Hockenheim. Über 100 000 Frauen waren laut Deutschem Feuerwehr-Verband (DFV) zum Ende des Jahres 2021 in den Freiwilligen Feuerwehren in der Bundesrepublik aktiv. Obwohl sie damit nach wie vor eine Minderheit in diesem Ehrenamt darstellen, ist die Zahl in den vergangenen zehn Jahren immer weiter angestiegen. So sind heute rund elf Prozent der Mitglieder der Einsatzmannschaften weiblich. Dem war nicht immer so – auch nicht in Hockenheim.
Lange war die Feuerwehr eine reine Männerdomäne. Frauen waren im Einsatzdienst sogar verboten. Doch ganz so neu sind weibliche Kräfte bei der Feuerwehr allerdings doch nicht. Beim Digitalisieren seines privaten Archivs sind dem Hockenheimer Notarzt Heinrich Horst Hellweg zwei historische Bilder in die Hände gefallen. Die Fotografien zeigen seine Mutter, damals 17 oder 18 Jahre alt, etwa im Jahr 1944 bei der Feuerlöschpolizei. Mit anderen jungen Frauen war sie damals in Hockenheim dienstverpflichtet worden.
Die Hockenheimer Feuerlöschpolizei war zu dieser Zeit in zwei Züge unterteilt. Die beiden Abteilungen mit jeweils rund zwölf Frauen im Alter von etwa 17, 18 Jahren und einem ausgebildeten Zugführer waren in der Heidelberger Straße und der Unteren Hauptstraße untergebracht. Wenn bei einem Alarm die Sirenen heulten, mussten sie ran.
Munitionszug gelöscht
„Meine Mutter hat mir von einem Einsatz bei einem brennenden Munitionszug erzählt“, berichtet Hellweg im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Zug fing auf den Gleisen bei Hockenheim – damals verlief die Strecke noch näher an der Stadt als heute – Feuer. Trotz magerer Ausbildung und wahrscheinlich sich nicht so ganz des hohen Risikos bewusst, schafften die Feuerwehrfrauen es, die Flammen zu löschen.
Die ersten Berufsfeuerwehrfrauen soll es bereits 1916 in Kassel gegeben haben. Acht weibliche Hilfskräfte sollen dort als Telegrafistinnen und Telefonistinnen sowie Helferinnen für den Bürodienst angestellt gewesen sein. In Wannweil im Oberamt Reutlingen ging ein Jahr später die erste uniformierte weibliche Feuerwehrangehörige Baden-Württembergs in die Geschichte ein. Damit war sie eine echte Pionierin, denn erst seit rund 50 Jahren dürfen Frauen offiziell freiwillig der aktiven Feuerwehr beitreten.
Dabei hatte es, wie bereits erwähnt, bereits einen kurzen Zeitraum gegeben, in dem beinahe ausschließlich Frauen in der Feuerwehr tätig waren. Im Januar 1943 unterstellten die Nationalsozialisten alle Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren einschließlich der Notdienstverpflichteten der „Sondergerichtsbarkeit der SS und Polizei“. Fortan konnten Handlungen wie Verweigerung bei Einsätzen oder Disziplinarverstöße nach Kriegsrecht geahndet werden.
Männer fehlten wegen Krieg
Weil diensthabende Männer im Zweiten Weltkrieg an der Front kämpften, fehlten sie in den Kommunen. Bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden im August die ersten Kameraden zu einer „kurzfristigen“ Übung von der Wehrmacht eingezogen. Um die im Verlauf des Krieges immer wieder zum Wehrdienst eingezogenen Feuerwehrmänner zu ersetzen, verpflichtete das Regime per „Notdienstverpflichtung“ jene Männer, die sich noch im Ort befanden. Ob jemand ausgebildet oder grundsätzlich für die Feuerwehr geeignet war, spielte keine Rolle.
1941 bildete man erstmals Jungen ab 14 Jahren in der sogenannten „Feuerwehr-Hitlerjugend“ aus, die wiederum ebenfalls bald darauf eingezogen wurden. So verpflichteten die Nationalsozialisten in ganz Deutschland schließlich rund 275 000 Frauen für den Feuerwehrdienst. 53 Hockenheimerinnen wurden in der Feuerwehrschule in Schwetzingen für den Einsatz ausgebildet. Viele von ihnen waren mit Feuerwehrmännern verheiratet oder Mitglied bei der Jugendorganisation „Bund Deutscher Mädel“. Ausgebildet wurden sie im Umgang mit der sogenannten „Vollgasmaske“, der Feuerpatsche und anderen Gerätschaften.
Zehn Frauen im Einsatzdienst
Direkt nach dem Krieg warf man die Mädchen wieder aus den Feuerwehren. Dabei blieb es bis zu den 1970er Jahren. In Hockenheim traten die ersten Frauen in den 1980er Jahren der Mannschaft bei. Mittlerweile sind dort zehn erwachsene Frauen im Einsatzdienst und acht Mädchen in der Jugendfeuerwehr aktiv. Sie gehören zu den rund 90 000 Mädchen bundesweit, die sich in der Jugendorganisation der Freiwilligen Feuerwehren engagieren.
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