Schülertreffen

Erster Abi-Jahrgang am Hockenheimer Gauß feiert Wiedersehen nach 50 Jahren

Die Jubel-Abiturienten begannen ihre Gymnasialzeit am Hebel in Schwetzingen und wechselten 1968 nach Hockenheim – sie haben Anfänge im Progymnasium und Schuleinweihung 1972 erlebt.

Von 
Marcus Oehler
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50 Jahre nach der Reifeprüfung: Der Abiturjahrgang freut sich über das Wiedersehen zum besonderen Jubiläum. © Büssecker

Hockenheim. Ihr Abitur vor 50 Jahren feiern viele Gymnasialjahrgänge. Aber die Jubel-Abiturienten des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums Hockenheim durften dieses Jubiläum als ein ganz Besonderes begehen, denn sie waren die allerersten Abiturienten in Hockenheim.

„Die Schule, die wir ursprünglich besuchten, war das Hebel-Gymnasium in Schwetzingen. Mit zehn Jahren hatten wir dort eine Aufnahmeprüfung bestehen müssen, um aufgenommen zu werden“, erinnern sich Fred und Angelika Büssecker. Und in diesem zarten Alter seien die Schüler schon in der Lage gewesen, die Schule alleine, per pedes, mit Bus und Bahn, zu finden. „Schrittzähler wie heute brauchten wir nicht – bis wir in der Schule und wieder zu Hause waren, hatten wir unser Soll-Pensum schon zusammen.“

Die ersten ihrer Art: Der Abiturjahrgang des Gauß-Gymnasiums freut sich 1973 über den Schulabschluss. © Fred Büssecker

Man sprach in diesen Zeiten noch von Sexta, Quinta, Quarta, Untertertia, Obertertia, Untersecunda, Obersecunda, Unterprima und Oberprima. Die Zählung verlief also rückwärts, heute zählt man vorwärts von 5. bis zur 12. (oder 13.) Klasse. Die Klassen wurden eingeteilt in „Lateiner“ und „Naturwissenschaftler“. „Wir fanden zueinander, Freundschaften entstanden, wovon einige bis heute Bestand haben. Wir fühlten uns ausgesprochen wohl in Schwetzingen“, blicken die Büsseckers zurück.

Von Wechsel zunächst „geschockt“

Kurz vor den Sommerferien im Jahre 1968 sei der damalige Direktor, Schmitt durch die Klassen gegangen und habe die Schüler „aussortiert“, die den naturwissenschaftlichen Zweig gewählt hatten und aus Hockenheim und der näheren Umgebung kamen. „Ab dem nächsten Schuljahr seid ihr im Pro-Gymnasium in Hockenheim“, verkündete er. Das Hebel-Gymnasium war für so viele Schüler zu klein geworden und deshalb wurde in Hockenheim erst ein Pro-Gymnasium, später dann das selbstständige Gauß-Gymnasium ins Leben gerufen.

„Wir waren geschockt, wir wollten nicht weg, hatten wir uns doch sehr wohl gefühlt in unseren Klassenverbänden. Doch alle Proteste und Bitten nützten nichts“, berichten Fred und Angelika Büssecker stellvertretend für ihre Jahrgangskameraden.

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Sie hätten ihren Klassenfreunden, die wir verlassen mussten, ewige Verbundenheit gelobt und dass man sich mindestens wöchentlich kontaktieren würde – soweit der gut gemeinte Vorsatz. Die Realität verlief anders: „In diesen Zeiten wussten wir noch nichts von Computern, sozialen Medien und Handys. Am heimischen Telefon war die Schnur zu kurz, um ungestört telefonieren zu können, „Flatrates“ kamen erst Jahrzehnte später und das spärliche Taschengeld reichte nicht für teure Telefonate oder Extrafahrten nach Schwetzingen. So brach der Kontakt auch bald ab“, lautet die Bilanz der früheren Hebelianer.

