Heimatverein

Ausstellung im Ketscher Heimatmuseum führt in die frühen Jahre des Rundfunks

Rund 100 Jahre ist es her, da wurde Radiogeschichte geschrieben. Eine facettenreiche Ausstellung entführt die zahlreichen Besucher im Heimatmuseum in Ketsch in die frühen Jahre des Rundfunks in Deutschland.

Von 
Maria Herlo
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Schon kurz nach der Eröffnung füllte sich der Ausstellungssaal mit Besuchern. © herlo

Ketsch. Rund 100 Jahre ist es her, da wurde Radiogeschichte geschrieben. Diesem besonderen Ereignis widmete nun das Heimatmuseum Ketsch eine Ausstellung. Sie zeigt ganz außergewöhnliche Radiogeräte und erinnert an die goldenen Zeiten des Rundfunks.

Kurz vor Heiligabend, am 22. Dezember 1920, sendeten die Postbeamten der Reichspost von Wursterhausen aus die erste Radiosendung Deutschlands. Zu hören war ein kleines Weihnachtskonzert. „Dennoch dauerte es noch drei Jahre, bis der Rundfunk offiziell eingeführt wird“, erklärte Peter Scholz, der die Ausstellung gemeinsam mit dem Team des Heimat- und Kulturkreises konzipiert hat, „erst im Oktober 1923 nahm der erste deutsche Radiosender aus Berlin im Vox-Haus den offiziellen Programmbetrieb auf. Dieses Ereignis gilt als Geburtsstunde des öffentlichen Rundfunks in Deutschland. Mit dieser Ausstellung wollen wir daran erinnern.“

Ausstellung im Heimatmuseum in Ketsch lockt viele Besucher an

Das Interesse der Bevölkerung an dieser Ausstellung des Heimatmuseums war sehr groß. Schon kurz nach der Eröffnung war der Ausstellungsraum mit interessierten Besuchern gefüllt. Und Peter Scholz war ein gefragter Mann, er erläuterte auf Nachfrage die technischen Grundlagen der ausgestellten Objekte, ging auf die Rolle des Volksempfängers während der Naziherrschaft ein sowie auf die Neuordnung des Rundfunks nach dem Krieg.

Diverse Geschenkideen bieten Svenja Rieth und Sonja Rübmann an. © herlo

In den 1930er Jahren bauten die Nazis das Radio zum Propagandainstrument kontinuierlich aus. Neben dem historischen Abriss macht die Ausstellung zudem deutlich, wie sich das Radio vom Möbelstück bis hin zum tragbaren Gerät gewandelt hat. Anfangs musste man sich fürs Radiohören Kopfhörer aufsetzen.

Vor 90 Jahren wurde das Hören mehr und mehr zum Gemeinschaftserlebnis: Es setzten sich Röhrengeräte durch, mit denen es möglich war, das Empfangssignal so zu verstärken, dass Lautsprecher angeschlossen werden konnten. Und dann musste man drehen. „Je größer die Fläche am grünen ,Magischen Auge’ war, desto genauer war der Sender eingestellt“, so die Erinnerung eines Besuchers.

Ausstellung in Heimatmuseum in Ketsch: Kombi aus Radio und Plattenspieler

In den 1950er Jahren tauchten dann die schicken Kombis aus Radio und Plattenspieler auf, die der Stolz einer Wirtschaftswunderfamilie waren, sowie das mobile Kofferradio, das die Musik und die Nachrichten mit Transistoren verarbeitete.

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Begeistert waren die Besucher insbesondere von Ausstellungsstücken wie dem Volksempfänger aus dem Jahr 1933, der damals 76 Reichsmark kostete, oder vom Rundfunkgerät Saba Wildbad 100, Baujahr 1959/1960, kombiniert mit Plattenspieler, dessen Originalpreis 598 Mark betrug, vom Luxorita Radio AB, Baujahr 1955, dessen Deckel im Innenbereich mit einem Schminkspiegel für Damen ausgestattet war, vom Rundfunkempfänger Neckermann Tonmeister-Stereo 821/40, Baujahr 1958/1959, vom Grundig WK, Baujahr 1951/1952 oder vom Siemens Kleinsuper SB 380, Baujahr 1948/1949, für den damals immerhin stolze 348 Mark gezahlt werden mussten.

Lautsprecher war nach dem Krieg in Ketsch Straßen angebracht

Solche Schmuckstücke der Ausstellung kosteten damals fast ein Monatsgehalt. Scholz wies auf ein ganz besonderes Stück der Ausstellung hin, auf einen Lautsprecher, der in Ketsch nach dem Krieg an den Straßen und Hauswänden angebracht wurde. „Gesendet wurde aus dem Rathaus, um die Bevölkerung mit den wichtigsten Beschlüssen, Meldungen und sonstigen Neuigkeiten zu informieren“, so Scholz.

Noch heute müssen Besucher, darunter Christiane und Jakob Huber aus Ketsch, schmunzeln, wenn sie diese Exponate betrachten. Thematisieren sie doch den Zauber einer längst vergangenen Zeit und die technische Entwicklung in den Folgejahren. „Es sind ganz besondere Stücke“, sagte Christiane Huber, „sie wecken Erinnerungen an früher, an die Zeit unserer Eltern und Großeltern.“

Christiane und Jakob Huber aus Ketsch betrachten begeistert die seltenen Exponate. © herlo

„Genau so einen Telefunken hatten auch wir“, ergänzte ihr Mann Jakob Huber, „damals ahnten wir nicht, was für Schätze das waren.“ Neben der Ausstellung „100 Jahre Radio und Medien“ konnten die Besucher im Museumsgarten Edmund Gehrlein beim Korbflechten zuschauen oder den Stand der Hobbyaussteller Christiane Mühlhauser, Svenja Rieht und Sonja Rübmann besuchen. Da gab es von Christiane Mühlhausen viel österliche „selbst gemachte Fantasien“ zu bestaunen sowie diverse Geschenkideen für Ostern, die Svenja Rieth und Sonja Rübmann anboten.

Viele Gäste nutzten zudem die Gelegenheit, bei Kaffee und Kuchen, den die fleißigen Helferinnen des Heimatmuseums unter dem regengeschützten Dach anboten, im gemütlichen Ambiente zu verweilen und ins Gespräch zu kommen. Dafür ist ein verregneter Sonntagnachmittag wie gemacht.

Freie Autorin

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