Hockenheim. „Ich hab noch einen Koffer in Hockenheim“, wird es im September in der Stadthalle heißen, wenn die aus Hannover stammende Meta Hüper unter dem Titel „Knef reloaded“ der einzigartigen Schauspielerin, Chansonsängerin und Autorin Hildegard Knef zu deren 100. Geburtstag ein musikalisches Denkmal setzt. Als Promo-Auftritt gab die charismatische Hüper mit einem kleinen musikalischen Leckerbissen in der Sommerausstellung „Schwingungen“ des Hockenheimer Kunstvereins im „Rondeau“ mit einem rund einstündigen Streifzug durch das Chanson vergangener und moderner Zeiten einen Appetitanreger.
Der war weit mehr als ein kleines Amuse-Gueule für einen größeren Auftritt: Die Künstlerin, die mit Till Brönner oder Max Raabe auf internationalen Bühnen stand und aktuell mit der Hauptstadtrevue „Berlin, Du coole Sau!“ im „Tipi am Kanzleramt“, der größten stationären Zeltbühne Europas, gastiert, hat den Hockenheimer Kunstfreunden ein kleines ganz eigenes Konzerterlebnis in privater Atmosphäre geschenkt.
Beim Kunstverein geht es nicht nur um Nummern von Hildegard Knef
Dabei waren Chansonklassiker wie der Urvater des Genres, der von Charles Dumont komponierte und von Michel Vaucaire getextete Edith-Piaf-Hit „Non, je ne regrette rien“, der als bekanntester Chanson weltweit gilt, ebenso zu hören wie „Tango pour Claude“, ein Tango Nuevo des französischen Jazzakkordeonisten und Komponisten Richard Galliano, das schwungvoll-lebendige, von fröhlichem Pfeifen begleitete „Je ne veux pas travailler“ der US-Band „Pink Martini“ oder – durchaus augenzwinkernd – der Louis-Prima-Song „Buona Sera“, dessen Original aus 1956 erst durch Adriano Celentano rund 20 Jahre später zum Welthit wurde.
Als lang herbeigeklatschte Zugabe mischte die Frau mit der bezaubernden Stimme als letzten Gruß aus der Klangküche „Nessun dorma“ aus Puccinis Oper „Turandot“ mit Rudi Schurickes „Caprifischern“ und einem eindringlichen „Time to say goodbye“ auf der Singenden Säge.
Meta Hüper lässt sich ungern auf ein Genre festlegen
„Ich lasse mich ungern auf ein Genre festlegen“, feixte der musikalische Tausendsassa folgerichtig in Erinnerung an die Kindheit irgendwo zwischen James Last, Roy Black und klassischer Musik, am liebsten aus dem Grammophonschrank in Schellack. Sagt’s und gibt – in nostalgischem Oldstyle-Sound durch ein Megaphon - Peter Kreuders „Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt“, das in der Knef-Interpretation fraglos am bekanntesten ist, im Original von Greta Keller, später aber auch von Udo Lindenberg gegeben wurde.
Mit den Kindheitserinnerungen wechselte Hüpers zum Werbeblock für ihren großen Auftritt im Herbst: Mit 13 Jahren hatte sie die 1992 aufgenommene Rockversion von Hildegard Knefs Klassiker „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ mit „Extrabreit“, der kommerziell erfolgreichsten Neue-Deutsche-Welle-Band der 1980er Jahre, gehört, die im Folgejahr 22 Wochen in den deutschen Charts platziert war. Später hatte Meta Hüper bei der Einspielung einer Knef-Platte im Orchester gesessen – eine Verbindung also, die weit über das reine Mögen hinausgeht und die jedem der Knef-Titel, die sie als Teaser präsentierte, anzumerken war.
Ausschnitte versprechen ganz eigene Interpretation der großen Diva
Neben dem 1968 veröffentlichten Knef-Markenzeichen, das auch in Hüpers Version absoluter Gänsehautgarant war, präsentierte die Sängerin in der Kunstausstellung – ein Ort, der angesichts der biografischen Pointe, das sich die Knef vor ihrer Karriere als Malerin versuchte, besonders passend war - „17 Millimeter fehlten mir zum Glück“. Der Titel kreist um verpasste Chancen als Beispiel für die tiefgründig-sarkastischen Texte der Urmutter des deutschen Chansons. „Ich brauch‘ Tapetenwechsel“ mit grandiosem Esprit und eine Verschränkung der „Illusionen in Moll“ aus dem 1952 erschienenen gleichnamigen Rudolf-Jugert-Film mit Knef und Hardy Krüger in den Hauptrollen sowie „La Bohème“ von Charles Aznavour mit Singender Säge liefern einen kleinen Ausschnitt aus „Knef reloaded“, das eine ganz eigene Interpretation der großen Diva verspricht.
Dabei ist Meta Hüpers Performance auch ohne große Bühnentechnik, ganz ohne Bühne gar, hochauthentisch, berührend und faszinierend zugleich. Die natürliche Stimme, die einlullen kann, aber auch aufrütteln und mitreißen, die kristallklare Absprache und der ungezwungene, eloquente Körpereinsatz lassen tatsächlich viel von dem in Erinnerung kommen, was dereinst die Knef, die stimmlich wie von der Bühnenpräsenz her ein Unikum und Phänomen war, so großartig gemacht hat.
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Dabei ist Meta Hüper auch eine fantasievolle Geigerin, begleitet sich am Cello-Bass oder lässt die Säge singen – stets aufs Beste klanglich eingerahmt von Jens Schlichting. Der gefeierte Stummfilmpianist versteht es dabei, jede emotionale Nuance aufzunehmen und zu unterstreichen und wurde auf diese Weise zum kongenialen Musikpartner der Hüper. Eine Stunde sprühendes Leben, feinsinnige Tiefe und verblüffende Wendungen als beste Werbung für den großen Auftritt, der die Fans, zu denen viele im Publikum geworden sind, am 26. September erwartet.
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