Hockenheim. Vor neun Jahren haben sich Andrea Tewes, Gisela Späth und Nina Kruse gedacht, gemeinsam geht vieles besser und die Künstlergruppe „AnGiNi“ (Kürzel gebildet aus den Anfangsbuchstaben der jeweiligen Vornamen) gegründet. Am vergangenen Wochenende haben sie zum neunjährigen Bestehen ihrer Gruppe die Öffentlichkeit zu einer Ausstellung in Späths Galeriehaus in der Karlsruher Straße 40 und in Krusers Atelier in den Gustav-Stresemann-Weg 34 eingeladen. Dabei kamen sie mit Besuchern ins Gespräch und führten in entspannter Atmosphäre in ihre Arbeitsweise ein.
Im Galeriehaus zeigte Gisela Späth Holzdrucke, Gouachen oder Collagen, die sie den Druckgrafiken von Andrea Tewes gegenüberstellte. Frischen, jugendlichen Elan versprühen die in bunten Farben glänzenden Bilder der Künstlerin Nina Kruser, die in ihrem Atelier zu bestaunen waren. So unterschiedlich ihre Werke auch sind, fühlen sich alle drei dem abstrakten Zugang verpflichtet.
Gisela Späth, Gründungsmitglied des Kunstvereins Hockenheim und bis 2020 dessen Leiterin, war in der Ausstellung mit mehr als zehn neuen Arbeiten vertreten. Links vom Eingang zu ihrer Galerie fiel unübersehbar eine Serie Holzdrucke ins Auge, die sie in dieser Form zum ersten Mal gemacht habe, wie sie selbst erklärte. „Hier habe ich die kleinen Reste einer Holzskulptur von Armin Göhringer, die der Bildhauer 2020 im Auftrag des Kunstvereins geschaffen hat, verwendet. Diese habe ich mit der Hand auf Kupferdruckpapier angedrückt, so dass dreidimensionalen Eindruck erzeugen.“
Künstlergruppe in Hockenheim: Deutung nach eigener Fantasie
Titel wie „Tanz“ oder „Silhouette“ geben zwar eine Interpretationsmöglichkeit vor, jedoch „kann der Betrachter sie nach eigener Fantasie deuten“, betonte Späth, „denn über Form und Oberfläche hinaus offenbaren sie unterschiedliche Sinnebenen.“ Beeindruckend ist Späths unglaubliche Produktivität, von der die zahllosen Bilder im hinteren Teil ihres Ateliers Zeugnis ablegen.
In Bildern mit Titeln wie „Kunstflug“, „Ginkgoblatt“ oder „Lotosblüte“ gelangte sie zur vollen künstlerischen Entfaltung. Die Arbeit „Schönheit des Vergänglichen“ steht für Unsterblichkeit, aber auch für Trauer und Schmerz, wie sie erklärte. Regelrecht in den Bann schlägt den Betrachter die „Landschaft ohne Zeit und Raum“, bei deren Entstehung sie Farbe und verschiedene Materialien verwendete, die den Fluss des Lebens suggerieren, das „Werden und Vergehen“.
Bis heute ist Späths Lust an der Farbe ungebrochen. Rot, Blau und Nuancen von Gelb zaubern in die Galerie eine stimmungsvolle Atmosphäre. Anregend wirkt das Rot einer Gouache, wo die Form einer Tulpe in Verbindung mit einfachen Farbflächen Sanftheit suggeriert wie auch die zarten Blattgerüste, die Späth ihren Gouachen beifügt.
Ergänzt wird die Ausstellung mit Druckgrafiken von Andrea Tewes, die seit Jahren ihre Arbeit bestimmen. „Ich arbeite in zwei großen Techniken: im Holzschnitt und in der Monotypie“, erzählte sie, „meine ersten Holzschnitte entstanden im Xylon noch unter dem kritischen Blick von Otto Mindhoff. Letztendlich war er es auch, der mich zum Holzschnitt gebracht hat.“ Sie komme aus der experimentellen Druckgrafik, ihr reiche es nicht, den Prozess des Druckens nach einer einzigen Vorlage zu beenden, „bei mir wird es erst danach richtig spannend“.
Stets habe sie nach Wegen gesucht, wie man weitermachen kann. 2018 habe sie diesen Weg gefunden und kombiniere die Druckgrafik mit Wachs. Dadurch wird das Bild transluzent. Anschließend kombiniere sie verschiedene Papiere wie in der Collage-Technik und schichte sie zu einem gemeinsamen Bild, sodass man das Gefühl hat, man steige in eine räumliche Tiefe ein. Exemplarisch dafür stehe die Werkgruppe mit dem Titel „Hier steh’ ich nun“, der Bezug nimmt zu einem Zitat aus Goethes Faust. Betrachtet man sie aus der Nähe, erkennt man im Hintergrund das Cover der Reclam-Schulausgabe von Goethes Meisterwerk.
Ein weiteres Bild mit dem Titel „Es lebe die Linie“, das zu einer Werkgruppe mit zwölf Bildern gehört, „ist ein klassischer Farbholzschnitt, der mit dem Verfahren der ,verlorenen Platte‘ entstanden ist“. Gegenüber dem traditionellen grafischen Druckverfahren arbeite sie mit einer einzigen Holzplatte, die sie mit Holzschnittwerkzeug so lange bearbeite, bis nur noch Linien da sind, die sie für den letzten Druck gebrauche. Am eindrücklichsten kommt dies im Bild „Es lebe die Linie“ zum Ausdruck. Spannend fand sie, dass die meisten Betrachter etwas Landschaftliches darin sahen, andere das Meer mit seiner magischen, sich bis zum Horizont erstreckenden Weite.
Verhaltensmuster hinterfragen
Fest in der Hockenheimer Kunstszene hat sich Nina Kruser etabliert, deren ausgestellte Werke von kompositorischer Meisterschaft und souveränem Umgang mit den unterschiedlichen Materialien zeugen. In ihrem Atelier weist sie insbesondere auf die Werkserie „Pattern“ hin und erklärte, dass dies Alltagsmuster sind, die unser Handeln bestimmen.
Mit diesen beeindruckenden Arbeiten, darunter eines mit dem Titel „Zeit für mich“, möchte sie den Betrachter dazu anregen, Muster menschlicher Verhaltensweisen zu hinterfragen. „Es sind nicht einfache abstrakte Formen, die sich überlagern“, sagte sie, „sondern Muster, die auf individueller Ebene einengen, aber auch das Überleben erleichtern.“
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim_artikel,-hockenheim-kuenstlergruppe-angini-praesentiert-in-hockenheim-ihre-werke-_arid,2266235.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.schwetzinger-zeitung.de/dossiers_dossier,-karlsruher-strasse-_dossierid,180.html
[2] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim.html