Ketsch. Die Baumfällungen auf der Ketscher Rheininsel haben in den vergangenen Wochen für hitzige Diskussionen in der Bevölkerung, aber auch auf kommunalpolitischer Ebene gesorgt. Teile der örtlichen Grünen haben das Vorgehen von Forst BW im beliebten Ausflugs- und Naturschutzgebiet scharf kritisiert. Zuletzt schloss sich gar der Grünen-Landtagsabgeordnete Andre Baumann den Vorwürfen an und sprach öffentlich von „großen Kahlschlägen“ – obwohl er selbst als Staatssekretär im Aufsichtsrat von Forst BW sitzt. Damit übt er eigentlich innerhalb dieser Anstalt öffentlichen Rechts eine wichtige Beratungs- und Überwachungsfunktion aus.
Forst BW bewirtschaftet im Auftrag des Landes den baden-württembergischen Staatswald auch auf der Ketscher Rheininsel. Wir haben deshalb erneut bei den Forstwirten nachgefragt, was sie zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen sagen. „Die derzeit durchgeführte Holznutzung auf der Ketscher Insel gefährdet die naturschutzfachlichen Zielsetzungen im Naturschutzgebiet ausdrücklich nicht. Alle im Jahr 2025 durchgeführten Maßnahmen standen im Zusammenhang mit dem Eschentriebsterben. In der Summe entspricht die Holznutzung fast genau der Holzmasse, die in einem Jahr in den Wäldern auf der Ketscher Insel nachwächst“, ordnet Bernd Schneble, Leiter des zuständigen Forstbezirks Hardtwald, die Situation aus Sicht der Verantwortlichen ein.
Rheininsel in Ketsch ist ein einzigartiges Gebiet
Doch warum kann das Naturschutzgebiet nicht komplett sich selbst überlassen und so zu einer Art „natürlichem Urwald“ werden? Schneble erklärt das mit der Einzigartigkeit dieses Gebiets. „Durch die sehr intensive menschliche Nutzung der Ketscher Insel hat sich hier über die Jahrhunderte eine besondere und sehr zahlreiche Artenvielfalt entwickelt, die unbedingt schützenswert ist und die durch das schon sehr früh errichtete Naturschutzgebiet erhalten werden sollte. Überließe man das Areal komplett sich selbst, würde es sich natürlicherweise in einen von sogenannten Schattwaldarten dominierten Wald mit hohen Anteilen der Hainbuche verändern“, erklärt Schneble.
Solche Wälder gebe es in der Region aber bereits in ausreichender Anzahl: Dort würde dann zumeist die Baumart Buche dominieren und die Artenvielfalt sei in der Regel unterdurchschnittlich. Somit würde also erst das dauerhafte Eingreifen des Menschen dafür sorgen, dass die Ketscher Rheininsel ihre aus Sicht des Umweltschutzes wichtige Funktion erfüllen könne. „Eine Beendigung der menschlichen Tätigkeit würde sehr rasch zum Zuwachsen der großartigen Wiesenbereiche führen und die Artenvielfalt im Gebiet zerstören. Ganz ähnlich verhält es sich im Wald, wo es zum Verlust vieler Lichtbaumarten käme“, betont der Forstbezirksleiter.
Und er verweist auf einen weiteren Aspekt: „Eine Stilllegung der Insel würde sich schlecht mit der wichtigen Erholungsnutzung vertragen.“ Sprich: Spaziergänger und Radfahrer dürften das Gebiet dann auch nicht mehr betreten.
