Gemeinderat

Eppelheim: Nachverdichtung bleibt ein Zankapfel

Der Bebauungsplan für die Justus-von-Liebig-Straße wurde als Satzung festgelegt . Grünen-Sprecherin Balling-Gündling moniert fehlende Nachpflanzung von Bäumen.

Von 
Volker Widdrat
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Der Gemeinderat führt für den Bebauungsplan „Justus-von-Liebig-Straße“ einen Satzungsbeschluss herbei. Der Bereich wird von einem Gewerbegebiet in ein Mischgebiet umgewandelt. Auf dem Areal des ehemaligen Schweinezuchtbetriebes an der Erich-Veith-Straße werden Wohnhäuser gebaut. © Widdrat

Eppelheim. Der Eppelheimer Gemeinderat hat den Bebauungsplan „Justus-von-Liebig-Straße – 3. Änderung“ als Satzung festgelegt. Das Gremium stimmte den Stellungnahmen der Verwaltung bezüglich der von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange vorgebrachten Anregungen zu. Ebenso wurde der artenschutzrechtliche Vertrag zwischen der Stadt und dem Vorhabenträger genehmigt. Der Bebauungsplanentwurf hatte von Anfang Dezember bis Mitte Januar öffentlich ausgelegen. Das Planungsgebiet im Süden der Stadt umfasst das Quartier zwischen Justus-von-Liebig-Straße und Wingertspfad beziehungsweise Erich-Veith-Straße und Rudolf-Harbig-Straße.

In der Sitzung erläuterte Ulrich Villinger vom Ingenieurbüro Piske die Stellungnahmen und Anregungen. Die Neubebauung kommt auf das Gelände des ehemaligen Schweinezuchtbetriebs an der Erich-Veith-Straße (wir berichteten mehrfach).

Grüne kritisieren „Knackpunkte“

Der Bebauungsplan

Das Planungsgebiet im Süden der Stadt umfasst den Quartiersbereich zwischen der Justus-von-Liebig-Straße und dem Wingertspfad beziehungsweise zwischen der Erich-Veith-Straße und der Rudolf-Harbig-Straße.

Die 6800 Quadratmeter große Gewerbebrache eines ehemaligen Schweinezuchtbetriebs soll mit insgesamt fünf Reihenhauszeilen, einem Doppelhaus sowie einem Mehrfamilienhaus mit neun Wohneinheiten bebaut werden.

Der Planentwurf lag bis zum 14. Januar öffentlich aus. Es gingen eine Stellungnahme aus der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie verschiedene Stellungnahmen der Behörden und Träger öffentlicher Belange ein.

Zwischen der Stadt und dem Vorhabenträger wird ein artenschutzrechtlicher Vertrag geschlossen. vw

Christa Balling-Gündling kritisierte als Grünen-Fraktionssprecherin „wesentliche Knackpunkte“. Nach Abschluss der Baumaßnahmen blieben nur noch drei Bäume und vier Sträucher übrig: „Das ist uns zu wenig! Zwar sind Nachpflanzungen vorgesehen, aber in welchem Umfang ist unklar. Die Vorgabe, dass ab einer Grundstücksgröße von 250 Quadratmetern ein Hochstamm gepflanzt werden muss, ist Augenwischerei, da bis auf das Grundstück des Mehrfamilienhauses kaum eines der 22 Hausgrundstücke diese Größe erreichen wird.“

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jd
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Die Grünen seien nicht gegen eine nachhaltige Nachverdichtung, aber die Konsequenzen eines weiteren neuen Quartiers müssten immer mitbedacht werden: „Mehr Einwohner bedeutet auch einen größeren Bedarf an Kindergärten und Schulen.“

