Stadthalle

Marcus Zeitler spricht beim Neujahrsempfang in Hockenheim

Beim ersten Neujahrsempfang nach lange Corona-Pause blickt Oberbürgermeister Marcus Zeitler auf die vergangenen drei Jahre zurück. Zum Abschluss gibt es noch eine actiongeladene Überraschung, die einer Rennstadt würdig ist.

Von 
Matthias Mühleisen
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Vom Publikum bejubelt: Die Junior Devils Cheerleader des HSV Hockenheim zeigen akrobatische Leistungen. © Dorothea Lenhardt

Selbst ein OB hält nicht immer, was er ankündigt. „Ein bisschen anders, ein bisschen lauter, ein bisschen unkalkulierbarer“ als seine Vorgänger sollte der Neujahrsempfang 2023 der Großen Kreisstadt Hockenheim werden. In Wahrheit wurde er ganz anders, viel lauter und völlig unberechenbar. Zum krönenden Abschluss erklomm Motorradrennfahrer Nicolai Kraft auf seiner Enduro die Bühne und sorgte dafür, dass jedem in der Stadthalle sensorisch bewusst wurde, dass diese in einer Rennstadt steht.

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Hockenheim: Neujahrsempfang 2023 ein bisschen anders

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Ein Prädikat hatte Marcus Zeitler in seiner Vorschau unterschlagen: „ein bisschen länger“. Bis zu seinem Schlusswort dauerte das Programm knapp zwei Stunden, eine davon füllte der OB ganz alleine. Wie bei seiner Premiere zum Jahresauftakt 2020 ohne Redemanuskript im freien Vortrag holte Zeitler nach, was er in den vergangenen beiden Jahren an Erläuterungen zur Arbeit von Verwaltung und Gemeinderat hatte aufschieben müssen.

Neujahrsempfang in Hockenheim: Keineswegs nur Corona-Stillstand

Anders und unkalkulierbar sei auch das Zusammenleben der vergangenen drei Jahre gewesen, blickte der OB zurück und gestand, dass ihm die Feste und Begegnungen gefehlt hatten. Die bildreiche Präsentation, die er mit seinem Team vorbereitet hatte, sollte aber zeigen, dass Corona nicht nur für Stillstand gesorgt hat und dass trotz des Virus viele Entscheidungen getroffen worden sind – viele auch über Kompromisse. Dabei habe stets das Allgemeinwohl im Vordergrund gestanden: „Der Weg zum Misserfolg beginnt mit dem Versuch, es allen recht zu machen.“

Rückschau auf drei Jahre: OB Marcus Zeitler hält sie ohne Skript. © Dorothea Lenhardt

Neujahrsempfang in Hockenheim: Testen, impfen, digitalisieren

Und schon war das Stadtoberhaupt mittendrin in der Rückschau, die mit der Einweihung des Hochwasserschutz- und Ökologieprojekts 2020 begann. Beim Blick auf den Fasnachtsumzug 2020 versprach Zeitler den Narren, dass bis zum Umzug dieses Jahr der Kran aus der Rathausstraße weg sei. Nur einen Monat nach dem 2020er-Vergnügen sorgte die Pandemie dafür, dass auf die von tausenden Besuchern gesäumten Straßen leere Hallen folgten.

Der Oberbürgermeister erinnerte an den Aufbau von Test- und Impf- zentren in den Gemeinden, in denen letztlich die gesamte Bevölkerung durchgeimpft worden sei. Das Virus habe in einigen Bereichen die Entwicklung beschleunigt, vor allem in Sachen Digitalisierung. Der Bürgerservice sei ausgebaut worden – auch baulich im Rathaus, wo die Räume im Eingangsbereich jetzt heller und freundlicher gestaltet seien. Zugleich bat Zeitler um Verständnis, dass die Verwaltung von den Anforderungen durch Corona anfangs überrollt worden sei.

Der Umbau des Bürgersaals sei auch vor dem Hintergrund erfolgt, dass bei einer Fortdauer der Pandemie nicht sichergestellt gewesen sei, dass der Gemeinderat gültige Beschlüsse treffen kann. Modernste Technik, für die unter anderem 13 Kilometer Kabel verlegt wurden, sorgten nun dafür, dass Öffentlichkeit bei Bedarf durch die Übertragung von Sitzungen per Streaming hergestellt werden könne.

