Brühl. Gut drei Zentimeter hoch ist der Papierstapel, den die Mitglieder des Gemeinderates in ihrer jüngsten Sitzung abzuarbeiten hatten – und da ist der 451-seitige Haushaltsplan noch gar nicht mitgemessen. Und genau dieses rund 32 Millionen Euro schwere Papier war es, das einen Schwerpunkt der Sitzung bildete.
„Wie wir alle wissen, war Brühl nie reich“, stellte Bürgermeister Dr. Ralf Göck für manchen Zuhörer überraschend fest, „dafür fehlten uns die großen Steuereinnahmen vor allem aus Gewerbe- und Grundsteuer“. Immerhin hatte man zu Zeiten der früheren Buchführung bis auf ein einziges Jahr immer genug Geld auf der hohen Kante, um dem Vermögenshaushalt etwas zuzuführen. Mit der Doppik wurden die Abschreibungen eingeführt, bei denen so getan wird, „als wenn wir die Einrichtungen nach einer gewissen Zeit grundsanieren oder neu errichten wollten – es werden Rückstellungen gebildet“. Die Folgen sind, dass der Etat für das aktuelle Jahr – wie stets seit Einführung der Doppik 2015 – nicht ausgeglichen werden könne.
Göck: Wir zehren vom Basiskapital
Wenn dann noch ein Bereich, wie die Kinderbetreuung, laufend steigende Kosten produziert, und die direkten Einnahmen vom Land oder von den Eltern nicht parallel dazu mit steigen, führe das zu nicht mehr ausgeglichenen Haushalten. Und das, obwohl man derzeit steigende allgemeine Steuereinnahmen von Bund und Land verzeichnen dürfe.
Die starken Rücklagen aus 2014 seien in den vergangenen Jahren geschmolzen, hätten aber 2017 wieder auf über 12 Millionen Euro aufgefüllt werden können, weil die geplanten Investitionen nicht getätigt wurden. Die Gesamtverschuldung der Gemeinde sei dennoch von 5 auf 6 Millionen Euro gestiegen, sagte Göck.
Dennoch sei der Haushalt Ausdruck eines „sehr ambitionierten, politisches Programms“, das durch die Investitionen für den Sportpark-Süd geprägt sei. Dafür „würde viel Geld ausgegeben“. Ende 2018 seien nach dem vorliegenden Plan noch 6,5 Millionen liquide Mittel bei 8 Millionen Euro Schulden, wenn die ganzen Vorhaben umgesetzt werden. Doch der Sportpark-Süd sei gegenfinanziert – durch den Grundstücksverkauf am Schrankenbuckel. Mehrere Investoren garantierten da 9 Millionen Euro.
„Was mich bewegt sind die steigenden Ausgaben sowohl für Personal als auch für Sachen“, so Göck. „Unser Wirtschaften ist nicht nachhaltig“, weil „wir von dem Basiskapital zehren, also das Gemeindevermögen verringern“. Haushaltskonsolidierung sei eine Daueraufgabe.
Kieser: Einnahmeseite prüfen
„Der Ausgleich des Ergebnishaushaltes unter Berücksichtigung der Abschreibungen und der Auflösung von Sonderposten gelingt erneut nicht“, bekräftigte Bernd Kieser von der CDU. So müssten Verwaltung und Gemeinderat die veranschlagten Beträge für Gebäudeunterhaltung und des unbeweglichen Vermögens, die um 484 000 Euro über dem Durchschnitt der vorangegangnen Jahre liegen, nochmals eingehend überprüfen.
Die Gemeinde schafft erneut keinen ausgeglichenen Ergebnishaushalt und erwirtschaftet keinen Zahlungsmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit. Deshalb müsse man mittelfristig auch die unterdurchschnittlich niedrigen Gebühren und Gemeindesteuern überdenken, auch wenn man zunächst ohne Anhebungen auskommen wolle. „Wir haben in Brühl weiterhin wichtige Zukunftsaufgaben und einen sehr hohen Aufgabenerfüllungsstandard in unseren Kindergärten, Schulen, den Horten an den Schulen, bei der Förderung unserer Vereine einschließlich deren Anlagen, unseren Gebäuden und Straßen, unserem Hallenbad und Freibad und vielem anderen mehr“, so Kieser. All diese Infrastruktur zögen immer mehr oder weniger hohe Folgekosten nach sich und würden daher direkten Einfluss auf den Haushalt nehmen.
