Hockenheim. 17 Jahre ist es nun her, dass der Diplom-Ingenieur Özer Dogan seine Stelle als Doktorand an der Technischen Universität Karlsruhe aufgab, um sich fortan beruflich auf seine Passion zu konzentrieren: die Musik. Seither hat sich der heute 50-Jährige einen exzellenten Ruf als Dirigent erarbeitet und leitet mittlerweile fünf Chöre in der Region rund um Hockenheim. Einer davon ist der AGV Belcanto, mit dem Dogan bereits in der Vergangenheit erinnerungswürdige Konzerte ablieferte. Dieser außergewöhnlichen Vita soll nun ein weiterer Punkt hinzugefügt werden: Mit gleich zwei Konzerten startet der AGV am 21. und 22. Januar in das neue Jahr.
Dabei wollen Dogan und seine Musiker etwas ganz Spezielles bieten. In der Stadthalle erwartet die Besucher ein Showkonzert zum Thema Filmmusik der besonderen Art. Um was es sich dabei genau handelt, wie es entstanden ist und über die Intensität der Vorbereitungen spricht der Dirigent nun im Interview.
Herr Dogan, wie groß ist die Vorfreude auf die beiden Neujahrskonzerte mit dem AGV Belcanto?
Özer Dogan: Ich freue mich unheimlich auf die beiden Konzerte. Gleiches gilt für alle anderen beim AGV. Die langen Planungen und Vorbereitungen kommen dann zu einem Ende und wir alle sind bereit, den Besuchern eine unvergessliche musikalische Erfahrung zu bieten. Dafür hat der ganze Chor immens viel Herzblut eingesetzt und monatelang darauf hingearbeitet.
Was darf das Publikum in der Stadthalle erwarten?
Dogan: Einen Abend voller Überraschung, Bewegung, bekannten Songs und natürlich ein Vergnügen für das Gehör. Mit der Thematik der Filmmusik möchten wir die Besucher in eine andere Welt entführen. Es wird rockig, emotional und Erinnerungen sollen geweckt werden. Die Auswahl der Songs geht in den 1970er Jahren los und endet bei aktuellen Titeln. Für jeden ist etwas dabei. Es wird kein klassisches Chorkonzert, auf der Bühne wird Leben herrschen, es gibt Choreografien und das Publikum wird aktiv mit einbezogen. Es wird ein großer Mix aus purem Spaß und hochklassiger Musik. Es wird einiges dabei sein: Chöre, Band, Solistinnen, Licht- und Videoshow, alle sind bereit.
Zur Person: Özer Dogan
Mehmet Özer Dogan, geboren am 6. September 1972 in Ankara, kam im November 1973 mit seinen Eltern und seinem sechs Jahre älteren Bruder nach Deutschland – nach St. Leon-Rot.
Für Familie Dogan spielte die finanzielle Situation keine Rolle bei der Entscheidung, die Türkei zu verlassen. Der Vater hatte einen sicheren Bürojob beim Geheimdienst, die Mutter war Tochter eines Unternehmers. Entscheidend war die Hoffnung, dem schwerkranken Bruder in Deutschland bessere medizinische Versorgung zu ermöglichen. Durch ihre offene, tolerante und demokratische Haltung lebte sich die Familie schnell ein.
Özer Dogan besuchte mit fünf Jahren einen katholischen Kindergarten und lernte dort nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch deutsche und christliche Werte.
Sein musikalisches Talent wurde im Alter von vier Jahren zufällig entdeckt, als ihm sein Großvater ein Spielzeug-Akkordeon schenkte. Von der Mutter lernte er mit fünf Jahren das Flötespielen. Ab dem siebten Lebensjahr erhielt er professionellen Flöten-und Orgelunterricht und spielte im Orff- und Akkordeonorchester.
Nach dem Abitur 1992 am Technischen Gymnasium in Heidelberg studierte Dogan an der Uni Karlsruhe Maschinenbau, parallel bildete er sich im Klavierspiel weiter.
2003 schloss er als Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus ab, nach kurzer Zeit als Doktorand entschloss er sich, sein großes Hobby, die Musik, zum Beruf zu machen.
Ab 2002 merkte er, dass ihm die Chormusik genau das gab, wonach er gesucht hatte. Er absolvierte die Chorleiterakademie des Badischen Chorverbands in Freiburg.