Kein Alleingang auf Ketscher Gemarkung gegen das Eschentriebsterben
Gleichzeitig widerspricht Schneble der Behauptung, ein solches „absolutes“ Naturschutzgebiet könne das problematische Eschentriebsterben stoppen, indem sich auf natürliche Weise Resistenzen bilden würden. „Das Triebsterben tritt derzeit in ganz Europa auf. Hier auf Resistenzbildungen auf der kleinen Ketscher Insel zu spekulieren, ist eine nette Erzählung, die realistisch betrachtet aber nur eine sehr geringe Erfolgswahrscheinlichkeit hat“, so Schneble. Die Forstleute würden zwar durchaus auf eine solche Resistenzbildung hoffen und es gebe dabei auch schon erfolgsversprechende Ansätze im wissenschaftlichen Bereich – doch ein Alleingang auf Ketscher Gemarkung würde dabei nicht helfen.
Die Pilzkrankheit war indes der Auslöser für die jüngsten Fällungen auf der Insel. Die absterbenden und teils bereits abgestorbenen Eschen seien Ende August und Anfang September ausgewählt worden, da man zu diesem Zeitpunkt den Fortschritt der Krankheit in der noch belaubten oder schon kahlen Krone am besten beurteilen konnte. Die Fällungen seien dann im Winter durch Forstwirte des Bezirks Hardtwald durchgeführt worden.
Von großflächigen Kahlschlägen könne aber keine Rede sein: „Einzig auf einer etwa 0,8 Hektar großen Fläche wurde ein Bagger zur Vorbereitung der Pflanzung von Eichen eingesetzt, weil dort ein etwa 40-jähriger Eschenbestand flächig abgestorben war. Dabei wurde die üppig unter den abgestorbenen Eschen aufgelaufene Strauchvegetation abgezogen und zu Wällen aufgeschichtet“, erklärt Bernd Schneble.
Diese Freifläche habe dann die Möglichkeit geboten, in einem größeren Bereich die auf Licht angewiesene Baumart Eiche zu pflanzen. „Auch uns Forstleuten wäre es lieber gewesen, die Eiche durch eine schrittweise Naturverjüngung verstärkt anzusiedeln. Weil es aber auf der Rheininsel bislang zu wenig Eichen gibt, blieb uns keine andere Wahl, als zum für uns teureren Mittel der Pflanzung zu greifen“, so Schneble. Dabei gebe es – „wie immer, wenn man in der Natur arbeitet“ – natürliche Risiken wie Dürre oder Schädlinge, die den Erfolg dieser Maßnahme gefährden könnten. Inzwischen seien die jungen Eichen aber allesamt angepflanzt und könnten sich gut entwickeln.
200 Jahre alte Eichen auf Rheininsel Ketsch wurden von Menschen gepflanzt
„Die heute noch vorhandenen und teils 200 Jahre alten Eichen auf der Ketscher Insel wurden mit ziemlicher Sicherheit alle von Menschen gepflanzt und wir können heute froh sein, dass unsere Vorfahren so fleißig waren“, argumentiert Schneble. „Zauderer und Nörgler gab es vermutlich auch schon damals, alte Eichen gäbe es aber ohne die damals anpackenden Menschen heute nicht.“ Dass diese Baumart dabei auf der Insel eine sehr wichtige Funktion habe, sei unstrittig: Sie könne die Artenvielfalt deutlich besser erhalten als die bisherigen Baumarten.
Die „natürliche“ Entwicklung mit anderen Bäumen sei hingegen aus Sicht des Naturschutzes von Nachteil. „Zum wünschenswerten Ziel der Erhöhung des Eichenanteils auf der Insel gibt es zwischen den Vertretern des Naturschutzes und Forst BW keinen Dissens“, betont Bernd Schneble.
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Um Kritiker, aber auch einfach nur am Thema interessierte Bürger über die derzeitigen Maßnahmen persönlich zu informieren, lädt Forst BW – wie schon in den Jahren zuvor –zu einer Exkursion auf der Rheininsel ein. Zusammen mit dem Umweltstammtisch Ketsch geht es diesmal am Freitag, 25. April, per Fahrrad durch das Naturschutzgebiet. Treffpunkt ist um 15 Uhr auf der Holzbrücke, eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Teilnehmer sollen aber festes Schuhwerk mitbringen, weil es weit durch den Wald geht.
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