Ab September 1968, die Schüler waren 14 oder 15 Jahre alt, wurden fünf neu gebildete Klassen im Neubau der Hartmann-Baumann-Schule in Hockenheim unterrichtet. Der Physik- und Chemieunterricht fand in der Mittelschule (Realschule) statt. 1969 erhielt das Gymnasium einen eigenen Schuldirektor, Alfons Keppler. Erst im September 1971 konnte ein neu gebautes Schulgebäude bezogen werden, das in einem feierlichen Akt in der Stadthalle im Juni 1972 eingeweiht wurde. Das Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium (CFG) war geboren und der Schulchor gestaltete dieses Ereignis aktiv mit. „Wir werden uns ewig an ,Freude schöner Götterfunken’ erinnern“, schmunzeln die Büsseckers.

Beim Start in Hockenheim 1968 waren sie die Ältesten (eine Parallelklasse gab es nicht) und mussten sich in einer neu zusammengewürfelten Klasse zurechtfinden, was auch ohne psychologischen Beistand vorzüglich geklappt habe. „Wir wuchsen zusammen, es gab keine nennenswerten Meinungsverschiedenheiten, Mobbing war ein unbekanntes Wort. Jeder war ein Individualist mit Vorzügen und Schwächen, die man respektierte“, blicken sie zurück.

Eine Generation, die noch miteinander sprach, so ganz persönlich, ohne auf Textnachrichten angewiesen zu sein. Man verabredete sich, war pünktlich zur Stelle und diese Stelle fand man zur Not auch auf einer Landkarte. Man machte „Party“ und versorgte sich kulinarisch dann mit gegrillten Hähnchen. Pizza, Döner und anderes gab es damals noch nicht, der Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland war erst am Beginn.

Mit den Jahren veränderte sich die Zusammensetzung der Klasse, manche gingen, andere kamen. Doch das Miteinander habe immer vorzüglich geklappt. 1973 standen schließlich die Abiturprüfungen an. „Nach heutigen Maßstäben, rein vom Notendurchschnitt her gesehen, hätte aus uns kaum etwas Gescheites werden können. Wir waren keine Einserkandidaten. Aber wir waren selbstbewusst, selbständig erzogen und trauten uns was. Viele von uns sind Lehrer geworden, aber auch Architekt, Ingenieur, Physiker, Systemanalytiker, Psychotherapeut, Geschäftsführer, Banker oder Handwerker“, schreiben Fred und Angelika Büssecker in ihrer Rückschau.

Ab jetzt jährliche Treffen

Und diese bunte Truppe traf sich eine Woche vor Weihnachten, um ihr besonderes Jubiläum zusammen zu feiern. Die ehemaligen Schulkameraden hatten sich teilweise 50 Jahre lang nicht gesehen und die Überraschung sei groß gewesen, doch die alte Vertrautheit sei sofort wieder da gewesen. Sie unterhielten sich mit alten Anekdoten, schauten sich Bilder an, lachten viel und wunderten sich immer noch, warum man ihnen damals – als einzige Anerkennung – den Karnevalsorden verliehen hatte.

Der Abend gestaltete sich so angenehm, dass der Abijahrgang beschloss, diese Treffen jährlich zu wiederholen. Sie hoffen, dass im kommenden Jahr auch alte Wegbegleiter, die nur zeitweise in unserer Klasse waren, dabei sein könnten. Vielleicht erinnere sich der eine oder andere Schulkamerad, der diesen Artikel liest, an die alten Mitschüler und meldet sich.

Die Leitung des Gauß-Gymnasiums habe der Jahrgang schon im Frühjahr darauf aufmerksam gemacht, dass ihr Jubiläum anstehe. „Leider hat man uns nur mitgeteilt, dass man sich eher auf die momentanen Abiturienten konzentrieren möchte als auf diejenigen, die schon vor 50 Jahren hier ihren Abschluss gemacht hätten“, bedauern die Jubilare, in dieser Hinsicht keine Wertschätzung erfahren zu haben. „Wir konnten jedenfalls von einem sehr ereignisreichen und auch sehr erfolgreichen Leben berichten. Wir können stolz auf uns sein“, schließt ihr Bericht zum 50-Jahre-Abitur-Jubiläum als „Gauß-Pionier“e. zg

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