Ketsch. Zuerst traf es die letzte verbliebene Marke, jetzt den Mutterkonzern: Nach der Insolvenz der Planet Sports GmbH (wir berichteten) hat nun auch die 21sportsgroup GmbH ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt. Das bestätigte ein Sprecher der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen, die die Insolvenz von Planet Sports abwickeln soll, auf Nachfrage dieser Zeitung.
Bei Planet Sports mit Sitz in der bayerischen Hauptstadt sind demnach rund 250 Arbeitsplätze im Onlineshop und den zehn Filialen betroffen – darunter auch in Mannheim und Heidelberg. Der Betrieb soll allerdings zunächst weitergehen, die Löhne der Angestellten sind dem Sprecher zufolge durch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit bis April gesichert. Das Ziel sei der zeitnahe Verkauf des Unternehmens. „Unser Team hat bereits mehrere vielversprechende Gespräche mit Interessenten geführt. Es zeichnet sich ab, dass ein Verkauf noch in der ersten Jahreshälfte 2020 möglich sein könnte“, ließ der Insolvenzverwalter mitteilen.
Keine genaueren Angaben konnte sein Sprecher hingegen zur Insolvenz der Konzernmutter 21sportsgroup machen. Deren Zahlungsunfähigkeit sei erst „in den vergangenen Tagen“ beim zuständigen Gericht erklärt worden, daher sei noch nicht entschieden, welcher Insolvenzverwalter bestellt werde. Sitz der 21sportsgroup sei aber weiterhin Ketsch.
Bizarrer öffentlicher Streit
Auch der neue Geschäftsführer Haiko Stüting bleibt demnach an der Spitze der Unternehmensgruppe. Stüting hatte erst Mitte Januar das Amt übernommen, nachdem der langjährige Geschäftsführer Dr. Henner Schwarz im vergangenen Dezember das Unternehmen verlassen hatte. Bereits Ende 2017 – und damit noch vor der Eröffnung des neuen Logistikzentrums in der Enderlegemeinde – war das Gründerteam Michael Burk und Jörg Mayer aus der 21sportsgroup ausgeschieden.
In den vergangenen Monaten hatte es außerdem einen bizarren öffentlichen Streit um die 21sportsgroup und den Investor Georg Kofler gegeben. Der durch die TV-Sendung „Die Höhle des Löwen“ bekannt gewordene Kofler soll einem Bericht des „Manager Magazins“ zufolge 2018 mit seiner Unternehmensgruppe The Social Chain bei der 21sportsgroup eingestiegen und so zumindest indirekt an der finanziellen Schieflage des Sportartikelhändlers beteiligt gewesen sein.
Georg Kofler bestritt diesen Medienbericht öffentlich, unter anderem per Kurznachrichtendienst Twitter. Eine entsprechende Pressemitteilung von 2018 sei „sachlich falsch“ gewesen: The Social Chain habe einen Einstieg bei der 21sportsgroup lediglich zeitweise erwogen, aber nicht umgesetzt. Allerdings leitete der Sprecher der 21sportsgroup auch dieser Zeitung am 13. September 2018 eine Pressemitteilung mit dem Briefkopf von The Social Chain weiter, laut der die Social Chain Group Hauptgesellschafter der 21sportsgroup geworden sei. Weder der neue Geschäftsführer Haiko Stüting noch der Insolvenzverwalter wollten zu diesem öffentlich ausgetragenen Konflikt Stellung nehmen.
Auch zu den konkreten Folgen für den Standort Ketsch und das erst im Sommer 2018 in Betrieb genommene Logistikzentrum im Gewerbegebiet Süd gibt es keine detaillierten Informationen. „Das Logistikzentrum wird aktuell weiter genutzt. Vertraulichkeitsvereinbarungen lassen es nicht zu, dies weiter zu kommentieren“, sagte der Sprecher der Rechtsanwaltskanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen.
Lagerung von Fahrzeugteilen
Einen Teil der in drei Segmente gegliederten Halle nutzt seit einiger Zeit jedoch die Mercedes-Benz AG, wie diese Zeitung in Erfahrung bringen konnte. „Wir können bestätigen, dass das Global Logistics Center Germersheim einen Teil der Halle für die Lagerung von Fahrzeugteilen angemietet hat. Das Global Logistics Center der Mercedes-Benz AG versorgt die Großhandelsstandorte des Daimler Konzerns weltweit mit Teilen und Zubehör für Pkw und Nutzfahrzeuge von Mercedes-Benz, smart und FUSO“, so eine Konzernsprecherin. Weitere Informationen, etwa zur Dauer des Mietverhältnisses, und einen Besuch der Halle lehnte Mercedes-Benz trotz mehrfacher Nachfrage ab.
Neben dem Eingangstor in der Vorpommernstraße hängt außerdem ein Banner des Heddesheimer Logistikunternehmens Pfenning Logistics. Ein Sprecher der bundesweit vertretenen Firma wollte eine Nutzung der Halle jedoch nicht kommentieren.
Wer der Eigentümer des Logistikzentrums ist, bleibt ebenfalls unklar. Der ursprüngliche Projektentwickler Panattoni Europe, der die Halle in enger Abstimmung mit der 21sportsgroup errichtete und später an sie vermietete, stellte bereits im vergangenen Jahr klar, die Immobilie wie geplant unmittelbar nach der Eröffnung verkauft zu haben. Den Käufer nannte das Unternehmen nicht. Bis heute ist allerdings der Schriftzug von Panattoni Europe neben dem der 21sportsgroup auf einem Schild am Eingangstor des Geländes zu sehen. Auch die Gemeinde konnte auf Nachfrage den derzeitigen Eigentümer des Logistiklagers nicht nennen.
Ungewisse Zukunft
So bleibt letztlich unklar, was aus dem Großprojekt im Süden von Ketsch langfristig wird. Die 21sportsgroup war erst im Sommer 2018 von Mannheim-Friedrichsfeld nach Ketsch gezogen und hatte dort das rund 30.000 Quadratmeter große und 25 Millionen Euro teure Logistiklager bezogen. Statt der angekündigten weiteren Expansion, ein viertes Hallensegment in Richtung Talhaus war bereits geplant, zog sich das Unternehmen bereits Anfang 2019 wieder größtenteils aus Ketsch zurück, trennte sich von einem Teil seiner Marken wie 21run und wollte sich auf seine nun insolvente Sparte Planet Sports konzentrieren.
Noch einzelne Mitarbeiter
40 Mitarbeiter, die teilweise erst kurz zuvor eingestellt worden waren, wurden damals entlassen. Seitdem bestätigte das Unternehmen auf Nachfrage dieser Zeitung mehrfach, noch einzelne Mitarbeiter in Ketsch zu beschäftigen.
Details teilte die 21sportsgroup allerdings seit Monaten nicht mehr mit. Auch Anfragen dieser Zeitung noch kurz vor den beiden Insolvenzen wurden nicht beantwortet, sondern Erklärungen „in einigen Tagen“ angekündigt.
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