Rudolf-Wild-Halle

Jugendliche begeistern in Eppelheim mit Musical „Me and my girl“

Jugendliche aus der Rhein-Neckar-Region begeistern mit dem Musical "Me and My Girl" von 1937. Das kulturelle Projekt erntet Lob und zeigt, dass zeitlose Musik und Talent jedes Alter begeistern können. Eine europäische Tour steht im Sommer 2024 bevor.

Von 
Marco Montalbano
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Bill (r., Julius Lehmann) muss seine Tante, Herzogin Maria (Rieke Först), erst noch von seinen Qualitäten überzeugen. Auch Familienanwald Cedric Parchester (Burkhard Hildebrand), hat so seine Zweifel. © Marco Montalbano

Eppelheim. Das Jahr 1937 erscheint heute sehr fern. Und doch fand die Uraufführung des Musicals „Me and My Girl“ von Noel Gay, das am Sonntag in der Rudolf-Wild-Halle die Besucher immer noch bestens unterhielt, in diesem in London statt. Damals schon sehr erfolgreich mit, sage und schreibe, 1664 Vorstellungen, gab es eine Neuauflage in den 80er Jahren. Doch kann eine Geschichte und Musik, die fast 90 Jahre „auf dem Buckel“ hat, auch heute noch begeistern? Ja, sie kann. Das Besondere: über sechzig „musikbegeisterte Jugendliche und junge Erwachsene aus der Rhein-Neckar-Region“, wie es in der Ankündigung hieß, haben sich dafür unter dem Dach des Kulturvereins Kettenheimer Hof aus Ladenburg vereint – und machen so gut wie alles selbst. Sie tanzen, schauspielern, spielen im eigens dafür ins Leben gerufene Projektorchester die Musik und, angeleitet von Profis aus der Region, führen sie auch Regie, gestalten das Bühnenbild, die Requisite und vieles mehr. Projektpartner sind dabei neben dem Heidelberger Frühling auch die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, das Tübinger Saxophon-Ensemble und, im Falle dieser Aufführung, auch die Musikschule Schwetzingen. Das unter der inhaltlichen und organisatorischen Gesamtleitung des erst 19-jährigen Moritz Pfister einstudierte Stück, dem Dirigenten des Kettenheimer Hof Orchesters, kann sich nicht nur sehen lassen, sondern schien selbst verwöhnteste Musical-Fans zu überzeugen.

In „Me and My Girl“ wird die Geschichte von Bill Snibson erzählt, dem letzten Nachkommen des Earl of Hareford. Als Kind aus einer „nicht standesgemäßen Verbindung“ hervorgegangen, wird er im Londoner Arbeiterviertel Lambeth gefunden und auf den Landsitz der Adelsfamilie gebracht. Dumm nur: Herzogin Maria von Dene, die Schwester des Verstorbenen und Sir John Tremayne, ein Freund der Familie, müssen ihn, bevor er seine Position im Hochadel einnehmen kann, für „tauglich und würdig“ befinden. Dass der Arbeiterjunge mit seinem „Cockney“-Arbeiterslang in dem munter drauf los gereimt wird, und die „Tante“ mal schnell zur „Rosinante“ wird, es da nicht leicht hat, versteht sich von selbst. Und als sich der sympathische aber ungehobelte Bill nicht von seiner Fischverkäuferin Sally trennen will, schlägt dies natürlich dem Fass den Boden aus. Viele lustige Szenen und zahlreiche tolle Songs wie „A Weekend at Hareford“, „Me and My Girl“, „Love makes the World go round“ oder dem mitreißend fröhlichen „The Lamberth Walk“ später wendet sich aber alles zum Guten. Bill kann Earl bleiben und seine Sally heiraten.

An diesem Abend wird nicht nur auf der Bühne getanzt. © Bilder. Montalbano

Mit großem Engagement, viel Energie und noch mehr Lust am Spiel und Gesang spielte sich das gesamte Ensemble schnell in die Herzen der Zuschauer. Kaum mag man glauben, dass die jüngsten Bühnendarsteller erst 12 Jahre alt waren. Egal, ob Julius Lehmann als Bill, Minna Baranyai als Sally, David Ghasemi als Sir John oder Rieke Först als Herzogin Maria von Dene, die hier stellvertretend für alle genannt seien, spielten sie allesamt hervorragend und können so einem professionellen Ensemble durchaus das Wasser reichen. Das Publikum wurde zunehmend mitgerissen von so viel Lebensfreude und gesanglichem Können und bekam am Ende des Stückes nicht genug, sodass es, als final alle Darsteller mit dem „Lambeth Walk“ von der Bühne und mehrfach in einer großen Polonäse durch den Saal zogen, aufsprang, mitsang und mittanzte. Voller Begeisterung für das Projekt war auch Dirigent Moritz Pfister, der die Energie und das Spiel auch physisch widerspiegelte.

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Die Kommentare der Zuschauer fielen entsprechend aus. „Es ist erstaunlich, wie professionell sie spielen. Einfach großartig“, so Armand Rousselot aus Heidelberg, der als großer Fan des Genres allein in diesem Jahr schon sechs Musicals in London besucht habe. „So authentisch und mit viel Talent und Energie gespielt“, meinte Dr. Susanne Ohlrogge, ebenfalls aus der Uni-Stadt, die ergänzte: „Tolles kulturelles Projekt auch für die Jugendlichen, besonders nach all den ganzen Corona-Einschränkungen.“ Leiter Moritz Pfister teilte mit: „Der Altersdurchschnitt liegt bei ca. 20 Jahren. Alle sind mit ganzem Herzen dabei, machen alles selbst und kommen am Spieltag schon um acht Uhr zum Aufbau – das macht viel aus.“ Sommer 2024 stünde dann eine Tour durch europäische Partnerstädte in Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz an.

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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