Ormesson

Städtepartnerschaft zwischen Brühl und Ormesson: „Wir nehmen wieder Fahrt auf“

Seit nunmehr 45 Jahren besteht die Partnerschaft mit der französischen Gemeinde vor den Toren von Paris.

Von 
Ralf Strauch
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Der damalige Brühler Bürgermeister Gerhard Stratthaus (l.), sein französischer Amtskollege Olivier d’Ormesson (r.) und der langgediente CDU-Gemeinderat Gerd Stauffer beim Partnerschaftstreffen mit Bürgern beider Gemeinden im Jahr der Gründung der Jumelage 1977. © gvb

Brühl. „Unsere beiden Orte und Nationen hegen heute Sympathie füreinander. In der globalisierten Welt von heute gibt es aber neue Herausforderungen: Terrorismus, Hungerkatastrophen und die Bedrohung des Weltklimas. Um sie anzupacken, ist die Sympathie, die zwischen uns beiden besteht, ein Erfolgsfaktor erster Ordnung. Bleiben wir Freunde, damit alle, die uns sehen, begreifen, dass ein Geist gegenseitigen Einverständnisses notwendig ist, um die Zukunft der Menschen und Völker zu sichern. Ihnen allen sagen wir: Werdet Freunde, wie wir es geworden sind.“ Der Mann, der das im Interview mit unserer Zeitung im Sommer 2011 sagte, musste es wissen. Das frühere Mitglied des Europaparlaments Olivier d’Ormesson war von 1947 bis 1998 Bürgermeister von Ormesson-sur-Marne und hat damit vor 45 Jahren zusammen mit dem damaligen Brühler Bürgermeister Gerhard Stratthaus die Partnerschaftsurkunde zwischen den beiden Orten unterzeichnet. Und die Aussage des 2012 Verstorbenen „hat an Aktualität nichts eingebüßt“, bekräftigt Bürgermeister Dr. Ralf Göck auf unsere Nachfrage.

1977 wurde die Partnerschaft zwischen Ormesson und Brühl offiziell besiegelt. Fast 350 Menschen aus der Hufeisengemeinde machten sich dazu auf den Weg an die Marne und wurden dort vom Präsidenten des Partnerschaftsausschusses Roland Clairin begrüßt. Er war viele Jahrzehnte ein stets agiler Motor dieser deutsch-französischen Freundschaft, bis er vor wenigen Tagen gestorben ist. „Die Partnerschaft zwischen Ormesson und Brühl war für ihn ein tief empfundener Wunsch, damit eine friedliche Zukunft zwischen unseren beiden Nationen, die alles miteinander verbindet, Bestand haben kann“, heißt es in einem Nachruf aus der französischen Partnergemeinde.

Er engagierte sich auch stark für den regelmäßigen Schüleraustausch, was auf französischer Seite nicht ganz einfach ist, die Schulträger nicht die Kommunen, sondern die Departements sind, die ihre eigenen Partnerschaften pflegen.

Männer der ersten Stunde geehrt

Im Lauf der Jahrzehnte kam eine gewisse Regelmäßigkeit in die Partnerschaft: Der Schüleraustausch in den Osterferien, im Frühsommer das große Partnerschaftstreffen im Wechsel und im Herbst die gemeinsame Sitzung der beiden Partnerschaftsausschüsse. Aus den offiziellen Treffen erwuchsen schon bald tiefe Freundschaften, die teilweise bis heute Bestand haben. Unter anderem für ihr Engagement um die deutsch-französische Partnerschaft verlieh man Gerhard Stratthaus und Olivier d’Ormesson im Oktober 1998 jeweils die Ehrenbürgerwürde der Hufeisengemeinde.

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Doch die Pandemie sorgte für einen Bruch mit den lieb gewonnen Traditionen des gegenseitigen Besuchs. Französische und deutsche Regeln machten direkte Treffen unmöglich – insbesondere der Schüleraustausch musste ein ums andere Mal verschoben werden – manche Jugendliche, die 2020 für den gegenseitigen Besuch angemeldet waren, wurden ein ums andere Mal vertröstet. Inzwischen ist das Schülertreffen dreimal abgesagt worden – aus mehreren Jugendlichen sind junge Erwachsene geworden, die inzwischen keine Osterferien mehr haben.

Dennoch: „Die Partnerschaft mit Ormesson-sur-Marne hat die Corona-Pause gut überstanden“, bilanzierte noch vor zwei Monaten Bürgermeister Dr. Ralf Göck, als eine kleine Delegation aus der französischen Partnerstadt in Brühl weilte. Gemeinsam möchte man den runden Geburtstag nutzen, um nicht nur auf die vergangenen 45 Jahre zurückzuschauen, sondern mit frischem Schwung in die Zukunft zu schreiten. Die Bedeutung des Jugendaustauschs sei besonders hoch, stellte Göck am Beispiel des französischen Delegationsleiters, des Bürgermeister-Stellvertreters Guy Martin dar, dessen Kinder am Schüleraustausch teilgenommen hatten, was auch Martin auf den Geschmack einer partnerschaftlichen Begegnung gebracht habe.

Sie setzen auf die Jugend

Diesen Worten schloss sich die langjährigen Präsidentin des Comité Jumelage Michèle Crocheton an. Auch sie verdeutlichte, wie wichtig eine gut funktionierende Partnerschaft sei. Delegationsleiter Martin betonte, dass beide Gemeinden alle Anstrengungen unternehmen müssten, die Ortspartnerschaft wieder in Fahrt zu bringen, gerade mit Blick auf jüngere Teilnehmer.

Und so laufen bereits die Vorbereitungen, um 2023 wieder einen Schüleraustausch anbieten zu können. In den Osterferien sollen bis zu 15 Jugendliche aus Brühl nach Ormesson reisen und um den 1. Mai eine ebenso große Schar Jugendlicher von der Marne nach Brühl kommen.

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Der große Austausch im Sommer nächsten Jahres wird weiter geplant. Doch ist noch nicht klar, ob er an der Marne oder am Rhein stattfinden soll. „Immerhin finden 2023 die Bundesgartenschau hier und 2024 die Olympischen Spiele in Paris statt“, kann sich Ungerer auch eine Vertauschung der Reihenfolge vorstellen. „Wir nehmen mit unserer Partnerschaft wieder Fahrt auf“, sagt Jochen Ungerer, im Rathaus unter anderem für die Jumelage zuständig, „dazu brauchen wir junge Menschen, denen wir Lust darauf machen können, Frankreich beziehungsweise Deutschland kennenzulernen und sich im alltäglichen Miteinander für die Kultur im jeweils anderen Land zu begeistern“.

Der langjährige Präsidenten des Partnerschaftsaus-schusses Roland Clairin (r.) – hier mit Ehefrau Ginette – ist vor wenigen Wochen gestorben. © Clairin
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