Der wiederholte Hinweis ihrer Partei, dass es sich bei dem Gebiet nicht um ein Misch-, sondern de facto um ein allgemeines Wohngebiet handele, sei weder von der Verwaltung noch von den Planern aufgenommen worden, so die Fraktionssprecherin: „Das ist Etikettenschwindel.“ Ihre Fraktion hätte sich „ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Ökologie und Ökonomie erhofft“. Dem Lärm- und Klimaschutz sowie das Erfordernis einer Anpassung an den Klimawandel würde mit diesem Bebauungsplan „nicht ausreichend Rechnung getragen“.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Renate Schmidt meinte, mit der Ausweisung als Mischgebiet komme die Stadt ihrem strategischen Ziel „qualitativ hochwertiges Wohnen, das den gesellschaftlichen Entwicklungen entspricht“ nach. Eppelheim stehe nach wie vor unter erheblichem Wohnungsdruck, „dem wir, wenn wir keine weitere freie Geländefläche dafür einsetzen wollen, nur durch Innerortsverdichtung nachkommen können“. In dem Gebiet werde vorrangig Wohnraum für junge Familien geschaffen, die auch entsprechende Vergünstigungen erhielten. Ziel des Bebauungsplans sei „die Sicherung eines verträglichen Miteinanders der geplanten Wohnnutzung mit den bereits bestehenden Gewerbe- und Freizeiteinrichtungen“.

Trudbert Orth (CDU/FDP) kritisierte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Der Gemeinderat habe sich auf strategische Ziele geeinigt. Man müsse aber immer wieder feststellen, „dass sich die Grünen diesem gemeinsamen strategischen Ziel immer widersetzen“. Bei Bauanträgen und Bebauungsplänen kämen nur Widersprüche. Wenn man den Argumenten der Grünen folgen würde, „gebe es keinerlei bauliche Entwicklung mehr in Eppelheim. Aber einen Stillstand des Wohnungsbaus innerhalb der Innenentwicklung werden wir nicht akzeptieren“.

CDU/FDP begrüßt Umwandlung

Die CDU/FDP-Fraktion sei für den Satzungsbeschluss. Aus einem Gelände mit vorwiegend gewerblicher Nutzung werde eine hauptsächlich für Wohnbebauung nutzbare Fläche. „Es gab bisher noch keinen Bebauungsplan, in dem so viel Rücksicht auf den Klimaschutz, Umweltschutz und besonders Artenschutz gelegt wurde. Dieser Bebauungsplan ist vorbildlich für eine nachhaltige Nachverdichtung“, betonte Orth. Alles sei „rechtlich einwandfrei geregelt“.

Bernd Binsch (Eppelheimer Liste) gab ebenfalls der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum den Vorrang. In der Ausweisung eines Mischgebiets sah er eine Aufwertung und keinesfalls einen „Etikettenschwindel“.

Balling-Gündling verwahrte sich gegen die „plumpen Argumente“ von Orth und seinen Versuch, „uns vorzuführen“. Martin Gramm (Grüne) erläuterte seine von der Fraktion abweichende Meinung. Das Areal biete noch eine der wenigen Möglichkeiten einer sozialverträglichen städtebaulichen Entwicklung. Durch die Konzeption hätten auch Bürger mit weniger finanziellen Mitteln die Möglichkeit, Wohneigentum zu erwerben.

Man habe allerdings leider nicht über die 80 Mitglieder des Vereins „Die Werkstatt“ gesprochen, die seit über 30 Jahren „eine vorbildliche Stätte des gemeinsamen Arbeitens, der Begegnung geschaffen haben, ohne jemals kommunale oder sonstige Gelder in Anspruch genommen zu haben“. Der Mietvertrag für die Räumlichkeiten in der Erich-Veith-Straße sei zum 30. November dieses Jahres aufgekündigt worden, leider habe man noch keinen neuen Standort finden können. Er werde dem Bebauungsplan zustimmen, so Gramm.

„Werkstatt“ sucht neue Heimat

Bürgermeisterin Patricia Rebmann bestätigte, dass der „Werkstatt“-Verein immer noch ein Zuhause suche, für Angebote sei man dankbar.

Flächenverbrauch sei immer schwierig, „aber wir müssen uns deutlich äußern, ob wir bezahlbaren Wohnraum schaffen wollen“. Das sei in den strategischen Zielen festgelegt worden: „Und wenn wir Familien eine Heimat geben wollen, müssen wir auch Schulen und Kindergärten erweitern.“

Der Beschlussvorschlag wurde bei drei Neinstimmen und drei Enthaltungen der Grünen angenommen.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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