Hockenheim. Eigentlich wollte sie den Betroffenen nur helfen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal als Arbeit mache“, sagt Raisa Bart im Gespräch mit dieser Zeitung auf dem Schulhof der Pestalozzischule in Hockenheim. Als ZwölfjJährige sei sie aus Kasachstan nach Deutschland gekommen. „Ich kann mich in ihre Lage versetzen. Ich musste mich auch integrieren“, spricht sie über das Schicksal der auf dem Asphalt mit Kreide malenden Kinder. Heute hilft Bart im Auftrag des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) bei der Integration ukrainischer Geflüchteter in Hockenheim. Am Donnerstag hat sie eine Malaktion für die Kinder organisiert.
Für die rund zwei Stunden auf dem Schulhof könnten sie den oft schwierigen Alltag vergessen, „sie sollen einfach rauskommen, aktiv sein, sich an der frischen Luft bewegen“, erzählt sie. Hauptsächlich sei sie für Übersetzungen verantwortlich, leiste Unterstützung auf Ämtern oder im Krankheitsfall. „Letztens hat mich jemand am Sonntag aus dem Krankenhaus angerufen. Da habe ich gemerkt, dass ich die Arbeit nicht nur von Montag bis Freitag machen kann“, schildert die junge Frau emotional. Es gehe auch um seelische Hilfe, darum jemanden zum Reden zu haben.
Zu einem Teil ihrer Arbeit gehört auch die Organisation solcher Aktivitäten wie auf dem Schulhof. „Diese Veranstaltungen sind enorm wichtig für die Kinder. Ich begrüße und unterstütze das mit vollem Herzen“, würdigt der Integrationsbeauftragte der Stadt Hockenheim, Konrad Sommer, ihr Engagement. Als Bart nach Ausbruch des Krieges eine geflüchtete Familie in ihrer Privatwohnung aufgenommen hatte, war sie erstmals mit Sommer in Kontakt.
Obwohl die Kinder in der Sprachentwicklung viel schneller lernen würden als ihre Eltern, tun viele sich mit der neuen Sprache schwer, wie Bart berichtet. „Sie wissen nicht, ob sie vielleicht doch wieder zurückgehen.“
Um eine bessere Integration zu ermöglichen, tritt die Stadt Hockenheim in Person des Integrationsbeauftragten in vermittelnder und beratender Rolle auf. Als einzige Stadt im Rhein-Neckar-Kreis setze sie darauf, die ukrainischen Geflüchteten in den Mietwohnungen von Privatpersonen unterzubekommen. Die Mietkosten würden durch Sozialleistungen gedeckt. Auf diese Weise sei es bis dato gelungen, privaten Wohnraum für 170 Personen zu finden.
Bekannte Gesichter
Vernetzt ist eine ähnliche Anzahl ukrainischer Geflüchteter über verschiedene Chatgruppen. Die Einladung für die Malaktion habe Bart über eine dieser Gruppen versandt, dort gebe es auch Mitglieder aus den umliegenden Gemeinden. „Leider haben die Leute oft kein Auto und können deshalb nicht herkommen“, klagt sie.
Die im Schulhof malenden Kinder kenne sie größtenteils, „die kommen auch zu mir ins Atelier“. Neben ihrer Tätigkeit beim DRK betreibt Bart nämlich als zweites Standbein ein Kunstatelier in Hockenheim. Auch dort bietet sie regelmäßig kleine Veranstaltungen an, die von Geflüchteten gut angenommen werden. Malen und Sport seien eigentlich ihre Stärken, „in das Dolmetschen bin ich so reingerutscht“.
Was Sprache und Integration angehe, sei man „aus dem Gröbsten raus“, beschreibt Sommer. Deutschlandweit sei der Zustrom an Menschen aus der Ukraine aktuell geringer als prognostiziert. „Eine Plattform, um aktiv Integration zu betreiben“ sei das Café Komm im Lutherhaus, das zweimal die Woche (dienstags und samstags) geöffnet hat und wo es einen regen Zulauf an ukrainischen Geflüchteten gebe.
Hervorheben möchte der Integrationsbeauftragte aber das Engagement von Raisa Bart und ihrer Kollegin Oksana Friedmann. „Sobald die beiden eine Idee haben, schauen wir zusammen, dass wir das realisieren“. Und Raisa Bart sprüht nur so vor Ideen.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/startseite_artikel,-hockenheim-malaktion-fuer-ukrainische-kinder-in-hockenheim-_arid,2105508.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/hockenheim.html