilt das nicht für alle, so gibt es auch einzelne Wirte, die trotz Abholservice befürchten, wie in Kürze das „Split“ die Segel streichen zu müssen – sie könnten die wirtschaftlichen Ausfälle durch die Corona-Zwangspause nicht mehr kompensieren, erklären sie.
Gastronomie mit Abhol- und Lieferservice
Clubhaus SV Rohrhof „Zum Gockel“ Gartenstraße 45 Telefon 06202/4 09 88 60.
„Döner Haus“, Mannheimer Straße, Telefon 06202/9 47 92 59.
„La Gelateria“, Lindenplatz, Telefon 0170/5 69 19 07.
Gasthaus „Zur Traube“, Schwetzinger Straße 18, Telefon 06202/7 18 18.
Gaststätte „Split“ Kleintierzüchter, Pferchstückerweg 1, Telefon 06202/9 57 13 56.
„Gio’s Filzkugel“, Rennerswald 17, Telefon 06202/7 47 36.
Grillstube Fotis Nicos, Brühler Straße 4, Telefon 06202/7 35 50.
Hundefreunde Rohrhof, Hanfäcker 11, Telefon 06202/5 90 89 96.
„Krone – das Gasthaus“, Ketscher Straße 17, Telefon 06202/6 07 02 52.
Pizzeria „Cavallino“, Mannheimer Straße 19, Telefon 06202/7 60 86 39.
Pizzeria „Da Christina“, Schwetzinger Straße 15, Telefon 06242/9 27 37 91.
Pizzeria „Da Silvio“, Mannheimer Straße 29, Telefon 06202/7 59 10.
Restaurant „Dalmacija – Da Flavio & Daniele“, Gartenstraße 37, Telefon 06202/7 11 17.
Restaurant „Der Grieche“, Weidweg 9, Telefon 06202/7 14 36.
Restaurant „Ratsstube“, Hauptstraße 2, Telefon 06202/9 47 95 90.
„Roter Hahn“, Rheinauer Straße 44a, Telefon 01520/4 82 73 35.
„Sensation Blue Event-service-Leckereienliebe“, Julia-Lanz-Straße 34, Telefon 0176/31 14 52 25.
TV-Clubhaus, Wiesenplätz 2, Telefon 06202/7 18 52.
„XXL Kolosseum“, Bahnhofstraße 1, Telefon 06202/9 28 86 85. ras
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