Hockenheim. Seit 20 Jahren wird im Kindergarten Sonnenblume Inklusion gelebt. Man trete für eine ungeteilte Gesellschaft ein in der alle- ob mit oder ohne Behinderung, die gleiche Teilhabechance haben, umreißt Tanja Tischmeyer, die Leiterin der von der Lebenshilfe Mannheim-Schwetzingen-Hockenheim getragen Einrichtung, den Ansatz, der in Artikel 3 grundgesetzlich verankert ist.
Dennoch, so Tischmeyer im Gespräch mit unserer Zeitung beim Frühlingsfest der Sonnenblume, bei dem zugleich der 20. Geburtstag gefeiert wurde, Teilhabe sei kein Selbstläufer, müsse täglich weiterentwickelt werden. „Uns gelingt dies gut“, freut sich Tischmeyer und bedankt sich hierfür bei ihrem „wunderbaren Team“ und den Eltern, die der Einrichtung ihr Vertrauen schenken und eng mit ihr zusammenarbeiten.
In der bunten Gemeinschaft im Hockenheimer Kindergarten gibt es keine Trennung
86 Kinder sind es derzeit, die den Kindergarten Sonnenblume besuchen, 54 davon im allgemeinen Kindergarten und 32 Kinder mit Beeinträchtigung im Schulkindergarten. Doch im täglichen Miteinander gibt es diese Trennung nicht, sie sind Teil einer bunten Gemeinschaft.
Wobei Teilhabe ein Begriff ist, der sich in seiner Tiefe nicht auf den ersten Blick erfassen lässt. Was er im täglichen Leben bedeuten kann, macht Tischmeyer mit einer kleinen Anekdote deutlich: 20 Jahre Sonnenblume heißt auch, dass mittlerweile die ersten Jahrgänge, die den Kindergarten besuchten, schon im Erwachsenenalter sind.
Unlängst erzählte eine Mutter der Kindergartenleiterin von ihrem Sohn, der den Wunsch hat, ein soziales Jahr in einer Einrichtung zu absolvieren, in der auch Kinder mit Behinderungen begleitet werden. Dann gehe doch in deinen früheren Kindergarten, habe die Mutter geantwortet, worauf der Sohn überrascht erwiderte, dass es in seinem Kindergarten keine Behinderten gab. Woraufhin ihn seine Mutter an einen Freund erinnerte, der im Rollstuhl saß. Ja, der konnte nicht laufen, aber der war doch nicht behindert, so der Sohn.
Es entsteht ein Selbstverständnis, den Kern des Menschen wahrzunehmen
Dieses Selbstverständnis, den Menschen jenseits körperlicher Einschränkungen wahrzunehmen, Beeinträchtigungen nicht als Behinderungen zu sehen, sondern sich und alle anderen als Teil einer vielfältigen Gesellschaft zu empfinden, dies wird im Kindergarten Sonnenblume gelebt. Seit 20 Jahren, betont Tischmeyer und freut sich sichtlich, dass das inklusive Konzept der Einrichtung reiche Früchte trägt.
Was mit Sicherheit kein Selbstläufer ist, wie die Verantwortlichen der Lebenshilfe erzählen können, die in diesem Jahr selbst ihr 60-jähriges Bestehen feiert. Von den Anfängen als Lebenshilfe Schwetzingen bis hin zur jetzigen Form, die eine Fläche abdeckt, die mit dem Verbreitungsgebiet unserer Zeitung, erweitert um Mannheim, einhergeht, war es ein weiter, nicht immer leichter Weg. Der jedoch beharrlich verfolgt wurde, der sich mittlerweile unter anderem in Kindergärten in Schwetzingen, Oftersheim und Mannheim, Rheinau und Suebenheim, niederschlägt. Und in jeder Menge fröhlicher Kinder, die in den Einrichtungen das sein dürfen, was sie sind – Kinder.
Dieses Gemeinschaftsgefühl war beim Frühlingsfest überall zu spüren. Sei es beim Eröffnungsstück um den kleinen Movel, der zu schüchtern für die Welt ist, sich ihr letztlich aber mit Hilfe vieler Freunde öffnet, oder am Engagement, mit dem die Eltern das Fest unterstützten. Ob an der Kuchentheke – natürlich wurden die Naschereien von den Eltern gespendet – am Getränkestand oder Grill, überall waren helfende Hände zu finden. Und vom Elternbeirat war eine tolle Tombola organisiert worden, an der die Kinder mit schönen Preisen ihre Freude hatten und deren Erlös ihnen später indirekt zugutekommen wird.
Beim Jubiläum gibt's eine Geisterbahn, Kreativ- und Sinnesräume und Kasperletheater
Und natürlich war da noch das Team der Sonnenblume, das ein unterhaltsames Programm auf die Beine stellte. Da gab es eine „Geisterbahn“ in der Maulwurfgruppe, wartete bei der Igelgruppe ein Kreativraum mit Bastel- und Spielideen oder in der Eulengruppe ein Sinnesraum. Und bei der Löwengruppe war das Kasperletheater zu Gast. Kurzum – für die Kinder war das Fest eine große Gaudi und den Eltern bot sich die Möglichkeit zum Austausch und zum Kontakte knüpfen.
Letzteres war Tanja Tischmeyer sehr wichtig, denn durch die Beschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie hat die Partizipation der Eltern stark gelitten. Der regelmäßige Kontakt mit den Erziehungsberechtigten, der Austausch und das Knüpfen von Netzwerken sind wichtige Anliegen, die lange brach lagen. Doch wie das Frühlingsfest zeigt – die Gemeinschaft Sonnenblume hat von ihrem Elan nichts eingebüßt.
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