„The Städt“

Verkehrsberuhigung steht auf Wunschliste für Hockenheimer Ortsmitte ganz oben

Hockenheim testet mit „The Städt“ die Verkehrsberuhigung der Karlsruher Straße und gewinnt wertvolle Erkenntnisse für die Innenstadtentwicklung.

Von 
Rita Weis
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Eine von mehreren Arbeitsgruppen erarbeiten Vorschläge zu mehr Attraktivität der Ortsmitte © Rita Weis

Das Wichtigste in Kürze

Was sind die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Verkehrsversuch mit der Fußgängerzone im oberen Teil der Karlsruher Straße? Ein dreistündiger Abschluss-Workshop mit Bürgern, Anwohnern und ansässigen Gewerbetreibenden sollte Aufschluss bringen.

Hockenheim. Eine attraktive, belebte Innenstadt, verkehrsberuhigt, mit hübschen Läden und Cafés zum Bummeln, Shoppen, Leute treffen – wer wünscht sich das nicht? Dennoch drohen viele Innenstädte auszusterben. Der Strukturwandel im Handel wird als Ursache erkannt. Daher regte die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) gemeinsam mit dem Verkehrsministerium das landesweite Förderprojekt „The Städt“ an, um Kommunen bei der Entwicklung ihrer Ortsmitten zu unterstützen. Hockenheim ist eine von acht Kommunen, die zur Teilnahme ausgewählt wurden. Fachlich begleitet wurde die Kommune durch die Fachbüros USP Projekte GmbH, Planersocietät Frehn Steinberg Partner GmbH sowie CIMA Beratung + Management GmbH.

Im Fokus der Stadtplanung Hockenheim lag die Karlsruher Straße, die weitgehend als Durchgangsstraße genutzt wird und wenig Anlass zum Verweilen bietet. Testweise wurde dem Bereich zwischen Fortuna-Kreuzung und Messplatz daher vom 23. Mai bis 7. Juni eine temporäre Fußgängerzone eingerichtet. Zugelassen wurden nur noch Anwohner, ansässige Geschäftsinhaber, Lieferanten an Werktagen sowie Menschen mit Handicap. Sitzgelegenheiten und Pflanzenkübel sollten zur Wohlfühlatmosphäre beitragen.

Prozess-Coaching durch das Expertenteam

Die ersten Eindrücke hatten Bürger mit Staatssekretärin Elke Zimmer Anfang Juni diskutiert. Am Mittwochabend fand ein dreistündiger Abschluss-Workshop mit Bürgern, Anwohnern und ansässigen Gewerbetreibenden in der Zehntscheune statt. Donald Pape-Rese von der Abteilung Wirtschaftsförderung begrüßte die Anwesenden. Die Moderation übernahm USP-Stadtplanerin Dr. Sonja Rube. Rückblickend berichteten die Besucher von ihren Erlebnissen und Eindrücken und erörterten die Zukunft einer schöneren Stadtmitte.

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Die Aktion wurde von den Teilnehmenden gelobt, besonders das Prozess-Coaching durch das Expertenteam. „Während der Testphase war immer jemand anwesend, das war gut“, kommentierte Grünen-Fraktionssprecherin Elke Dörflinger, die in der Nähe zur Fußgängerzone wohnt. Ob die Karlsruher Straße wenigstens in Teilen permanent Fußgängerzone werden sollte, war umstritten. Dennoch habe man wertvolle Erkenntnisse gewonnen. „Die Testphase hätte länger sein sollen, denn viele sind immer noch durch die Straße gefahren“, wandte Birgit Rechlin vom Hockenheimer Marketing-Verein ein. Über die Notwendigkeit von Veränderungen war man sich einig. „Ohne Veränderung ist es das Todesurteil für die Innenstadt“, meinte Bürger Oliver Grein.

Die Straße war teilweise erschreckend leer

In Arbeitsgruppen befassten sich die Teilnehmer mit den Fragen, was während der Testphase gut war, worüber sie überrascht waren und was gefehlt habe. Positiv bewertet wurde, dass es weniger Raser und Autos gab, wildes Parken wurde durch Blumenkübel verhindert. Der „Look“ war angenehmer, die Menschen entspannter. Überrascht bemerkten die Teilnehmenden Umsatzeinbußen im Handel und in der Gastronomie: Die Straße war teilweise erschreckend leer, die Sitzmöbel wurden ungern angenommen. Insgesamt war die Beteiligung der Hockenheimer an dem Projekt gering. In den Straßen der Umgebung wurde „kreativ“ geparkt.

Gefehlt habe ein durchgängiges Verkehrskonzept mit gut lesbarer Beschilderung und Kontrollen durch Ordnungshüter. Bedauert wurde das Fehlen von Kennzahlen wie Verkehrszählungen im Vorfeld, die eine aussagekräftige Evaluierung ermöglicht hätten. Zur Attraktivitätssteigerung hätte man sich kleine Aktionen gewünscht.

Schönere Sitzgelegenheiten und mehr Bäume würden Attraktivität steigern

Nach der Befragung wurden die Teilnehmenden gebeten, in größeren Gruppen ihre Wünsche zu formulieren. Die Verkehrssituation wurde mehrfach genannt. Verkehrsberuhigung stand an erster Stelle. Ein Vorschlag war, die Karlsruher Straße in zwei gegenläufige Einbahnstraßen zu unterteilen. Beispielsweise sollte ein umfassendes Parkraumkonzept mit Hilfe des Ordnungsamtes erarbeitet werden. Sehr wichtig war den Teilnehmenden, die Attraktivität zu steigern, die Atmosphäre angenehmer zu gestalten, etwa durch schönere Sitzgelegenheiten, schattenspendende Bäume, Wasserelemente und Spielmöglichkeiten für Kinder.

Fußgängerzone im Rückblick: Gelbe Kärtchen - war gut; blaue Kärtchen - was überraschte? rote Kärtchen - was fehlte? © Rita Weis

Auch die Kultur sollte verstärkt Einzug halten, etwa durch Bilder und Informationen zur Stadt, was der Identifikation mit der Gemeinde zugutekäme. Auf alle Fälle wurden Attraktionen durch Veranstaltungen wie Flohmärkte und Musik gewünscht. Man war sich bewusst, dass es kleine Geschäfte schwer haben würden, aber eine vielfältigere Gastronomie wie Cafés, eine Bar oder ein Kiosk könnten das Stadtleben bunter machen. Bei allen Vorhaben sollten alle Bevölkerungsgruppen, egal ob Alt oder Jung, einbezogen werden.

Büro USP erstellt Planungskonzept - Bürger wollen Einblick nehmen

Dr. Rube gab bekannt, dass im Nachgang ein Planungskonzept von der USP erstellt und dem Gemeinderat vorgelegt werde. Die Teilnehmenden äußerten den Wunsch, dass dieses Konzept den Bürgern von Hockenheim zugänglich gemacht werde, zum Beispiel durch Veröffentlichung auf der Homepage der Gemeinde. Eine weitere Phase der Umgestaltung müsse dann in der Gemeinde geplant werden. „Machen!“ war das Fazit von Dr. Rube. „Für die Zukunft wünsche ich mir ein konstruktives Miteinander, wo Kritik und Wünsche gleichermaßen diskutiert werden und für alle Beteiligten akzeptable Lösungen gefunden werden,“ ergänzte der persönliche Referent des Oberbürgermeisters, Christoph Henniger.

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