Brühl. Um es gleich vorwegzunehmen. Was die Gäste da in der Festhalle erleben durften, glich einem Höllenritt. In über zweieinhalb Stunden nahm sich der Kabarettist Wolfgang Trepper die Welt zur Brust. Von der Politik von rechts bis links, der Jugend, dem Bürger und dem Fußball über Sondervermögen, Pubertät und Polizei bis zur Mode der 1970er Jahre, erste Liebe, Kassetten und Frühstücksboxen für die Kleinsten galoppierte er durch das Land und erinnerte dabei manchmal an das HB-Männchen aus der Zigarettenwerbung der 1980er Jahre. Immer wieder ging er durch die Decke. Leider ist er Nichtraucher, sodass die Landephase nach der Aufregung immer wieder ausblieb.
Und das war ein Glück. Denn so schnell Trepper auch durch das Weltgeschehen eilte, mit seinem kabarettistischen Vorschlaghammer zuschlug und für viele Lacher sorgte, so sehr erkannte man doch mit der Zeit so etwas wie einen Kompass und der war bei allem Spott und aller Häme dem Menschen sehr zugeneigt. Kabarettist zu sein, ist heute eine schwierige Sache. Man lese morgens die Zeitung, erarbeite ein Programm und abends könne man das Ganze wieder in die Tonne treten. Für Trepper ist das Rennen mit dem Weltgeschehen nicht zu gewinnen.
Wolfgang Trepper spricht in Brühl verschiedenste politische Themen an
Wer hätte beispielsweise erwarten können, dass man mit Trump aufwacht und ohne Lindner ins Bett geht. Und dann wurde es nicht besser. Vom bayerischen Ministerpräsidenten, dessen Verhältnis zu Essen mindestens zu denken geben müsste, der Links-Partei, die mit dem Projekt Schillerlocke zum Wahlkampf antrat, oder Robert Habeck, der seinen Status als Bundeskanzlerkandidat mit elf Prozent als Angebot verstanden haben will bis zur AfD ließ er kaum etwas aus. Bei letzterer bemerkte er spitz, dass sich die Bundeskanzlerkandidatin Alice Weidel gerne über das deutsche Steuersystem mokierte, selbst aber in der Schweiz lebt. Und dann, selbst mit einer Frau zusammenlebt, Männer, die mit Männern leben, aber verunglimpft. Früher nannte man das Heuchelei.
Und da war er dann auch schnell bei der Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und dem CDU-Fraktionschef Jens Spahn. Mit solchen Politikern sei dann auch schnell nachvollziehbar, dass George Orwells Neusprech aus „1984“ Eingang gefunden habe. Schulden heißen heute ja Sondervermögen. Er selbst gehe jetzt auch zur Bank und spreche von Sondervermögen, wenn er im Minus ist.
Eindrücklich war ein Bild, mit dem er den Unterschied von einer Million Euro und einer Milliarde Euro beschrieb. Eine Million Sekunden entsprechen rund elf Tagen. Eine Milliarde dagegen 31,5 Jahren.
Nicht wirklich glücklich mit der Politik wandte er sich der Vergangenheit zu, in der ja immer alles besser gewesen sei. Doch wirklich Trost gab es hier nicht. Die Klamotten in den 1970er und 1980er Jahren verortete er weit unter der Toleranzgrenze, „wir hatten Franz-Josef Strauß“ und dann hatte er auch noch Pubertät. Die Folge, „alles scheiße und ich hatte Pickel“. Was nicht heißt, dass heute irgendetwas besser sei. Alles ist dick und dämlich. „Früher waren Dick und Doof nur zwei Leute.“
Am Ende gilt: „Wir waren schon eine komische Generation.“ Und das sei heute nicht besser geworden. Trepper beherrscht die leisen und die lauten Töne. Er nutzt manchmal das Florett und manchmal das schottische Breitschwert. Aber er traf immer und zwang zum Nachdenken. Ein Höhepunkt war ein Gedicht des Kabarettisten-Kollegen Hanns Dieter Hüsch „Als Kind hat man's noch nicht gefühlt.“ Es war ein brillanter Abend. Und er wird fortgesetzt. Am Mittwoch, 11. Februar, kommt Wolfgang Trepper wieder und liest in der Festhalle aus seinem neuen Buch „Nur mal eben Danke sagen“.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/bruehl_artikel,-bruehl-wolfgang-treppers-hoellenritt-von-bruehl-ins-paradies-_arid,2329202.html