Hockenheim. Es war eine der spektakulärsten Gemeinderatssitzungen der vergangenen Jahre, als das Gremium im September 2023 überraschend mit knapper Mehrheit beschloss, dass die Trägerschaft für Südstadt-, Fröbel- und Parkkindergarten nicht wie von der Verwaltung vorgeschlagen an den Verein Postillion übergehen soll, sondern bei der Stadt bleiben.
Es folgten turbulente Wochen mit Einschränkungen bei der Betreuung und vielen Diskussionen. Nun steht das Thema Postillion-Trägerschaft erneut auf der Tagesordnung, wenn der Gemeinderat am Mittwoch, 2. Juli, um 18 Uhr im Bürgersaal des Rathauses tagt - allerdings nur für den Parkkindergarten.
Anlass für die Neuaufnahme der Debatte ist der notwendige Neubau des Kindergartens. Dessen Planung ist schon weit fortgeschritten, die Kosten allerdings noch mehr: von rund 25 Millionen Euro ist die Rede - finanziell für die Stadt nicht leistbar. Schon beim Beschluss zur Trägerschaft hatte Oberbürgermeister Marcus Zeitler darauf verwiesen, dass die Stadt als Träger und Bauherr andere Vorgaben zu erfüllen habe als ein freier Träger und der Neubau dadurch wesentlich teuerer werde.
Alternative Pläne für Kita in Hockenheim schlagen immer noch mit 17 Millionen Euro zu Buche
Angesichts der kaum aufzubringenden Summe habe die Stadtverwaltung alternative Optionen in den Blick genommen, heißt es in der Beschlussvorlage – insbesondere das städtische Bestandsgebäude in der Rathausstraße 8, das ursprünglich für die Unterbringung Geflüchteter vom Kreis gekauf worden war. Eine stadteigene Entwurfsplanung prognostizierte Baukosten von zirka 17 Millionen Euro. Vorteilhaft an diesem Standort wäre die mögliche Integration der Kernzeitbetreuung der Pestalozzi-Grundschule gewesen. Aus diesem Grund wurde das bereits laufende Verfahren zur Sanierung der Heidelberger Straße 16a zunächst pausiert. Parallel legte das Architekturbüro Studio FS, Gewinner des Architektenwettbewerbs, einen überarbeiteten Entwurf für den Reiterplatz vor, der für eine reduzierte Kubatur eine Kostensenkung auf 17 Millionen Euro vorsah.
In einer Fortbildungsveranstaltung für die Stadträte an der Verwaltungsschule habe ein externer Referent auf theoretisch mögliche Baukosten in Höhe von etwa 10 Millioen Euro hingewiesen. Diese Zahl habe zu einem konkreten Antrag einer Gemeinderatsfraktion zur nochmaligen Prüfung kostengünstiger Alternativen geführt, schreibt die Stadtverwaltung weiter.
Postillion laut Stadt Hockenheim nun bereit, lediglich den Parkkindergarten zu übernehmen
Darauf trat die Stadt erneut in Gespräche mit dem Verein Postillion ein, der einen Kindergartenbau in Hockenheim in der Albert-Einstein-Straße für deutlich geringere Kosten realisiert hatte. Auf dieser Grundlage kalkuliert der Träger den Neubau eines Kindergartens auf dem Reiterplatz aktuell mit Baukosten im Bereich von rund 10 Millionen Euro. Als entscheidenden Unterschied zur früheren Planung hebt die Stadt hervor, dass der Postillion nun bereit sei, lediglich den Parkkindergarten zu übernehmen, während die beiden anderen städtischen Kindertageseinrichtungen in kommunaler Trägerschaft verbleiben sollen.
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Dieser Ansatz habe mehrere Vorteile: Die Mitarbeitenden des Parkkindergartens erhielten die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie zum Postillion wechseln oder in städtischer Anstellung bleiben möchten. Mitarbeitende, die sich gegen einen Wechsel entscheiden, könnten in städtischen Einrichtungen eingesetzt werden. Dadurch ließen sich bestehende Personalengpässe gezielt auffangen und die dortige Betreuungssituation dauerhaft stabilisieren. Der Postillion vergüte seine Mitarbeitenden nach TVöD und die Stadt sichere weiterhin die Trägervielfalt im Bereich der frühkindlichen Bildung in Hockenheim.
Stadt Hockenheim trägt Baukosten für Kita und zahlt Abwicklungs- oder Vergleichskosten
Der Postillion werde im Laufe des Jahres 2025 ein Vergabeverfahren zum Neubau des Kindergartens am Reiterplatz durchführen und dem Gemeinderat Anfang 2026 einen Vergabevorschlag mit der Baukostenkalkulation präsentieren. Der Verein erhält das Grundstück von der Stadt Hockenheim auf Basis eines Erbpachtvertrags. Die Finanzierung des Neubaus erfolge über einen Investitionskostenzuschuss der Stadt Hockenheim. Sollte es noch Landes- oder Bundeszuschüsse geben, reduzierten diese den Stadtzuschuss. Die Stadt soll auch die Kosten für das Verfahren und die Planerstellung tragen. Analog zur Kita Albert-Einstein-Straße werde im Erbpachtvertrag ein entschädigungsfreier Heimfall vereinbart, wenn der Postillion das Gebäude nicht mehr als Kita nutzt. Dies trete dann ein, wenn der Betriebsführungsvertrag von der Stadt oder dem Verein gekündigt wird.
Die bestehenden Architekten- und Ingenieurverträge für das bisherige Bauprojekt Reiterplatz sollen mit Hilfe einer spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei rechtssicher gekündigt werden, etwaige Abwicklungs- oder Vergleichskosten könnten aktuell nicht beziffert werden. Am Mittwoch hat zunächst aber der Gemeinderat das Wort.
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