Bürgerinformationsveranstaltung

Hockenheims OB zum Aquadrom: „Defizit ist einfach zu hoch“

Bei der Bürgerversammlung in der Hockenheimer Stadthalle wollten die Leute wissen, wie es mit dem Aquadrom weitergehen könnte – Oberbürgermeister Marcus Zeitler sprach auch das Thema Schließung an.

Von 
Matthias Mühleisen
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Rund 200 Menschen sind in die Stadthalle gekommen, um sich über die Möglichkeiten für die Zukunftssicherung des Aquadroms zu informieren. OB Marcus Zeitler gibt einen Überblick zur Lage © Dorothea Lenhardt

Hockenheim. „Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist zwölf“ – Oberbürgermeister Marcus Zeitler hat am Mittwochabend in der Stadthalle deutlich gemacht, dass Stadt und Stadtwerke in Sachen Aquadrom handeln müssen, weil sie das Defizit aus dem Betrieb nicht mehr tragen können. Welche Wege es für die Zukunft gibt, stellten er und Christian Kuhn von der Deutschen Sportstättenbetriebs- und Planungsgesellschaft mbH & Co KG in verschiedenen Varianten vor.

Trotz des Minus von voraussichtlich 4,2 Millionen Euro im vergangenen Jahr machte Zeitler deutlich: Eine Schließung ist für ihn keine Option, denn sie wäre mit erheblichen Kosten verbunden – ganz abgesehen von der Daseinsvorsorge für die Bürger, Schüler und Vereine, die plötzlich fehlen würde. „Wenn Sie uns helfen wollen, besuchen Sie das Aquadrom“, machte der OB deutlich, dass er mit der (zuletzt 2020 ermittelten) Quote von 29 Prozent der Besucher aus Hockenheim nicht zufrieden ist.

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Marcus Zeitler machte aber auch deutlich, wen er in erster Linie in der Verantwortung für den Erhalt sieht: „Wir werden es ohne Fördertöpfe von Bund und Land nicht schaffen, und wir brauchen keine einmalige Unterstützung, wir brauchen eine dauerhafte.“

Bäder sind durch ihre Ausrichtung ein Risiko für die Kommunen

Schwimmbäder gehörten zu den großen betriebswirtschaftlichen Risiken im Bereich der öffentlichen Verwaltung. Kommunale Bäder, zumeist in die Jahre gekommen, erwirtschafteten aufgrund ihrer Ausrichtung ein Defizit – das Freizeitbad Aquadrom sei hierbei keine Ausnahme. Die Stadtwerke Hockenheim betreiben das Bad seit 1981 als Sparte, doch so prekär wie jetzt sei die Lage noch nie gewesen, die Stadt habe den Stadtwerken eine Million Euro zahlen müssen, um das negative Ergebnis auszugleichen.

Das sind die vorgestellten Varianten für den künftigen Aquadrom-Betrieb

  • Variante 1Fortbetrieb im Bestand : In bisheriger Ausrichtung ist laut Prognose mittelfristig bis 2030 von einem jährlichen Minus von 6 bis 7 Millionen Euro auszugehen. Dazu kämen notwendige Investitionen bis 2030 von hochgerechnet 17,5 Millionen Euro . Alternativ müssten Angebote wegfallen.
  • Variante 2Sport- und Vereinsbad mit zusätzlichen Angeboten: Neuausrichtung mit Bestandsbecken sowie neuen Becken , Rutschen und Saunaerweiterung Für Bestandssicherung, Teilabbruch, Neubau und Saunaerweiterung müssten rund 50 Millionen Euro investiert werden, der Zuschussbedarf für den laufenden Betrieb wird auf rund 3,5 Millionen Euro pro Jahr geschätzt.
  • Variante 3 Daseinsvorsorge Sport- und Vereinsbad mit Eltern-Kind-Becken. Hier läge der Fokus auf Schulschwimmen , Vereinsschwimmen und Angebote für die Öffentlichkeit. In Bestandssicherung, Teilabbruch und Neubau müssten rund 17 Millionen Euro fließen, der Zuschussbedarf für den laufenden Betrieb liegt laut Prognose bei rund 2,1 Millionen Euro pro Jahr .
  • Keine Alternative : die sofortige vollumfängliche Schließung des Bades. Mit dem „Umdrehen“ des Schlüssels würden die finanziellen Verpflichtungen nicht sofort wegfallen , erläuterte der OB. Zu berücksichtigen wären die Themen Restbuchwert , laufende Personalaufwendungen /Erstellung eines Personalverwendungskonzeptes, Wegfall steuerlicher Querverbund , Abrisskosten und vieles mehr – wirtschaftlich nicht darstellbar . mm

Das Aquadrom bewege sich seit jeher in der Betriebsführung im Spannungsfeld zwischen hohen Betriebskosten, der Notwendigkeit ständiger Investitionen sowie der Verpflichtung zu „sozialadäquaten“ Eintrittspreisen und der teilweisen Abdeckung von Angeboten der Daseinsvorsorge (Schul- und Vereinsschwimmen).

Einen Bürgerrat sieht der OB nicht als geeigneten Weg, um die Zukunftsausrichtung des Bads zu bestimmen. Dafür sei der Gemeinderat das richtige Gremium. Von den vorgestellten Varianten habe der Gemeinderat die dritte favorisiert. Wir werden in der morgigen Ausgabe und online weiter berichten,

Das sind die Zahlen zum Aquadrom in den vergangenen Jahren

Das Defizit aus dem laufenden Betrieb ist seit 2019 kontinuierlich gestiegen mit einer kleinen Pause.

2019: minus 2,557 Millionen Euro

2020: minus 2,710 Millionen Euro

2021: minus 3,442 Millionen Euro

2022: minus 3,590 Millionen Euro

2023 minus 3,508 Millionen Euro

2024 minus 4,200 Millionen Euro (laut Hochrechnung).

Die Besucherzahlen haben sich so entwickelt:

2019: 280.049, 2020: 45.904

2021: 133.121, 2022: 168.101

2023: 239.248, 2024: 231.591.

Dabei gelten nur 2019 und 2023 als „normale“ Jahre, denn es gab pandemiebedingte komplette Schließungsphasen des Bades von April bis Dezember 2020, Januar bis Mai 2021 sowie von Januar bis März 2022. Dazu kam die Schließzeit des Hallenbads aufgrund technischer Problemstellungen von Oktober 2024 bis Juli 2025.

Investitionen ins Freizeitbad:

2019: 865.000 Euro

2020: 675.000 Euro

2021: 628.000 Euro

2022: 181.000 Euro

2023: 387.000 Euro

2024: 291.000 Euro (aktueller Buchungsstand). mm

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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