Hufnagel: Ambitionierte Pläne
„Das Investitionsprogramm ist sehr ambitioniert“, führte Hans Hufnagel für die SPD aus. Unstrittig im Gemeinderat seien die Investitionen, die im Bereich der Kinderbetreuungseinrichtungen angestoßen oder die weitergeführt würden. Nicht unstrittig seien die vorgesehenen Maßnahmen, die mit dem Start der zweiten Phase des Sportpark-Süd notwendig würden. „Aber es sind mit dem Projekt natürlich auch Chancen verbunden, wie neuen Sportanlagen und als Hauptpunkt, die Möglichkeit der Innen- und Weiterentwicklung der Gemeinde mit dem dann zur Verfügung stehenden Baugebiet“, so Hufnagel weiter.
Ganz wichtig sei für die SPD-Fraktion im Bereich Bäumelweg die Errichtung eines weiteren Mehrfamilienhauses. „Das soll helfen, bezahlbaren Wohnraum in der Gemeinde zu schaffen.“ Hufnagel sagte, dass Brühl zwar keine arme Kommune sei, „wir aber dafür sorgen müssen, dass es so bleibt“.
Stauffer: Große Besorgnis
„Mit Besorgnis sehen wir den weiteren Anstieg der Personalkosten, dem zweitgrößten Aufwendungsposten, um über eine halbe auf 7,7 Millionen Euro“, betonte Claudia Stauffer von den Freien Wählern. Habe man 2017 gedacht, dass der jährliche Anstieg der Personalkosten gestoppt werden könne, frage man sich nun, wie es weitergehen solle.
Beim Sportpark-Süd mahne sie seit Jahren, dass bei dieser großen Investition die künftigen Folgekosten nicht beinhaltet seien. „Wir alle wissen, dass es sich bei den Folgekosten um Ausgaben handelt, denen keine Einnahmen gegenüberstehen“, betonte Stauffer, „die Folgekosten werden also garantiert zu einem weiteren Defizit führen, das nur schwer auszugleichen sein wird“.
Ob die Gemeinde mit den Verkaufserlösen der geplanten Baugrundstücke auf dem heutigen FVB-Areal am Schrankenbuckel wirklich den hohen Schuldenstand werde abtragen können, stehe ihrer Meinung nach noch in den Sternen.
Frank: Lehnen Sportpark ab
Für die Grüne Liste führte Peter Frank die Kritik Stauffers fort. „Wir werden Ende 2018 eine Unterdeckung von 1,9 Millionen Euro in unserem Ergebnishaushalt von 32,28 Millionen aufweisen und der Saldo des Finanzhaushaltes wird sich auf 5,913 Millionen belaufen.“ Deshalb solle man Vorsicht walten lassen – insbesondere beim Sportpark-Süd. Viele Unwägbarkeiten könnten zu einer viel höheren Verschuldung in 2021 führen als die im Plan ausgewiesenen 15 Millionen Euro. Die Gemeinde müsse mehr bei Gebühren und Steuern machen.
Die GLB lehne den Sportpark-Süd und die großen finanziellen Risiken ab. Stattdessen befürworte man die Renovierung der bestehenden Sportstätten mit einer intensiven Zusammenarbeit und Kooperation der örtlichen Sportvereine.
Das Projekt „Schütte-Lanz-Luftschiff-Kulturzentrum“ kommt nicht zum Laufen. Investoren sind nicht in Sicht. Da müssen wir als Gemeinde ebenfalls aktiver sein. Schließlich forderte er ein Fahrradwegekonzept und eine Verbesserung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs.
Am Ende stimmte die Mehrheit des Rates dem Haushaltsplan zu, lediglich die beiden Stimmen aus der GLB-Fraktion waren dagegen.
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