Bürgerbeteiligung - Rund 20 Teilnehmer diskutieren digital über Verkehrskonzept, das den Belangen aller Beteiligten gerecht wird / OB verspricht Umsetzung

Mobilität muss umweltverträglich sein

Von 
Stefan Kern
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Welche Wege soll der Verkehr künftig durch die Innenstadt nehmen? Die neue Brücke über den Kraichbach (l. u.) eröffnet beispielsweise Möglichkeiten in der Karlsruher Straße. © Venus

Was sich hinter dem Begriff klimafreundliches Mobilitätskonzept versteckt, hört sich im ersten Augenblick nach der Quadratur des Kreises an. Zum einen soll der städtische Kfz-Verkehr möglichst weit zurückgedrängt werden und zugleich soll die Mobilität erhalten, ja sogar ausgebaut werden. Doch das sei nur scheinbar ein Widerspruch, erklärte Sebastian Hofer vom Planungsbüro „R+T“ bei einer digitalen Bürgerbeteiligung mit rund 20 Teilnehmern.

Anders als früher gehe es bei der Mobilität nicht mehr nur um die schnelle Fahrt von A nach B. Es gehe um die Belange aller im öffentlichen Raum. Also um die Sicherheit für Fußgänger und Fahrradfahrer, die Aufenthaltsqualität, den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) und nicht zuletzt um den Klimaschutz. In der Folge berühre das Themen wie Entschleunigung, Stadt der kurzen Wege und vor allem mehr Platz für Menschen auf Kosten von Pkws.

Alles Ziele, so viel vorab, die in dieser digitalen Bürgerrunde im Grundsatz unstrittig erschienen. Keiner der Teilnehmer bezweifelte, dass für den Verkehr in der Rennstadt die Weichen neu gestellt werden müssen.

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Bevor sich die Planer von „R+T“ gemeinsam mit den Bürgern an die Konzeptarbeit wagten, versicherte Oberbürgermeister Marcus Zeitler, dass dieses Engagement für die Zukunft der Stadt einen Unterschied mache. „Das wird kein Konzept für die Schublade, sondern eins, das etwas ändert.“ Worte, die Zeitler explizit als Versprechen verstanden wissen will. Es habe mit diesem Konzept schon Form angenommen.

Reduktion in der Innenstadt

Kurz erläuterte Hofer einige Punkte rund um Fußgänger, Radfahrer, ruhenden und fließenden Verkehr sowie ÖPNV. Entscheidend sei, dass es kein auf einen bestimmten Verkehrsträger ausgerichtetes Konzept sei. Die stärkste Prämisse, erläuterte der Fachbereichsleiter Bauen und Wohnen im Rathaus, Christian Engel, sei der Klimaschutz, der in der Folge natürlich eine Reduktion des motorisierten Verkehrs zum Ziel habe. Hofer nennt das „die Mobilität so stadt- und umweltverträglich wie nur möglich machen“.

Dabei betonte er, dass für die Innenstadt keine autofreie Zone geplant sei. Ziel sei es, den Durchgangsverkehr auf überörtlichen Straßen zu bündeln und in der Stadt alle anderen Fortbewegungsarten deutlich attraktiver zu gestalten. Dazu gehöre neben der Infrastruktur, so ein Bürger, aber auch „eine lebendige Innenstadt“. Eine Stadt der kurzen Wege brauche auch entsprechende Angebote der Kultur und Nahversorgung.

Alles zusammen würde sich am Ende, so Hofer, auch positiv auf die Aufenthaltsqualität auswirken. Wichtig sei, dass die ganze Stadt in den Blick genommen werde. Ein Flickenteppich aus verschiedenen Lösungen würde nur der Akzeptanz schaden. Umweltverträgliche und vor allem gelingende Mobilität setze voraus, dass der Bürger die Verbesserungen durchgängig erlebe.

Hofer legte dar, was an bisherigen Vorschlägen auf dem Tisch liege. Es waren Ideen zum Tempo 30 im inneren Stadtbereich, ein Plan für den ruhenden Verkehr, um zugeparkte Gehwege zu vermeiden, der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos und mehr Einbahnstraßen.

Immer wieder aufgetaucht seien die Forderungen nach der Umgestaltung des Bahnhofareals, des Stadteingangs Karlsruher Straße und des Knotenpunktes beim Med-Center. Darüber hinaus gehöre aus Bürgersicht der ganze Bereich Obere Hauptstraße bis Obere Mühlstraße aufgewertet. Allgemein bestand Einigkeit darüber, dass die Aufenthaltsqualität verbessert werden muss.

Alternativen zum Auto verbessern

Darüber hinaus braucht es bessere Fahrradwege nach Schwetzingen, Speyer und Walldorf sowie nach Alt-, Neulußheim und Reilingen. Und natürlich auch einen Ausbau des ÖPNV, des Carsharings und der Fahrradleihsysteme. Eine klare Absage bekam hier die Idee, Radfahrern wieder zu verbieten, die Einbahnstraße in der falschen Richtung benutzen zu dürfen. „Dafür haben wir lange gekämpft“, so ein Teilnehmer des Online-Forums. Darüber hinaus würde es dem Ziel, Stadt der kurzen Wege, entgegenstehen.

Vermisst wurde in dem Konzept der Hockenheimring. Wenn man die CO2-Emissionen senken wolle, müsse man auch den Ring in den Blick nehmen – und zwar sowohl die Rennen selbst als auch die An- und Abfahrt Zehntausender Fans. Aus Sicht nicht weniger hier würde sich der Ring gut als Innovationsraum für die Mobilität der Zukunft eignen.

Natürlich ein Thema, so Engel. Aber zentral seien die vielen kleinen Schritten, die die Stadt am Ende rund um nachhaltige Mobilität und Klimaschutz voranbrächten. Zwei Stunden dauerte die Online-Konferenz und sie wurde von den Teilnehmern durchweg als gelungen bewertet.

Bis 19. April, erläuterte Stefanie Simonis von der Stadtverwaltung, könnten die Pläne im Netz unter www.mitmachen-hockenheim.de oder auch in den Fenstern der Stadthalle und im Schaukasten vor der Stadtbibliothek eingesehen werden. Und natürlich könnten bis dahin auch weitere Vorschläge eingebracht werden. Bis im Sommer, so die Planungen, soll das Konzept dann dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorgelegt werden, sodass ersten Maßnahmen dann nichts mehr im Wege stünde.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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