Eppelheim. Wenn Kinder, Kitapersonal und Fachverbände auf die Barrikaden gehen, dann geht es meist um pädagogisch Bedeutsames. Und das ist derzeit der Fall. Das seit 2016 vom Bund geförderte Programm für Sprach-Kitas, „Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“, soll Ende 2022 auslaufen und zur Ländersache werden, sprich: Künftig müsste die Landesregierung die Finanzierung übernehmen. Knackpunkt: Zwischen dem Auslaufen des Bundesprogramms und dem Beginn des Landesprogramms liegt nach derzeitigem Stand eine mindestens sechsmonatige Lücke. Bundesweit sorgt dies für Verärgerung.
Auch Marion Pflästerer, Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Friedrich Fröbel, die seit 2016 Sprach-Kita ist, sieht dies sehr kritisch: „Die Gefahr ist, dass das gesamte Netzwerk als auch die guten Strukturen in den einzelnen Kitas, die in der Vergangenheit aufgebaut wurden und sich bewährt haben, auflösen könnten. Das wäre sehr schade.“ Pflästerer ärgert sich zum einen, dass der Bund die Finanzierung des von Verbänden und Wissenschaft einhellig gelobten und in der Praxis eindeutig bewährten Programms abgibt, und zum anderen, dass die Übertragung dieser wichtigen Förderung von Kindern von Bund auf Land nicht im Vorfeld ordentlich und nahtlos geregelt wurde. „Alle Sprach-Kitas hängen momentan in der Luft“, berichtet sie.
Eine finanzielle Überbrückung der Übergangsphase durch die Stadt oder Sponsoren wäre zwar denkbar, „aber wir wollen keine Insellösung für uns, sondern eine Gesamtlösung für alle Sprach-Kitas erreichen“, betont sie. Gefordert wird nun entweder die Beibehaltung des Bundesprogramms oder die gesamteinheitliche Übernahme des Programms durch die Länder in der bestehenden Form. Bundesweit setzten sich die Sprach-Kitas nun mit einem Aktionstag für den Erhalt oder die nahtlose Fortführung des Förderprogramms ein – auch in Eppelheim.
Demo vor Ort statt in Stuttgart
Statt zur Großkundgebung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nach Stuttgart zu fahren, versammelten sich Krippen- und Kindergartenkinder samt Leitung und Erzieherinnen vor der Tagesstätte, um auf die Situation aufmerksam zu machen und sich mit allen betroffenen Einrichtungen solidarisch zu zeigen. „Das Förderprogramm hat sich bewährt und müsste zum Standard in allen Kindertagesstätten werden“, findet Pflästerer. Frühe sprachliche Bildung leiste einen wichtigen Beitrag, damit jedes Kind gleiche Startchancen erhalte. „Durch das Förderprogramm bekommen wir eine zusätzliche pädagogische Fachkraft, um gezielt die alltagsintegrierte, sprachliche Bildung bei Kindern zu fördern.“ Dies sei gerade aktuell durch die steigende Zahl an Kindern aus Flüchtlingsfamilien besonders notwendig. „Wir sind eine Sprach-Kita und wollen es auch bleiben“, gibt sich die Leiterin zusammen mit ihrem Erzieherteam kämpferisch.
Hoffnung gibt es noch, dass der von der Bundesregierung verabschiedete Entwurf für den Bundeshaushalt 2023, in dem kein Geld für die Fortführung des Sprachprogramms vorgesehen ist, nicht das Ende der Sprach-Kitas bedeutet. Erzieherinnen, Eltern, Vertreter der Wissenschaft und Verbände haben die Kampagne „Sprach-Kitas retten“ gestartet, um die Abgeordneten von der Bedeutung des Förderprogramms zu überzeugen. Beim Deutschen Bundestag wurde inzwischen eine öffentliche Petition eingereicht, die die geforderten 50 000 Unterschriften mit über 270 000 Unterzeichnern deutlich übertraf. In der vergangenen Woche kam es zu einer verpflichtenden Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages unter Teilnahme der zuständigen Ministerien „und jetzt sorgte ein bundesweiter Aktionstag dafür, dass die Politik sieht und hört, dass die Streichung der Bundesförderung bei den Sprach-Kitas auf Widerstand stößt“, so Pflästerer abschließend.
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