Eppelheim. Wäre es nach dem Wählerwillen gegangen, hätte Patricia Rebmann am 1. Januar diesen Jahres ihr Amt als Bürgermeisterin der Stadt antreten können. Doch eine Wahlklage verhinderte ihren Amtsantritt um mehrere Monate. Erst als die Gerichte entschieden hatten und auch eine Berufungsklage vom Tisch war, konnte sie am 18. August die Rathausschlüssel endlich in Empfang nehmen. 100 Tage im Amt liegen jetzt hinter ihr. Genau der richtige Zeitpunkt, um eine erste Bilanz zu ziehen.
Frau Rebmann, Sie sind jetzt genau 100 Tage im Amt. Was geht Ihnen hierzu ganz spontan durch den Kopf?
Particia Rebmann: Ich hätte am liebsten mein Amt schon im Januar angetreten. Dann hätte ich dieses Interview im April geben dürfen und wir wären in Eppelheim schon ein gutes Stück weiter. Für mich vergingen die letzten 100 Tage wie im Flug.
Sie hatten weder eine angemessene Einarbeitungszeit noch eine geordnete Amtsübergabe durch den Amtsinhaber. Wie sind Sie damit umgegangen?
Rebmann: Grundsätzlich ist das keine gute Ausgangslage. Ich habe praktisch einen leeren Schreibtisch ohne Unterlagen hinterlassen bekommen. Das war für mich zunächst etwas befremdlich. Aber jetzt sehe ich den Vorteil darin, dass ich völlig unvoreingenommen und unbelastet an alles herangehen konnte.
Haben Sie bei Ihrer Einarbeitung mehr positive oder negative Überraschungen erlebt?
Rebmann: Fachlich gesehen habe ich nur negative Überraschungen erlebt, nämlich in der Form, dass nichts geregelt, geordnet oder ordnungsgemäß abgearbeitet wurde. Positiv war für mich, dass es den Bürgern bewusst ist, dass ich neu bin. Sie haben ihre Erwartungshaltung daran angepasst und geben mir die Zeit, die Sachverhalte kennenzulernen.
Wie ist das Verhältnis zu ihrem Amtsvorgänger?
Rebmann: Mir ist weiterhin lediglich sein Name bekannt. Es gab seit meinem Amtsantritt keinen Termin, bei dem ich ihn gesehen habe.
Sie haben eine stark verschuldete Kommune übernommen mit wenig finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten. Wo sehen Sie die größte Herausforderung?
Rebmann: Eppelheim vor einer Pleite zu bewahren und den Schuldenabbau einzuleiten. Dazu muss man wissen, dass es schon vor meinem Amtsantritt zweimal in Folge eine Aufforderung des Landratsamtes an die Stadt gab, die Finanzen zu überdenken, da sie sonst ihre Liquidität verliert. Diese Aufforderungen wurden weitestgehend ignoriert. Jetzt gibt es Haushaltskonsolidierungssitzungen und mit dem Gemeinderat intensive Beratungen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Ich bedauere es persönlich sehr, dass ich die Erhöhung von Steuern und Beiträgen in die Diskussion bringen muss, da diese nie angepasst worden sind. Aber jetzt werde ich durch das Landratsamt schlichtweg dazu gezwungen. Damit die Bürgerschaft auch ganz genau Bescheid weiß, wohin in der Vergangenheit die Gelder flossen, wird es voraussichtlich am Mittwoch, 13. Dezember, in der Rudolf-Wild-Halle eine Infoveranstaltung geben, bei der ein neutraler Kämmereiexperte die Finanzen ab dem Jahr 2010 bis heute darlegen wird.
Müssen jetzt Traditionsfeste wie Kerwe, Stadtfest und Weihnachtsmarkt unter Sparzwang leiden?
Rebmann: Ich habe mich mit den Fraktionen schon darüber unterhalten. Wir wollen die Feste nicht streichen, weil wir wissen, dass sie den Bürgern wichtig sind. Aber sie müssen angesichts unserer finanziellen Situation und hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit neu ausgerichtet werden. Totgespart wird sich aber nicht. Die Stadt muss zukunftsfähig bleiben. Es gilt eine große Infrastruktur zu erhalten.
Wie steht es bei der angespannten Haushaltslage um die Zukunft der Rhein-Neckar-Halle?
Rebmann: Die Rhein-Neckar-Halle ist derzeit ein schwieriges Thema. Im Moment überprüfe ich die Belegung aller Sporthallen. Da hierüber die Unterlagen fehlen, muss ich mir erst alles mühsam erarbeiten. Danach werde ich nach Faktenlage entscheiden und dem Gemeinderat Vorschläge unterbreiten. Wichtig ist, dass für den Schulsport und die Vereine keine Hallenkapazitäten wegfallen.
