Villa Meixner Brühl - Aufwändige Herstellung von Arbeiten mit häufig doppeldeutigen Inhalten laden zum Betrachten ein

Seine Werke sind reine Kopfsache: Vernissage mit Bildern von Bruno Obermann

Von 
Sabine Zeuner
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Brühl. „Im Atelier ist es kalt, so acht bis zehn Grad Celsius“, erzählt Bruno Obermann, gerade jetzt, im Winter, sei das der Fall. Dieser Schaffens- und Entdeckungsort, etwa bei Tagen des offenen Ateliers, liegt in der Nähe von Siegen in Nordrhein-Westfalen. Wer dort Staffeleien mit angefangenen oder fertiggestellten Bildern sucht, wird eher nicht fündig. Denn die Leinwände oder das Papier als Träger für die ausdrucksstarken „kopflastigen“ Bilder mit Hintergrund und Tiefgang werden am Boden liegend bearbeitet, wobei der Künstler die Verbreitung der stark verdünnten Farbe in ihrer Bewegung beeinflusst.

Großformate werden hierbei von Obermann bevorzugt, die er mit unzähligen Farbschichten belegt, in denen er die Farben in diversen Verdünnungsgraden nutzt und Effekte, die beim Auftrag unwillkürlich entstehen, als Akzente für den Gesamteindruck integriert.

Zur Person: Bruno Obermann

Bruno Obermann wurde 1956 in Netphen geboren, wo er heute noch lebt. Schon als Kind begeisterte ihn die Malere. Ein Urlaub an der Côte d‘Azur war Initialzünder für das kreative Schaffen.

In seinen 40 Jahren Schaffenszeit bewegte er sich zwischen Impressionismus, Stillleben, Personenabbildungen oder Landschaftsbildern über den Expressionismus bis zu einem ganz eigenen informellen und ab-strakt geprägten Ausdrucksstil. zesa

Die „Kopfsache“, so der Titel der Ausstellung in der Villa Meixner in Brühl, ist im Doppelsinn zu verstehen: Einerseits fokussiert der Maler den Kopf als meist unverhülltes Körperteil, das Emotionen spiegelt, andererseits entstehen die Bilder durch alles, was dem Künstler durch den Kopf geht. Obermann hat nach eigener Aussage die „kleineren“ Exponate in die Villa Meixner mitgebracht, was den Gegebenheiten in der Jugendstilvilla geschuldet ist.

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Brühl: Bruno Obermann stellt in der Villa Meixner aus

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Nichtsdestotrotz ziehen die farbintensiven Bilder mit Abmessungen von 29 x 20 bis 160 x 120 Zentimeter die Blicke an und verfehlen ihre Wirkung dabei nicht. Gerade die Details sind es, die faszinieren. „Malerei ist nie eindeutig, soll interpretationsfähig bleiben“, fordert der Künstler im Gespräch mit der Redaktion auf, das Kunst-Dialog-Experiment selbst zu wagen. Hier kommt Obermann zurück auf die Schilderung des Malens in Schichten, die er „übermalt oder sichtbar lässt“, die meist nur angedeuteten Gesichtsmerkmale wie Augen oder Münder, den „Raum für eigenes Entdecken.“ Die sich auflösenden Konturen stünden dafür, dass nichts sicher sei, überhaupt und gerade in den letzten beiden Jahren. Viele der gezeigten Werke entstammen der Jahre 2020 und 2021, einige sind älter.

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Die Frage, ob früher alles per se besser war, stellt sich Obermann, der seine Motive im Bezug zum aktuellen Zeitgeschehen während des Entstehungsprozesses wählt. „Früher war die Zeit, das Leben einfach entspannter, man musste sich deutlich weniger Gedanken machen“, so seine Ansicht.

Flüchtlingsthematik aufgegriffen

Wann weiß der Künstler eigentlich, dass ein Bild fertig ist? „Ich habe oft zwei bis drei Bilder parallel in Bearbeitung“, schildert der Zweifach-Großvater, dass er nach dem optischen Abschluss erst einmal eine Nacht darüber schläft: „Ich denke in dieser Nacht über das Bild nach. Bestätigt sich der Eindruck ,fertig‘ beim nächsten Blick auf das Bild, dann ist der Schaffensprozess beendet.“ Dieser eigene Eindruck festige sich dann meistens über Wochen der Betrachtung. Wenn nicht, dann käme es auch vor, dass er Werke komplett übermale. „Jedes Bild, jedes Motiv hat seine Zeit.“

Seine Materialnutzung habe sich nach 25 Jahren aufgrund der eigenen Unverträglichkeit der Lösungsmitteldämpfe von Ölfarbe auf Acrylfarbe geändert. Der Acrylfarbe schreibt er das schnelle Trocknen zu, das Verdünnen mit Wasser, was den nachhaltigen Aspekt beinhalte und zügigeres Arbeiten im Entstehungsprozess erlaube. Derzeit sind der Holocaust und die beeindruckende filmische Aufbereitung der Wannsee-Konferenz Aspekte, die ihn beschäftigen, aber auch die Flüchtlingswelle ist Thema auf einem der ausgestellten Bilder mit dem Titel „Flucht und Frucht“. Es zeigt ein fast tränend wirkendes Auge, einen erstaunt und leidend erscheinenden Mund, dazu ein über und über mit erkennbaren Früchten gemustertes Oberteil. Der Hintergrund: „Menschen, die Wochen und Monate unter teilweise schlimmsten Bedingungen auf der Flucht waren, tragen bei ihrer Ankunft lächelnd Shirts einer bekannten Marke, die Früchte im Namen trägt“, beschreibt Obermann seinen auf Leinwand gebannten Eindruck.

Zur Vernissage, bei der der Kunsthistoriker Manfred Orpel ins Werk einführte, war pandemiebedingt nur eine reduzierte Anzahl Gäste erlaubt. Bürgermeister Dr. Ralf Göck begrüßte „in derzeit schwierigen Zeiten“ und betonte: „Kunst und Kultur in dieser Zeit sind wichtig.“ Er freute sich, dass Brühl unter 2Gplus-Regeln die Ausstellungseröffnung sogar mit anschließendem Sektempfang in beheizten Zelten im Villa-Garten durchführen konnte. Für den feierlichen Rahmen sorgten Michaela (Gesang), Björn (Bass) und Elias Dozd (Flügel), die als Schüler der Klangfabrik Mannheim/Abteilung Brühl Lieder von Stevie Wonder und Norah Jones präsentierten.

Die Ausstellung ist bis 6. März samstags von 14.30 bis 17.30 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 17.30 Uhr sowie nach Vereinbarung geöffnet.

Info: Weitere Bilder gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de

Freie Autorin freie Mitarbeiterin

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