Inzwischen dirigiert er in fünf verschiedenen Orten Chöre – darunter den AGV Belcanto Hockenheim und den Chor „Sing2gether“ des Sängerbunds Reilingen. mm
Das jüngste AGV Konzert liegt nun Corona-bedingt drei Jahre zurück. Wie konnten Sie und der Chor diese Zeit voller Einschränkungen überbrücken?
Dogan: Wir haben unsere Kreativität spielen lassen. Erfreulicherweise ist der Chor trotz Corona weiter gewachsen und wir können neue Mitglieder vermelden. Online-Chorproben gab es genauso wie Präsenztreffen, die wir dank eines ausgearbeiteten Hygienekonzepts abhalten konnten. Dies war vor allem für die Vorbereitung des nun kommenden Konzerts immens wichtig. Generell haben meine Chöre und ich uns nicht von Corona unterkriegen lassen. Alle meine Chöre hatten beispielsweise im vergangenen Jahr bereits tolle Konzerte. Ob Open-Air, Beach-Open-Air, Rock/Pop-, Kirchen- oder Weihnachtskonzert. Wir haben uns von der Pandemie nicht unterkriegen lassen.
Wie beschreiben Sie die Intensität der Vorbereitung?
Dogan: Hinter einem Konzert wie diesem steckt viel mehr als viele eventuell denken. Wir sind praktisch seit unserem letzten Konzert vor drei Jahren in der Vorbereitung. Dies erfordert von allen Beteiligten immenses Engagement, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Auf das anstehende Wochenende haben alle mit großem Einsatz hingearbeitet: Seien es die zahlreichen Proben, die Koordination, die Choreografie, die Beschaffung der umfangreichen technischen Ausstattung oder die gemeinsame Ausarbeitung des Programms. Natürlich hat sich in den vergangenen Wochen die Intensität nochmals erhöht.
Können Sie Beispiele nennen?
Dogan: In der Zeit vor den Konzerten kommen Probewochenenden dazu, an denen von morgens bis abends für die Auftritte gearbeitet wird. Dabei werden der Gesang und das Zusammenspiel auf der Bühne intensiv geprobt. Als erfreulicher Nebeneffekt fördern solche Wochenende auch den Gemeinschaftsgeist innerhalb des Chors.
Wie kam es zur Auswahl des Themas?
Dogan: Wir wollen mit unserer Musik alle Altersklassen ansprechen. Filmmusik bietet ein unfassbar breites Spektrum, bei dem alle möglichen Genres vertreten sind. Die Titel haben in den meisten Fällen einen Wiedererkennungswert, was das Publikum nochmals mehr in die Performance mit einbezieht. Wir haben gemeinsam Songwünsche besprochen und meine Aufgabe als Dirigent war es, die richtige Mischung zu finden und abzuwägen, was möglich ist. Die Besucher dürfen sich auf einen besonderen Abend freuen, das kann ich versprechen.
Dazu zählt sicherlich auch ein entsprechendes technischen Equipment.
Dogan: Ja, das ist unumgänglich, um einem Konzert dieser Größenordnung gerecht zu werden. Wir haben beispielsweise 16 Headset-Mikrofone für unsere Sänger sowie den Moderator besorgt. Die Stadthalle ist ebenfalls hervorragend ausgestattet, um ein Klangvergnügen zu garantieren.
Wie wird ihre eigene Bühnenpräsenz an diesen beiden Auftritten ausfallen?
Dogan: Die beiden Konzerte sind mit jeweils drei Stunden angesetzt. Ich werde durchgehend auf der Bühne sein und meinen Teil beitragen. Da ich selbst am Keyboard sitzen werde, werde ich mit den Augen dirigieren. Selbst die Band ist hier dann digital mit mir verbunden: Jeder der Musiker hat einen Bildschirm, auf dem ich zu sehen sein werde, vor sich. Dadurch ist ein problemloses Zusammenspiel möglich.
Welche Gründe sprechen für einen Besuch eines der Konzerte?
Dogan: Gleich mehrere! Film- und Musikliebhaber werden genauso auf ihre Kosten kommen wie Freunde der Unterhaltung. Gleichzeitig kann man die Kultur Hockenheims genießen, einen städtischen Verein unterstützen und sich auf eine Reise durch die jüngere Filmgeschichte begeben. Und auch wer einfach nur einen schönen Samstag- oder Sonntagabend erleben möchte, macht mit einem Ticket nichts falsch.
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