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Pfarrer als Bauherr: Christliche Gemeinschaft und Bauprojekte in Hockenheim

Seit gut 13 Monaten leitet Pfarrer Christian Müller die Seelsorgeeinheit Hockenheim, wo er nicht nur seelsorgerische Aufgaben übernimmt, sondern auch unerwartet in die Rolle des Bauherrn schlüpft.

Von 
Matthias Mühleisen
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Hockenheim katholische Kirche St. Georg. Bild: Dietrich © Dietrich

Hockenheim. Dass er sich in seiner Aufgabe nicht nur um Menschen, sondern auch um Gebäude würde kümmern müssen, war Pfarrer Christian Müller durchaus bewusst, als er vor gut 13 Monaten seinen Dienst als Leiter der Seelsorgeeinheit Hockenheim antrat. Schließlich stand das Pfarrhaus unmittelbar vor einer umfassenden Sanierung und er nahm zunächst im Pfarrhaus Reilingen Quartier, das er bis heute bewohnt. Doch vom Maß, in dem er als Geistlicher auch Bauherr ist, zeigt sich der 50-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung doch überrascht.

Dabei begleitet ihn das Thema Umbau nicht nur in Bezug auf Diensträume und Wohnung, sondern auch auf die organisatorischen Rahmenbedingungen seiner Tätigkeit. Die ersten Entscheidungen in Sachen Kirchenentwicklung 2030 sind inzwischen getroffen. Dass Hockenheim nicht Verwaltungssitz und St. Georg nicht Patronatskirche geworden ist, ist für Christian Müller kein Grund für Enttäuschung wie für einige Katholiken in der Seelsorgeeinheit.

Kirchenentwicklung 2030 und die Herausforderungen für Hockenheim

„Ich sage dann immer, es ist doch völlig egal, wo die Verwaltung sitzt. Jetzt sitzt sie in Heidelberg, davon merken wir doch auch nichts.“ Natürlich hätte er sich gefreut, wenn St. Georg Patronatskirche geworden wäre, „aber entscheidend ist doch, wie wir hier vor Ort unser Gemeindeleben gestalten und die christliche Botschaft verkünden und leben“, macht er deutlich. Und die Entscheidung bedeute nicht, dass alle Feiern in St. Pankratius in Schwetzingen stattfinden werden.

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Nicolai Lehnort
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Sicher sei, dass Kirchenentwicklung 2030 Veränderungen mit sich bringen werde. Müller erinnert daran, dass es schon jetzt viele Formen des Gottesdiensts gebe und diese nicht nur an die Eucharistiefeier gebunden seien, an die viele Katholiken noch immer beim Stichwort Gottesdienst denken. Es müsse nicht immer ein Pfarrer oder Hauptamtlicher dabei sein, wenn Menschen sich zum Gebet oder Feiern versammeln. Der Pfarrer erinnert an Taizégebete, Vespern oder die täglichen Rosenkranztreffen.

Strukturelle Veränderungen und Vielfalt des Gottesdienstes

Dabei gelte es auch, die Zahl der Gottesdienstbesucher im Blick zu behalten und sich zu fragen, ob eine Konzentration nicht auch in deren Sinne wäre, weil es einen anderen Eindruck macht, wenn viele gemeinsam feiern. Christian Müller schätzt, dass an einem regulären Wochenende in den drei Gottesdiensten in Summe rund 120 bis 150 Besucher sitzen – wovon er ausdrücklich nicht enttäuscht ist. Aus seiner Sicht hat sich aber an Weihnachten die Konzentration bewährt, die großen Gottesdienste tageweise reihum in einer Gemeinde zu feiern.

Eine Baustelle hat er fast geschafft: Pfarrer Christian Müller vor dem Pfarrhaus in Hockenheim, das nach umfassender Sanierung im Februar bezogen werden soll. © Dorothea Lenhardt

Regional gebe es ein vielfältiges Angebot, weshalb im Weihnachtspfarrblatt bereits jetzt die Gottesdienste der künftigen Pfarrei „Mittlere Kurpfalz“ veröffentlicht werden. Dieses wahrzunehmen, sei möglicherweise schwierig für ältere Menschen oder solche, die sehr eng mit einer bestimmten Kirche verbunden sind. Aber das könne auch für andere heißen, für diese stärker mitzudenken und ihnen Mitfahrangebote zu machen. Die Gemeinde selbst könne keinen Fahrdienst organisieren.

