Hockenheim. Das lauteste Geräusch beim Start zum 18-Stunden-Rennen am Samstagabend ist das Hupen der Sirene, die am bestimmten Stellen des Countdowns durch das Motodrom dröhnt. Auch als die 32 Autos starten, klingt das sanfte Surren des Reifen-Rollgeräuschs durch die Start-Ziel-Gerade.
Die ADAC-e-Competition ist einer der Höhepunkte dieses Wochenendes am Hockenheimring, das sich um die E-Mobilität und ihre verschiedenen Facetten dreht. Bei dem Wettbewerb mit diesmal 32 Autos geht es nicht um Geschwindigkeit. Es geht um Reichweite. Wer die meisten Runden auf dem Ring schafft, hat gewonnen. Am Sonntagmorgen um 10 Uhr steht der Sieger fest: Die Mannschaft Xpeng Deutschland mit einem Xpeng 7 aus China hat 216 Runden und damit 972 Kilometer in 18 Stunden geschafft – inklusive Ladezeiten. Auch der MSC Weingarten kommt mit seinem Kia EV6 auf 216 Runden.
Vielfältige E-Auto-Modelle beim e4 Testival – von Tesla bis Wey
Dass E-Autos längst alltagstauglich sind, hat sich bei vielen Menschen herumgesprochen, aber noch nicht bei allen. Um noch mehr Autofahrern einen sehr einfachen Zugang zu dem Thema zu ermöglichen, hat das Unternehmen e4 Qualification das e4 Testival entwickelt. Für ein schmales Eintrittsgeld von 20 Euro am Tag darf jeder, der einen gültigen Führerschein besitzt, mit einem der bereitstehenden E-Autos selbst am Steuer eine Runde auf dem Hockenheimring drehen. Und das nicht nur mit einem Wagen, sondern mit verschiedenen Modellen.
Zur Verfügung stehen an diesem Wochenende deutlich mehr als 60 E-Autos unterschiedlicher Marken. Der Verein „Tesla-Fahrer und Freunde“ steuert weitere 50 private Fahrzeuge bei, die ebenfalls ausprobiert werden können. Zur Auswahl stehen die neuesten Autos der Marken Polestar, Tesla, KIA, Hyundai, BMW und Mini. Außerdem die chinesischen Modelle Wey und Ora. Nicht dabei sind indessen die großen deutschen Hersteller Mercedes und VW. Auch die komplette Stellantis-Gruppe (unter anderem Renault, Peugeot und Opel) sind der Einladung von Veranstalter Alexander Nieland nicht gefolgt, obwohl auch diese Firmen reine E-Autos in ihrem Portfolio haben.
Testival bietet sehr einfachen Zugang zum Thema E-Mobilität
So viele wie noch nie nutzen die Chance. 12.000 Besucher zählt das Testival in seiner fünften Auflage. „Wir wollen niemandem etwas aufzwingen“, sagt Ursula Kloé, die am Wochenende für das Rahmenprogramm mit vielen Vorträgen und Diskussionsrunden zuständig ist. „Aber wir wollen die Menschen informieren, ihnen Klarheit geben für ihre Entscheidung, wenn es um das nächste oder übernächste Auto geht“. Dass Besucher des Testivals danach ein E-Auto gekauft haben, weiß Kloé definitiv.
Auch den Tesla-Freunden hat am Wochenende ein Rentner einen Besuch abgestattet. Ein Auto werde er noch kaufen, habe der Mann verraten, berichtet Vereinsvorsitzender Lars Hendrichs. Es werde wohl ein E-Auto werden, weshalb er sich hier umsehe. Und dazu hat er hier ausreichend Möglichkeit. Wo gebe es schon die Gelegenheit, an ein oder zwei Tagen die aktuellen Modelle gleich mehrerer Marken selbst zu testen und sich zu informieren, ohne gleich in ein Verkaufsgespräch verwickelt zu werden, sagt Ursula Kloé.
Allerdings zeigen die Kennzeichen der Fahrzeuge auf dem Besucherparkplatz, dass auch die E-Auto-Community sehr präsent ist. Gut die Hälfte hat ein E auf dem Nummernschild. Auch diese seien eine Zielgruppe, sagt Ursula Kloé. Da werden Erfahrungen ausgetauscht und geschaut, was die Branche Neues zu bieten hat.
In vielen Gesprächen bedauern die Fans, dass die Debatte politisch so aufgeladen ist. „Wir müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass nicht mehr fossile Kraftstoffe verbrannt werden“, plädiert beispielsweise Hermann Hoffman von der Firma Mahle Powertrack für eine Vielfalt der umweltfreundlichen Antriebe. „Es hat noch nie eine Monokultur in der Geschichte dauerhaft überlebt“, sagt er. Die überwiegende Mehrheit der Fahrzeuge werde in Zukunft mit Sicherheit elektrisch fahren, allerdings könnten auch E-Fuels und Wasserstoff eine Variante sein. „Das wird ohnehin der Preis regeln“, ist er sich sicher.
Electrified Women setzen sich für mehr Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit an Ladesäulen ein
Dass E-Mobilität auch eine weibliche Sicht hat, machen die Electrified Women deutlich, eine Gruppe von Frauen, die sich für Elektroautos begeistern. „Wir brauchen eine bessere und vor allem mehr Ladeinfrastruktur“, fordern die Sprecherinnen. Und die Ladesäulen sollten nicht in der dunkelsten, hintersten Ecke des Rasthofs aufgebaut werden, ohne Dach und Mülleimer. Das sei aber oft der Fall und fördere nicht gerade das Sicherheitsgefühl.
Viktor und Julian, beide 26 und aus der Nähe von Frankfurt, testen das Modell S von Tesla. Viktor hat bis vor kurzem privat einen Ford Mustang Mach E gefahren und schweren Herzens wieder verkauft, als Vielfahrer ohne eigene Wallbox zu Hause. Die Leidenschaft für den elektrischen Antrieb ist aber noch da. Total begeistert sind die beiden von dem mächtigen Antrieb, den der Tesla auf der Geraden des Hockenheimrings entfaltet. „Jetzt wollen wir noch Porsche fahren“, sagt Julian.
Dass die Leistungsstärke der elektrischen Antriebe ihre Tücken hat, muss am Samstag ein Tesla-Fahrer schmerzlich erfahren. Bei der Ausfahrt aus der Boxengasse gibt er deutlich zu viel Gas und schleudert in den Reifenstapel. Das Auto ist Schrott, aber der Fahrer bleibt glücklicherweise unverletzt.
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