Geschichte

Hockenheimer Neuntklässler lernen etwas über die Schrecken der Nazizeit

Bei einem Stadtrundgang mit dem "Arbeitskreis jüdische Geschichte" lernen die Neuntklässler des Gauß-Gymnasiums Hockenheim einiges über die Greueltaten der Nationalsozialisten.

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Dem Jüdischen Arbeitskreis
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Klaus Brandenburger (rechts) mit zwei Schülern vor dem Gedenkstein zur Deportation nach Gurs am Hockenheimer Rathaus. © Tony Vellappallil

Hockenheim. Gegen das Vergessen – das ist den Experten für lokale jüdische Zeitgeschichte in Hockenheim wichtig, die sich jetzt mit Neuntklässlern auf einen Stadtrundgang begeben haben: „Frau Offenloch-Brandenburger und Herr Brandenburger kennen sich in der Geschichte der Hockenheimer Juden so gut aus, wie kaum jemand sonst.“ Mit diesem Satz begrüßte Klassenlehrer Tony Vellappallil Klaus Brandenburger vom „Arbeitskreis Jüdische Geschichte“ in seiner Abschlussklasse in der Schule am Kraichbach. „Als Schülerinnen und Schüler soll ihr die Möglichkeit haben, die Familiengeschichten und Schicksale von Hockenheimer Jüdinnen und Juden kennenzulernen“, so formulierte Brandenburger dann seinen Plan für diesen Tag.

Nach der Lesung „Verdammte gibt es nur in Gurs“ von Christa Montag am 17. Januar 1997 in der damaligen Buchhandlung Aust in der Karlsruher Straße begann Familie Brandenburger mit der Recherchearbeit zu jüdischen Familien in der heutigen Rennstadt. Besucher dieser Lesung sagten, die Geschichte der Juden muss bei uns aufgeschrieben werden und sie wollten bei der Aufarbeitung der jüdischen Geschichte mitmachen. Damals wurde der Jüdische Arbeitskreis gegründet. Heute besteht der Arbeitskreis nur noch aus zwei Personen: Klaus Brandenburger und seine Frau Felicitas Offenloch-Brandenburger.

Stolpersteine angeregt

Der Arbeitskreis ist neben anderen die treibende Kraft für die Stolpersteinverlegungen in Hockenheim. Am Montag, 22. Mai, findet bereits die vierte Aktion statt. Neben der Recherchearbeit halten die Brandenburgers noch intensiven Kontakt zu den wenigen Überlebenden des NS-Regimes und deren Nachkommen. Der Arbeitskreis Jüdische Geschichte trägt durch seine Bemühungen dazu bei, wegweisende Erinnerungen zu bewahren, die uns immer wieder bewusst machen, wie schlimm das Verbrechen gegen die Menschheit tatsächlich sein kann und wie wichtig es ist, Unrecht zu erkennen und seine Stimme dagegen zu heben, heißt es im Bericht über den Schulbesuch.

Wurden auch Juden aus Hockenheim verschleppt und ermordet?“, will Matteo wissen. Viele Familien wurden damals nach Gurs, ein Internierungslager der Nazis in den Nordpyrenäen, gebracht. Einige Hockenheimer Jüdinnen und Juden sind auch in Gurs gestorben. Gurs wurde als „Vorhölle“ bezeichnet. Wer dort zwei Jahre überleben konnte, wurde meist nach Auschwitz deportiert und nach der Ankunft ermordet. Klaus Brandenburger erzählte nicht nur von den jüdischen Familien in Hockenheim, er zeigte den Schülern auch Bilder, wie es in Hockenheim früher aussah.

Jüdisches Leben erklärt

Noch anschaulicher und konkreter wurde es, als er die Klasse auf einen Rundgang mitnahm. Er führte die Schüler zu noch erhaltenen Gebäuden und Häusern, wo jüdische Familien lebten. Nicht nur die Stolpersteine, auch der Gurs-Gedenkstein am Parkplatz hinterm Rathaus und die Gedenktafel am Rathauseingang wurden durch die Erzählungen von Klaus Brandenburger zum Leben erweckt. „Hier stand mal eine Synagoge?“, fragte sich Carolin, als sie die Gedenktafel in der Ottostraße an der Ecke Rathausstraße vorliest.

Durch seinen Besuch in der Schule und den Rundgang führte Klaus Brandenburger den Schülern die zum Teil schreckliche Geschichte der Hockenheimer Juden vor Augen. „So etwas darf nie wieder passieren“, bemerkte Nina nach der Veranstaltung. Die Schüler der neunten Klasse von der Schule am Kraichbach werden Plakate gestalten und an der Verlegung der Stolperschwelle für die Großfamilie Isaac Hockenheimer am Montag, 22. Mai, teilnehmen. zg

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