Hockenheim. Selbstredend schwingt Heimatliebe in der Luft, wenn die Wahlberlinerin Meta Hüper „Die Knef“ gibt. Die Heimatliebe ist ein fester Bestandteil in den Liedern, den Oden an die heutige Hauptstadt, von Hildegard Knef, die in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. 100 Prozent Knef und dank perfekter Eigennote, mit der Hüper die Lieder auf eine neue Ebene hebt, gab es ein paar ordentliche Prozentchen Musikgenuss für Chansonfreunde obendrauf in der Stadthalle.
Das Publikum honorierte bereits die ersten Töne mit viel Applaus und Lobespfiffen – der ultimativen Aufforderung für mehr. Das zu geben, war Programm für Meta Hüper, die ganz im Stil der 1920er-Jahre gekleidet auf die Bühne zur Band kam – mit Markus Syperek am Piano, Tobias Backhaus am Schlagzeug. Andreas Henze am Kontrabass, Adrian Tully an Saxophonen, Querflöte und vielem mehr. Mit Hut, versteht sich. Sind ihre klar definierten Vorbilder Hildegard Knef, Marlene Dietrich und auch Edith Piaf doch die Frauen, deren Lieder, Filme und Biografien man auch in den 2000ern noch kennt, die markante Stimmen hatten, Outfits trugen, die Generationen prägten und diese gewisse geheimnisvolle Nonchalance ihrer Zeit verkörperten.
Schon wenige Töne verursachen Gänsehaut
Meta Hüper plauderte von ihrer ersten Begegnung mit Hildegard Knef, damals, als sie selbst erst 16 Jahre alt war. Sie gestand: „Das war so beeindruckend, diese Frau mit den immensen falschen Wimpern in Schwarz, diese sonore Stimme.“ Für die Jugendliche war da schon klar, dass sie singen, in der Musik ihre Profession finden wird. „Nichts haut mich um“, der Knef-Song, den die Chansonnière mit dem Faible für Cole Porter, einst interpretierte, scheint als Intro zum amüsant-beschwingten Abend gleich Lebensmotto von Hüper und Knef. Acht Töne klangen kurz darauf an, verursachten Gänsehaut.
Dann diese Stimme. „Leere bunte Zigarettenschachteln …“, Worte, die markant sind für „In dieser Stadt“, diese gereimten inhaltsreichen Worte an Heimatstädte, die man als Kind erlebt, verlässt, später vielleicht besucht oder in sie wiederkehrt. „Hildegard Knef ist Umzugsqueen und in ihrem Leben rund 50-mal umgezogen, hatte allein in Berlin insgesamt 18 Wohnungen“, verriet Hüper. Melancholisch und doch melodiös, mit Worten, die unter die Haut gehen, feierte die Knef ihre großen Erfolge. Bekannt für ihre sehr persönlichen Worte, selbstironisch und zeitweilig düster interpretiert, immer in der Ich-Form geschrieben, hat Hildegard Knef oft den Stempel „egozentrisch“ erhalten. Wohl eines der Markenzeichen der Knef, die als UFA-Schauspielerin (Universum Film AG) anfing, in ihren Filmen und auf der Theaterbühne oft auch sang, als Synchronsprecherin arbeitete, ihre eigenen Liedtexte schrieb und als Schriftstellerin mehrere Veröffentlichungen hatte.
Die Neuinterpretionen der Ohrwürmer kommen gut an
Meta Hüper schlüpft nicht in die Rolle „Knef“, mit ihren ungezwungenen, von ihrer Leidenschaft geführten freudigen Tanzeinlagen, den stark akzentuierten Gesten, der perfekt eingesetzten Geige oder auch mal der singenden Säge, überzeugte die Künstlerin mit ihrer Hommage ans Original als moderne „Die Knef“. Die Zuhörer erfuhren von ihr viele Details über Hildegard Knef, dankten mit ordentlich Beifall und leichtem Summen zu den geliebten Liedern. Die multiple Künstlerin Hüper nahm das auf, suchte immer wieder nachfragend den Kontakt zum Publikum, das begeistert mitging. Auch zur Geschichte der Birke, die Hildegard Knef 1971 sang. Edvard Griegs „Morgenstimmung“ verlieh dem „Tapetenwechsel“ der Birke, die frischen Wind sucht und unterm Beil des Försters ihr Ende findet, einen Hauch Klassik, nachdem es mit Latin- und Funkelementen eine echte Verwandlung erfahren hatte.
Wie erfahren die Besucher diesen frischen Wind in alten Evergreens? Rosi, die mit Gatte Manfred aus Speyer gekommen war, sagte: „Richtig toll, man fühlt sich daheim in den Liedern, erlebt sie aber beschwingt neu.“ Die beiden, wie alle anderen Gäste, genossen deshalb auch das Finale mit dem Lied, das wohl jedem beim Namen Hildegard Knef ins Gedächtnis kommt: „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, was es dann auch in der Realität der abendlich in dezentes Licht getauchten Stadthalle tat, denn die langstieligen Königinnen der Blumen in sattem Rot flogen Meta Hüper aus dem Auditorium zu. Strahlend nahm sie die Rosen entgegen, hielt sie dicht an sich gepresst während sie sang - eindrucksvoll.
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