Randnotizen beim Hockenheimer Neujahrsempang

  • Ehrung für bürgerschaftliches Engagement: Seit 2013 hat die Stadt bei ihren Neujahrsempfängen Menschen ausgezeichnet, die sich um das Gemeinwesen besonders verdient gemacht haben. Dass diesmal die Ehrung ausgesetzt wurde, bedeutet nicht, dass es keinen Einsatz mehr gibt, betont Christoph Henninger, persönlicher Referenz des OB. Nächstes Mal soll das Engagement wieder gewürdigt werden.
  • Ums Wohl der Gäste besorgt: 300 Laugenstangen und 300 Brezeln servierte das Team der Stadthalle zur Stärkung. 20 Mitarbeiter, zehn davon im Service und vier in der Küche, sorgten für Nachschub im Lauf des Abends auch mit Bier, Wein, Wasser und Softdrinks.
  • 500 Stühle platziert: Weil eine große Anzahl von Ehrengästen ihr Kommen zugesagt hatte, hat das Team der Stadthalle 500 Stühle platziert – schließlich dauerte das Programm des Abends auch länger als bei reinen Neujahrsreden des OB.
  • Mehr Groove denn je: So nah an einer Party war noch kein städtischer Neujahrsempfang. Die Hockenheimer Band „Me and the Heat“ sorgte für Konzertatmosphäre mit Titeln wie „Lovely Day“, „Urgent“ von Foreigner, „Papa was a Rolling Stone“ oder „Ab in den Süden“ von Buddy und DJ The Wave. Da wurde musikalisch geklotzt und nicht gekleckert.
  • Temperament und Akrobatik: Dass in der Kürze die Würze liegen kann, zeigten die Junior Devils Cheerleader des HSV Hockenheim. Ihr Auftritt dauerte nur wenige Minuten, wurde aber frenetisch bejubelt – zu Recht.

Immer wieder nahm Marcus Zeitler während seines Vortrags Kritik auf, die an Entscheidungen des Gemeinderats geübt wurde. Beispielsweise an der 200 000 Euro teueren Verkleidung der Container für die Schule am Kraichbach. Diese verlängere aber die Lebensdauer der Anlage um sechs bis acht Jahre. Die Gesamtausgabe von 5,83 Millionen Euro für die Container habe die Voraussetzung geschaffen für die Sanierung des Schulzentrums und die Neuorganisation des Schulcampus.

Neujahrsempfang in Hockenheim: Bekenntnis zum Aquadrom

Lange Zeit Corona-bedingt geschlossen war das Aquadrom, laut Zeitler „das schönste Schwimmbad in Baden-Württemberg mit einem jährlichen Defizit von 3,5 Millionen Euro“. Die Stadtwerke hätten die Schließung für umfassende Sanierungsarbeiten genutzt. Dass nur 21,5 Prozent der Besucher Hockenheimer sind, will er nicht hinnehmen. Das Aquadrom gehöre zu Hockenheim und bleibe in Hockenheim, doch müsse entschieden werden, ob es in diesen Dimensionen bestehen könne. Ein Konzept zur Verschlankung sei in Arbeit. Für den Schwimmunterricht sei es unverzichtbar.

Neujahrsempfang in Hockenheim: Neuer Einkaufsmarkt im April

Im zweiten Teil seines Vortrags sprang der OB schneller zwischen den Themen, kam von der Anschaffung neuer Feuerwehrfahrzeuge („Sie, die Bürger der Stadt, kriegen das neue Auto – nicht die Feuerwehr“), rasch zur Baustelle Obere Hauptstraße, die im April oder Mai komplett fertig sein werde und für die sieben Millionen Euro verbaut worden seien. Die im November begonnene Errichtung des Skateparks verteidigte er nachdrücklich – man müsse Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zum Austoben geben. Er räumte ein, „der Spaß kostet einen Haufen Geld“, verwies aber auch auf 120 000 Euro Spenden, die dafür zusammengetragen worden seien.

Volles Haus in der Stadthalle: 500 Stühle sind zum Neujahrsempfang im großen Saal aufgestellt worden – deutlich mehr als bei Neujahrsempfängen in den Jahren zuvor. © Dorothea Lenhardt

Im Zusammenhang mit dem Hockenheimer Mai bereitet Zeitler Sorgen, dass den Vereinen immer mehr die Helfer ausgehen, so dass einige ihre Teilnahme absagen mussten. Er appellierte, Werbung für Engagement in den Vereinen zu machen, wo immer es geht.

Als großen Erfolg schilderte der Oberbürgermeister die Indienststellung der neuen Wohnungslosenunterkunft beim DRK im Auchtergrund, die ermöglichte, dass die marode Containerbaracke im Hofweg endlich abgerissen werden konnte.

Eine gute Nachricht aus dem Bereich der Wirtschaftsförderung verkündete Zeitler für die Nahversorgung. Ab April soll ein neuer Einkaufsmarkt in der Ortsmitte öffnen, wo vor einigen Jahren der „Treff 3000“ geschlossen hat.

Relativ spät in seinem umfassenden Rückblick kam der OB auf den Hockenheimring zu sprechen. Seit Jahren erhalte die Rennstrecke keinen Euro aus dem städtischen Haushalt mehr, habe im vergangenen Jahr ein positives Ergebnis im Millionenbereich erwirtschaftet und dadurch Sondertilgungen ermöglicht. Seine Zukunftssicherung sei eine große Herausforderung, die nur mit neuen Unterstützern gelinge. Manchen Bürgern sei die Rennstrecke zu laut oder nicht klimaneutral genug, doch Zeitler unterstrich: „Sie gehört nun mal zu Hockenheim – und das seit 90 Jahren.“

Erster Motorradfahrer auf der Bühne: Nicolai Kraft. © Dorothea Lenhardt

Weitere Aspekte im einstündigen Bilderspaziergang des OB waren millionenschwere Neubau- und Sanierungsmaßnahmen im Schul- und Kindergartenbereich und der erste hauptamtliche Feuerwehrkommandant in der Geschichte der Stadt.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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