Hockenheim. Es ist ein „Schlüsselgrundstück“ für die weitere Innenstadtentwicklung. Für die Neuausrichtung des Quartiers zwischen Oberer Hauptstraße, Karlsruher Straße, Zehntscheune und Unterer Mühlstraße nimmt der Bereich des ehemaligen Hotels „Kanne“ eine wichtige Rolle ein. Seit Jahren bemüht sich die Stadt, die Grundstücke dort in ihren Besitz zu bekommen. Nun droht ihr ausgerechnet bei der „Kanne“ ein Rückschlag: Der Verwaltungsgerichtshof hat in zweiter Instanz ihr Vorkaufsrecht „kassiert“, dessen Ausübung der Gemeinderat im September 2019 beschlossen hatte.
Oberbürgermeister Marcus Zeitler bestätigt die juristische Niederlage der Stadt: „Der Käufer des ,Kanne’-Areals hatte im Jahr 2020 Klage gegen den Bescheid eingelegt, mit dem die Stadt das Vorkaufsrecht an dem Grundstück ausgeübt hat. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage im Jahr 2021 abgewiesen und zugunsten der Stadt entschieden. Auf die Berufung des Käufers hat nun der Verwaltungsgerichtshof aber dem Käufer recht gegeben. Zum einen soll er nicht ausreichend zu seinen Belangen angehört worden sein. Zum anderen hätte die Stadt seine bereits vor dem Notartermin mit der Verkäuferin getätigten Investitionen für Renovierungsarbeiten im Rahmen des Ermessens berücksichtigen müssen. Wir haben ein Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Parallel prüfen wir eine einvernehmliche Lösung mit dem Käufer.“
Einzelhandelsschwerpunkt geplant
Dass der Stadt so viel an dem Anwesen liegt, geht weniger auf dessen historische Bedeutung zurück. Seine Ursprünge reichen zwar bis in das Jahr 1622 zurück, das Haus, das nicht unter Denkmalschutz steht, wurde allerdings mehrfach umgebaut und erweitert und stellt architektonisch kein Schmuckstück dar.
Allerdings soll gerade das „Kanne“-Areal an zentraler Stelle „als Einzelhandelsschwerpunkt für Betriebe mit großer Magnetwirkung für die Innenstadt mitsamt einer städtebaulichen Neuordnung des Areals“ weiterentwickelt werden, lautet die Planung.
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich der 2014 vom Gemeinderat beschlossenen Satzung „Stadtmitte II“ über ein besonderes Vorkaufsrecht. Der Satzungsbeschluss hatte zum Ziel, „nach der erfolgten Aufwertung des Bereichs um die wiederaufgebaute Zehntscheune auch die angrenzenden Flächen städtebaulich aufzuwerten und damit einen wesentlichen Impuls für die Erhaltung und Entwicklung der Funktionsfähigkeit der Hockenheimer Innenstadt zu leisten“, erläuterte die Verwaltung vorm Kaufbeschluss 2019.
Kurz vor der „Kanne“ hatte die Stadt auch im Juli 2019 für das Anwesen Obere Hauptstraße 2a ihr Vorkaufsrecht ausgeübt. 600 000 Euro wurden für das Gebäude und das 414 Quadratmeter große Grundstück damals fällig. Mit dem Kauf der „Kanne“ tat sich der Gemeinderat schon schwerer. 1,35 Millionen Euro sowie die anfallende Grunderwerbssteuer und die Notargebühren taten manchem Stadtrat weh, zumal das Gebäude abbruchreif sei.
Für Unterbringung zu marode
Vom schlechten Zustand hatte das Gremium im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise 2016 erfahren. Es seien sehr hohe Investitionen nötig, um Geflüchtete dort unterbringen zu können, hieß es damals, und der Rhein-Neckar-Kreis erstatte die Kosten nur maximal in Höhe der ortsüblichen Miete – das Objekt wurde trotz hohen Drucks nicht genutzt.
Als dreieinhalb Jahre später der Beschluss über das Vorkaufsrecht auf der Tagesordnung stand, wollte trotz der Kosten keiner im Rat die Chance verpassen: „Das Sahnestück darf nicht an uns vorbeigehen“, meinte Marina Nottbohm (SPD) damals. Nun besteht die Gefahr, dass sich die Stadt durch formale Fehler daran verschluckt hat.
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