Wie soll es eigentlich in der Ortsmitte mit dem geplanten Bauprojekt auf dem Heckmann-Gelände weitergehen?
Rebmann: Da habe ich mich bereits zweimal mit dem Investor getroffen und ihm deutlich gemacht, dass es so, wie es in der Vergangenheit gelaufen ist, nicht meine Art ist, Projekte umzusetzen. Ich habe ihm meine Vorstellungen unterbreitet, wie ich mir Stadtentwicklung mit Bürgerbeteiligung vorstelle und konnte ihn davon überzeugen. Wir fangen daher wieder bei Null an. Es gibt schon seit langem einen Gemeinderatsbeschluss zur Entwicklung des Geländes. Daran halte ich mich und lege aber Wert darauf, bei der Umsetzung die Bevölkerung zu beteiligen.
Konnten Sie sich schon dem seit einigen Jahren andauernden Streit um den Edeka-Zaun annehmen?
Rebmann: Ich habe bereits mit mehreren Beteiligten gesprochen, aber noch nicht mit allen. Ich kann daher noch nichts Konkretes sagen, da ich erst alle Fakten auf dem Tisch haben möchte. Dann erst wird man sehen, was ich im Rahmen meiner Möglichkeiten bewirken kann.
Gibt es Projekte oder Vorhaben, die Sie als Bürgermeisterin in Eppelheim in den nächsten Jahren umsetzen möchten?
Rebmann: Eine Herzensangelegenheit ist mir, eine ehrliche und vertrauensvolle Politik zu etablieren. Politik ist für mich ein respektvolles Miteinander. Die Bürger sollen die guten wie schlechten Nachrichten offen, ehrlich und frühestmöglich erfahren.
Im Wahlkampf haben Sie versprochen, die Stadt mit den Bürgern zu gestalten. Wie soll das künftig aussehen?
Rebmann: Die Grundlage ist, mit den Bürgern stetig in Kontakt zu bleiben. Ich biete daher regelmäßig Bürgerdialoge an und wenn ein wirklich wichtiges Thema ansteht, dann stehe ich auf der Straße und frage selbst nach der Bürgermeinung.
Was schätzen Sie an den Eppelheimern besonders?
Rebmann: Sie sind direkt und offen. Das kommt mir sehr entgegen, weil ich diese Attribute wirklich schätze. Und sie können mit der Wahrheit gut umgehen.
Wo sehen Sie die Stadt in acht Jahren?
Rebmann: Hoffentlich schuldenfrei! Das ist zwar eine sportliche Herausforderung, aber die gehe ich gerne an. Ich wünsche mir ein gestärktes Gemeinschaftsgefühl und eine lebendige Stadt für alle Generationen.
A propos Eppelheim: Sie hatten vom ersten Tag Ihrer Bewerbung an deutlich gemacht, dass Sie hierher umziehen werden. Wie ist der Stand der Dinge?
Rebmann: Ich freue mich sehr, denn wir haben ein Haus gefunden, das drei Generationen gerecht wird. Wenn alles klappt, werden wir nach den Umbaumaßnahmen voraussichtlich Mitte nächsten Jahres umziehen können.
Lässt das Amt Ihnen noch Freizeit?
Rebmann: Im Moment habe ich ganz oft 16-Stunden-Tage. Das ist aber völlig in Ordnung, weil ich mich so schnell wie möglich in die vielfältigen Themen einarbeiten möchte.
Sie haben zwei Kinder im besten Teenageralter. Bleibt Ihnen bei Ihren vielen Terminen und Sitzungen noch genug Zeit für sie?
Rebmann: Bei uns sind Kinder Familiensache. Wenn ich nicht da bin, hat mein Mann verstärkt ein Auge auf sie und schließlich wohnt ja meine Mutter bei uns und kümmert sich auch. Wenn es was Dringendes gibt, dann habe ich immer Zeit für sie, egal, wie eng mein Terminkalender ist.
Was war in den zurückliegenden 100 Tagen ihr schönster Moment?
Rebmann: Das war bei einem Geburtstagsbesuch die Begegnung mit einer Mutter und ihrer Tochter. Die Kleine wollte gerne mit mir fotografiert werden und ein Autogramm von mir haben. Dann sagte sie mir, dass ich für sie ein Vorbild sei und sie später auch mal Bürgermeisterin werden möchte. Da ging mir richtig das Herz auf.
Noch zwei kurze Fragen zum Abschluss: Was bringt Sie auf die Palme?
Rebmann: Wenn man bewusst versucht, mich zu täuschen.
Mit was kann man Ihnen immer eine Freude bereiten?
Rebmann: Mit aufrichtigem Interesse an dieser Stadt und persönlichem Engagement. Ich mag Menschen, die offen und ehrlich Klartext reden.
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