Hockenheim. Seit April hat es in der Region nicht mehr richtig geregnet, Trockenheit und Dürre haben die Natur fest im Griff. Der Klimawandel trifft den Hockenheimer Rheinbogen mit voller Wucht und auch in den umliegenden Gemeinden, im Hardtwald oder im Lußhardtwald sind die Auswirkungen deutlich sichtbar. Dass Umweltschützer wie der Biologe Uwe Heidenreich Alarm schlagen, darüber haben wird schon öfter berichtet. Doch ein Rundgang über den Rheinbogen Anfang der Woche offenbarte ihm das gesamte Ausmaß der Katastrophe: Der Kothlachgraben, seit den 1990er Jahren ein Naturschutzgebiet, ist vor der Einmündung in den Rhein auf einigen hundert Metern trockengefallen.
Auch der Landtagsabgeordnete der Grünen, Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Umweltministerium, zeigt sich in seinen Pressemitteilungen besorgt: „Wir bekommen den Klimawandel bei uns in der Region voll ab“, stellt er fest und mahnt zu einem sorgsamen Umgang mit der Ressource Wasser. Wie es um die Fließgewässer in der Region bestellt ist, davon will er sich bei einer Exkursion an den Kriegbach am Mittwoch, 10. August überzeugen (Treffpunkt ist um 19 Uhr, mit dem Rad beim Restaurant Dioni Waldhaus an der Landstraße von Reilingen nach Neulußheim).
Für Heidenreich bietet sich dem Betrachter beim Gang durch die Feldflur derzeit ein paradoxes Bild: So führen der Kraichbach und der Hardtbach am Rande des Karl-Ludwig-Sees anscheinend noch genügend Wasser. Doch schon der Blick über das Naturschutzgebiet, lenkte der Biologe den Blick auf die Landschaft, zeigt die Trockenheit. Die Böschungen längs der Fließgewässer weisen nur noch dort Grün auf, wo die Pflanzen das Wasser erreichen, ansonsten vertrocknete, verbrannte Stängel, die in der Hitze flirren. Dazwischen immer wieder die Fontänen von Wasserspritzen, mit deren Hilfe die Landwirte verzweifelt versuchen ihre Ernte zu retten. Auch dort, im Karl-Ludwig-See, wo normalerweise das Niedermoor Nässe speichert erblickt das Auge nichts als Trockenheit.
Trockenheit nimmt weiter zu
Und dies Anfang August, ist Heidenreich bange um die Zukunft. Dürre und Hitze werdenweiter zunehmen, verweist er auf die entsprechenden Studien. Und in ihrem Gefolge werde sich die weltweite Nahrungsmittelproduktion deutlich erschweren. Auch für die Region rechnete der Biologe mit deutlichen Ernteausfällen. Hunger und hohe Nahrungsmittelpreise werden weltweit die Folge sein, ist der Umweltschützer überzeugt, der in der Region nicht minder den Verlust der Feuchtgebiete fürchtet. Denn dieser werde langfristig auf das Klima einwirken.
Dem Bach fehlt Wasser
Immer noch an der Einmündung des Hardtbachs in den Kraichbach stehend, blickt Heidenreich auf die Wasseroberfläche. Für den Fachmann ist beim Blick auf das Fließgewässer schnell klar, dass der Bach nicht gesund ist. Die starke Vermehrung von Faden- und Schlauchalgen sind für ihn ein deutliches Zeichen, dass dem Bach Wasser fehlt, er langsam aber sicher austrocknet.
Was beim Kothlachgraben noch deutlicher zum Vorschein tritt. Heidenreich kann sich noch gut an den Beginn der 1990er Jahre erinnern, als er im BUND, gemeinsam mit Andras Wolf und Hanspeter Rausch, darum kämpfte, dass der 6,2 Kilometer lange Graben unter Naturschutz gestellt wurde. Das gelang damals wegen dessen Bedeutung für die Vogelwelt – „ein Novum“, erinnert sich Heidenreich, der nun mit Sorgenfalten das trockengefallene Gewässer betrachtet. In den verbliebenen Pfützen kämpfen kleine Stichlinge verzweifelt um ihr Leben – ein hoffnungsloser Kampf. Dazwischen Kamberkrebse – aus den USA eingewanderte Flusskrebse – die in Panik umherirren und Rettung suchen.
„Das System ist aus den Fugen geraten“, schüttelt Heidenreich ob der trockenfallenden Oberflächengewässer verzweifelt den Kopf. Denn wenn das Wasser ausbleibt, hat dies gravierende Folgen, setzt sich ein Teufelskreis in Bewegung. Die trockenen Böden verbacken, nehmen kein Wasser mehr auf. Fällt dann doch mal wieder Niederschlag, kommt er nicht in den Boden, fließt das Wasser viel zu schnell ab. Weshalb der Biologe auf seine alte Forderung der Schwammstadt zurückkommt. Grünflächen müssen in den urbanen Gebieten geschaffen werden, in denen der Niederschlag versickern kann und in den das Wasser zurückgehalten wird. Denn um den Regen in der Kanalisation abzutransportieren, dazu ist er zu kostbar. Im gleichen Atemzug spricht er sich gegen jedes neue Baugebiet innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft aus. Diese vermehrten den bestehenden Hitzestau und trieben den Wasserverbrauch weiter in die Höhe. „So kriegen wir die Folgen des Klimawandels nicht in den Griff“.
Gleichzeitig fordert Heidenreich Privathaushalte auf, Maßnahmen zu ergreifen: Die Gärten nur mit Wasser aus der Regentonne zu bewässern, befestigte Wege und Zufahrten zu entsiegeln, in Küche und Bad Wasser einzusparen. Kurzum, es bedürfe vieler kleiner Schritte von vielen Menschen, um den Folgen des Klimawandels einigermaßen begegnen zu können.
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