Umweltschutz - Food-Bloggerin Vanessa Schäfer vereint über 30 Mitstreiter beim „Natur-Detox-Tag“ / „Schürzenträgerin“ will Aktion auch nach Corona fortsetzen / Abfallaufkommen scheint zurückzugehen

Hockenheimer sammeln Müll in der Natur

Von 
Corinna Perner
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Mit Verpackungen aus dem Fast-Food-Restaurant „dekorierte“ Grünstreifen an Autobahnausfahrten, achtlos weggeworfene Getränkedosen im Gebüsch, an den Wegrand drapierte Hundekotbeutel – was für die einen scheinbar normal ist, ist für viele Spaziergänger und Naturliebhaber ein Graus. Kopfschütteln und Wegsehen ist eine Reaktion auf einen solchen Anblick, aktiv werden eine andere. Die Hockenheimer Food-Bloggerin Vanessa Schäfer alias Schürzenträgerin entschied sich schon mehrfach für Letzteres und vereinte beim dritten Natur-Detox-Tag nun erstmals über 30 Mitstreiter bei einer gemeinsamen Müllsammelaktion in Hockenheim.

Die Idee kam Vanessa Schäfer, nachdem sie sich Anfang 2020 selbst auf den Weg gemacht hatte, um die Natur von unliebsamen menschlichen Hinterlassenschaften zu befreien. „Das ist nicht nur Detox für die Natur, sondern auch für einen selbst“, stellte sie dabei fest, dass sie auch persönlich profitierte.

Als es viele Menschen während des ersten Lockdowns nach draußen zog, sah die junge Frau nach Sammlungen mit Freunden den richtigen Zeitpunkt gekommen, um ihre mediale Reichweite als Food-Bloggerin rund um vegetarische und vegane Ernährung zu nutzen. Unter dem Schlagwort Natur-Detox lud sie dazu ein, „am gleichen Tag, zur gleichen Zeit an vielen verschiedenen Orten für etwas weniger Müll in der Natur zu sorgen“. Bei ihrer dritten Aktion rief sie dazu nun speziell Mitstreiter an ihrem Wohnort Hockenheim auf. Aber auch im Käfertaler Wald, in Ostfildern und in Karlsruhe am Schloss wurde zeitgleich gesammelt.

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Benjamin Heyer war für die Aktion zum zweiten Mal extra aus der südlich von Heidelberg liegenden 2000-Seelen-Gemeinde Gauangelloch angereist. „Das ist eine echt coole Aktion, die es ermöglicht, bewusster an die Sache heran- und mit gutem Beispiel voranzugehen“, berichtet er.

Axel Baumann aus Reilingen erging es als Drittem im Bunde ebenso. Der Erfinder des „Müllhai“ nutzte die Zeit bis zum Startschuss der Aktion, um der einen oder anderen Kleingruppe mit seinem Hilfsmittel die Arbeit zu erleichtern: Mit dem mobilen Müll- und Laubsammler soll die Arbeit bis zu zehnmal schneller vonstattengehen. Tatsächlich hatte das Gerät gerade bei den während des Sammelns recht windigen Bedingungen seine Vorteile, musste doch der Müllsack nicht ständig von neuem geöffnet werden.

Um größere Menschenansammlungen in einzelnen Bereichen und das mehrmalige Abgrasen des gleichen Bereichs zu vermeiden, hatte Vanessa Schäfer müllreichere Gegenden ausfindig gemacht. Insgesamt sieben Sammelgebiete, die auch das Talhaus, den Bereich rund um Pumpwerk und Trimm-dich-Pfad und den Marktplatz samt Kirchengarten umfassten, kamen so zusammen. Die Funde waren dabei ganz unterschiedlicher Natur: Während rund um die evangelische Kirche zahlreiche Alkoholflaschen zu finden waren, waren es im Bereich des DJK-Geländes viele Wahlplakate und Vanessa Schäfer selbst trieb einen Nageknochen für Hunde auf.

Eva Ciuman und Anno Althapp widmeten sich dem Waldrand an der Straße in Richtung DJK und zeigten sich nach den ersten Metern positiv überrascht: „Das habe ich schon schlimmer erlebt“, freute sich Ciuman, die schon mit den Reilinger Grünen Müll sammeln war, über wenig Müll am Straßenrand. Das Sammelgut ist eher gewöhnlicher Natur: „Ein paar Flachmänner, nichts Besonderes“, berichtet Anno Althapp.

Die mutmaßlich ausrangierte Autofußmatte war an diesem Vormittag das größte Stück, das Renate Rottmayer mit geübtem Griff aus dem Grünen fischte. Als Gruppensprecherin der Lokalen Agenda-Gruppe Grüne Engel war es für sie ebenso wie für Ehemann Jürgen und einige weitere Gruppenmitglieder keine Frage, am Natur-Detox-Tag teilzunehmen und die Initiatorin auch im Vorfeld zu unterstützen.

Viele übernehmen Verantwortung

Rottmayer hat die erfreuliche Erfahrung gemacht, dass der wilde Müll zuletzt abgenommen habe: „Die Hockenheimer sind richtig gut geworden“, jubelte sie und freute sich über die vielen Privatpersonen, die sich immer wieder auf eigene Faust auf Säuberungstour begeben. Statt „Das geht mich nichts an“, laute das Motto beim Thema Müll immer mehr „Wir engagieren uns“.

Und so waren hinter den Parkbuchten entlang der Waldstraße und auf dem parallel verlaufenden Waldweg vor allem kleine Schnipsel, Bonbonpapiere und Gummibärchentütchen zu finden, ergänzt durch einige wenige Flaschen, eine kleine Tüte mit Haushaltsmüll sowie „außergewöhnlich viele Masken“, wie Mitsammlerin Christiane Hölzer-Hößler berichtete. Auch sie engagiert sich bei der Lokalen Agenda, wenn auch normalerweise bei den Paten-Omas und Paten-Opas.

„Es war richtig, richtig gut“, war Vanessa Schäfer am Ende rundum zufrieden, die gut gefüllten Müllsäcke sprachen für sich. „Ich hätte nicht mit dieser Resonanz gerechnet“, resümierte sie, dass das Bedürfnis, sich Menschen zum gemeinsamen Müllsammeln anzuschließen, definitiv da sei. Auch wenn das nur in Kleingruppen möglich war, sei doch ein Gemeinschaftsgefühl und Bewusstsein entstanden „mit der großen Gruppe etwas bewirken“ zu können.

Und so soll es nicht nur, wenn es nach Vanessa Schäfer geht, „auf jeden Fall“ eine Fortsetzung geben. Resonanz gab es von den Rückkehrern nach etwa zwei Stunden Sammeln jede Menge – inklusive dem einstimmigen Wunsch, sämtliche Teilnehmerkontaktdaten zu behalten, um bei Folgeaktionen informiert zu werden. Auch die Idee, den pädagogischen Charakter zu nutzen und ein Ferienprogramm zu entwickeln, wurde dabei angedacht.

Freie Autorin Freie Mitarbeiterin für Hockenheim und Umgebung rund um die Themen Kultur, Religion sowie Land und Leute.

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