Brühl. „Auf die Plätze, fertig, los!“, heißt es in der Hufeisengemeinde schon lange. 1925 wurde anlässlich des Verfassungstages zum ersten Mal ein Staffellauf durch Brühl veranstaltet. Für den Sieger gab es einen Wanderpokal der Gemeinde. Mit wenigen Unterbrechungen wurde dieser Staffellauf bis zur 800-Jahr-Feier der Gemeinde 1957 jährlich durchgeführt. Der Staffellauf war Bestandteil der „Friedrich-Ebert-Spiele“, die nach der Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten in „Hindenburg-Spiele“ umgetauft wurden. Man kann diese Veranstaltung durchaus als Vorläufer des Landsportfests bezeichnen.
Doch zeugen diese ersten Läufe nicht wirklich von einer bestehenden Vereinsarbeit in Sachen Leichtathletik. In erster Linie ging es bei der Gründung des FVB 1918 um den Fußballsport. Aber der Süddeutsche Fußball- und Leichtathletikverband warb in seinen Vereinen immer dafür, auch die Leichtathletik zu pflegen. So wurden vor oder nach Fußballspielen Läufe auf dem Platz oder auf der Straße durchgeführt, denn entsprechende Leichtathletikanlagen gab es in den 1920er Jahren keine in Brühl.
Das sollte sich 1932, also vor 90 Jahren ändern. Da nahm der Fußballverein mit der Gründung einer eigenen Leichtathletikabteilung ihre gezielte Förderung dieses Sports unter ihrem Dach auf.
Ernst Dünkel, Martin Keck, Karl Weiß, Martin Geschwill und Albert Triebskorn veranstalteten noch im Juli des gleichen Jahres in Zusammenarbeit mit dem Kreisausschuss Mannheim das erste Landsportfest in Brühl, das im Laufe der Jahre zum Publikumsmagneten, aber auch zu einem bei den Sportlern beliebten Wettbewerb avancierte. Ein Grund waren die stets vorbildlichen Anlagen in der Hufeisengemeinde. Schon um den FV-Sportplatz im „Wegeleswald“ herum legte man sie an. Das Brühler Landsportfest wurde mit einer Unterbrechung im Zweiten Weltkrieg von bis 2014 durchgeführt. Diese Tradition soll im Sportpark-Süd wieder aufgegriffen werden, verspricht der derzeitige Abteilungsleiter Stefan Hoffmann.
Umjubelte Sieger
Rudolf Geschwill, Alfons Pister, Erich Pister, Wilhelm Langlotz, Herbert Langlotz, Heinrich Schimmele, Eugen Faulhaber, Herbert Nenninger, Erich Geschwill, Albert Gredel und Hugo Körber waren die besten Kurz- und Mittelstreckenläufer in den 1930er Jahren. Sie waren teilweise Fußballer und zusätzlich gute Läufer. Auf den langen Strecken sind damals Adolf Schimmele, Josef Brucker, Adolf Welter und Eugen Montag „spitze“ gewesen. Bei den Werfern haben Max Meixner, Martin Keck, Hermann Pister, Georg Hafner und Ludwig Zobeley erfolgreich.
Außerdem wurde in Vereinsvergleichskämpfen mancher Sieg errungen. Zeitzeugen berichteten beispielsweise, dass man am 31. August 1939, also am Tag, bevor Hitler den Krieg begann, mit einer gemischten Brühler TV/FV-Mannschaft einen viel umjubelten Sieg über die Vertretung von Schwetzingen errang.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war es nicht einfach, für die Leichtathletik zu begeistern, die von den Nationalsozialisten besonders intensiv zur Selbstdarstellung benutzt worden war. Erst nachdem der tatkräftige Schülerleiter Kurt Wiedemann, der auch die jungen Fußballer trainierte, mit seinen jungen Kräften Erfolge erzielen konnte, entdeckten wieder mehr Brühler ihre Begeisterung für diesen Sport. Leichtathletikwart Karl Weiß und Trainer Rudolf Geschwill hatten bald eine kleine, aber recht aktive Gruppe beieinander, die den Verein weit über den Kreis Mannheim hinaus bekannt machte.