Katholische Kirche auch in Hockenheim im Wandel: Verantwortung wird ausgedehnt

Eine große Herausforderung bringe die Reorganisation für die Ehrenamtlichen in den Gremien, findet der Pfarrer, der vorm Theologiestudium ein Krankenpflegeexamen ablegte. „Sie haben sich wählen lassen für einen Pfarrgemeinderat der Seelsorgeeinheit und sehen sich plötzlich in der Verantwortung, auf einer anderen Ebene Dinge zu gestalten.“

Das nächste Großprojekt: Die Außensanierung der Kirche St. Georg wird Millionen kosten. Die genaue Aufnahme der Schäden ist in Vorbereitung, doch schon der Blick auf die Fassade des Jugendstilbaus zeigt, dass Handlungsbedarf besteht. © Lenhardt

Schon jetzt könnten Entscheidungen für größere Baumaßnahmen, wie sie etwa mit der Außensanierung von St. Georg anstehen, nicht mehr nur vor Ort getroffen werden, sondern müssen ins Gesamtgremium der Pfarrei Mittlere Kurpfalz. Das gehe auch mit der Erweiterung von Fahrzeiten einher. Dass sich Menschen neben Beruf, Familie und anderen Verpflichtungen darauf einlassen und mitgestalten wollen, finde er bewundernswert: „Die Belastungen werden ja nicht weniger und Corona hat auch Spuren hinterlassen.“

Pfarrer Christian Müller in Hockenheim: Stimme sein gegen Ausgrenzung

Christian Müller würde sich wünschen, dass in der aktuellen Übergangsphase neben strukturellen Aspekten mehr die inhaltliche Frage behandelt wird: „Wofür sind wir denn eigentlich da, wofür machen wir das?“ Es sei ja nicht Auftrag der Kirche, sich um sich selbst zu drehen. Es gelte, die Gesellschaft zu gestalten. Gerade in der aktuellen Zeit sieht er den Auftrag, Stimme zu sein gegen ausgrenzende und diskriminierende Stimmen. Dazu hätten sich auch die Bischöfe klar positioniert.

Für ihn ist es auch kirchlicher Auftrag, für ein gutes Miteinander und Toleranz zu sorgen. Das müssten die Laien im demokratischen Prozess einbringen: „Ich meine, dass wir an dem Punkt sind, wo wir deutlicher die Klappe aufmachen müssen.“ Dazu verpflichte die Geschichte – sowohl die des Landes als auch die der Kirche. Auch für Antisemitismus dürfe es keinen Platz geben. Nicht umsonst lägen Stolpersteine und Stolperschwellen vor der Kirche.

Für die katholischen Kirchen in Altlußheim (Bild) und Neulußheim muss die Seelsorge-einheit eine Lösung finden, Sanierungsbedarf besteht in beiden Gotteshäusern. © Volker Widdrat

Den Schritt vom Diözesanjugendpfarrer zum Leiter einer Seelsorgeeinheit hat Christian Müller nach eigener Einschätzung keine Probleme gemacht. „Die persönliche Umstellung ist mir nicht schwergefallen“, sagt er. Jugendverband und Seelsorgeeinheit liegen nach seinem Eindruck nicht so weit auseinander. Es gebe überall Hochmotivierte, Mitmacher und Gegner. In Hockenheim könne er sich auf ein hoch motiviertes Pastoralteam und engagierte Ehrenamtliche verlassen, die in der Vakanz vor seinem Dienstantritt sehr viel überbrückt hätten.

Trotzdem fielen manchmal so viele Aufgaben an, dass er sich frage, wie diese bewältigt werden können. Dann gelte es, Prioritäten zu setzen, und die setze er auf Menschen und Seelsorge. Verwaltungs- und Strukturfragen müssten dann an die zweite Stelle rücken. Bei Gesprächen mit Trauerfamilien setze er sich nicht unter Druck: „Das braucht so lange, wie es braucht.“

Seelsorgeeinheit Hockenheim: Viele undichte Dächer

Von Anzahl und Dringlichkeit vieler Baustellen in der Seelsorgeeinheit sei er dagegen schon überrascht worden, räumt der gebürtige Saarländer ein. Ein Dach nach dem anderen sei undicht, ins Pfarrhaus in Reilingen habe es reingeregnet, die Neulußheimer Kirche sei nicht mehr zu sanieren. Immerhin ist die Sanierung des Hockenheimer Pfarrhauses nahezu abgeschlossen, im Februar soll der Einzug erfolgen.

Das gute, unkomplizierte ökumenische Miteinander mit den evangelischen Kolleginnen und Kollegen macht Müller Freude. Man habe einen gemeinsamen Auftrag. Das Jahr mit einem ökumenischen Gottesdienst zu beginnen, sei ein gutes Zeichen dafür. In der Zusammenarbeit mit den politischen Gemeinden strebt er eine vertrauensvolle Partnerschaft an. Das funktioniere in manchen Kommunen besser, in anderen sieht er noch Luft nach oben.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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