Der erste Erfolg nach dem Krieg war der Sieg von Hans Motzenbäcker bei der Badischen Waldlaufmeisterschaft der Junioren im März 1953. Da Siegfried Geschwill Zweiter wurde und zudem Werner Kiefer gut platziert war, wurde die Brühler Mannschaft ebenfalls Badischer Meister. Im Juni 1953 dann holte sich Siegfried Geschwill die Badischen Jugendmeisterschaften über 1000 und 3000 Meter. Hans Motzenbäcker wurde später zum Motor der Leichtathletik – er war nicht nur 30 Jahre Abteilungsleiter und 15 Jahre der FVB-Vorsitzende, sondern auch über Jahrzehnte im Vorstand des Badischen Leichtathletik-Verbandes aktiv, zuletzt als Präsident und Ehrenpräsident.
In den 1950er und 1960er Jahren ragten aber auch Rudi Hertlein, Heini Langlotz, Andreas Hock, Helmut Gredel, Dieter Jehn, Bernd Clausnitzer, Gerhard Butz und Jürgen Fesser heraus. Erstmals nahm die Truppe 1957 bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften teil – auf Anhieb wurden sie Kreis- und Badischer Meister. Dieses Kunststück wiederholten sie bis 1963 noch fünfmal. 1962 durfte die Leichtathletikabteilung ihren bisher größten Erfolg verbuchen. Mit 5941 Punkten setzte sich die Mannschaft mit Bernd Clausnitzer, Dieter Jehn, Heini Langlotz, Rudi Hertlein, Gerhard Stratthaus und Jürgen Fesser bei den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften Klasse D an die Spitze im Bundesgebiet. Für diese Deutsche Meisterschaft erhielten sie als erstes Brühler Team die Goldene Sportplakette. Auch in den Jahren danach gab es noch manche Badische Meisterschaft zu feiern.
Ein Mann mit vielen Verdiensten
In den 1970er Jahren, als sich andere Vereine der „Leichtathletikgemeinschaft Coop Kurpfalz“ anschlossen, die die Sportler dann finanziell unterstützten, setzten die Brühler Athleten ihre Erfolgsserie fort. Garant dieser Erfolge war Trainer Heini Langlotz. Mit den Jahren übernahm er eine Position nach der anderen. Zwischenzeitlich war er Abteilungsleiter und Kassier der Leichtathleten. Außerdem stellte er über Jahre die organisatorischen Weichen für den sportlichen Teil des Landsportfests. Wegen seines Engagements für die Leichtathletik und den Behindertensport sowie seiner eigenen Erfolge als Leichtathlet wurde Heini Langlotz als „Mister Leichtathletik“ bekannt.
In den 1980er Jahren entwickelten sich die Senioren zu Titellieferanten bei den Badischen Meisterschaften. Der „Lange“ Rudi Hertlein erlebte 1983 den Höhepunkt seiner Karriere, als er Deutscher Seniorenmeister im Kugelstoßen wurde. Ein Geschenk für die Brühler war der damals zugezogene Professor Dr. Siegfried Radandt, der als Ruderer zu mehreren Deutschen Meistertiteln kam und als Bobfahrer auch bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck im Viererbob den fünften Platz belegte. Für den FVB ging er zeitweise bei einigen Leichtathletik-Seniorenwettbewerben an den Start.
Im Jahr 2007, als Brühl den 850. Geburtstag feierte, wurde in Brühl ein neues Laufevent geboren. Die Arbeitsgemeinschaft Brühl/Rohrhofer Leichtathletik rief den Heini-Langlotz-Lauf ins Leben, um auch in Zukunft an die großen Verdienste dieses Mannes zu erinnern.
Seit vielen Jahren hat sich der FVB neben dem Spitzensport auch dem Breitensport geöffnet, so wird das Vereinsleben auch von den Aerobic, Walking, Jedermannsport und Freizeitathleten geprägt. Ein Stammtisch ehemaliger Athleten rundet das Angebot der nunmehr 90-jährigen Leichtathletikabteilung ab.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl_artikel,-bruehl-seit-90-jahren-ganz-oben-mit-dabei-jubilaeum-bei-bruehler-leichtathleten-_arid,1975809.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl.html