Ketsch/Schwetzingen. Im Gebüsch am Waldrand liegt Bauschutt. Die Knochensteine und Betonbrocken sind fast zugewachsen. Ein paar Schritte weiter sind Gartenabfälle aufgeschichtet. Die Baumstümpfe und das Wurzelwerk gehören nicht hierher. Immer öfter entsorgen unliebsame Zeitgenossen hier ihren Müll, klagt Heinz Eppel, der Sprecher der im Oktober 2019 in Schwetzingen gegründeten Bürgerinitiative (BI) „Rettet den Entenpfuhl“ beim Spaziergang mit unserer Zeitung. Demnächst soll ein Schild aufgestellt werden: „Schutt abladen verboten“. Für Ende Juli ist eine Müllsammelaktion geplant. Der Schwetzinger Bauhof soll Steine und Unrat abholen.
Sonnenstrahlen funkeln durch die Baumkronen. Auf dem Waldweg ist es angenehm kühl. „Gemeinsam für Wasser und Wald“ heißt es auf dem Banner, das die BI in dem Gewann zwischen Schwetzingen und Ketsch aufgehängt hat. Das Unternehmen Heinrich Krieger aus Neckarsteinach möchte in dem Gebiet südöstlich der Enderlegemeinde über einen Zeitraum von 35 Jahren Baustoffe aus dem Boden fördern (wir berichteten mehrfach).
Probleme mit Wasserschutz?
Durch das Kiesprojekt würde der Entenpfuhl-Wald unwiederbringlich verloren gehen, meint Eppel, der mindestens zweimal jede Woche hier draußen unterwegs ist. Die sogenannte Auskiesung gefährde das Wasserschutzgebiet Schwetzinger Hardt. Einen echten ökologischen Ausgleich für eine so große zusammenhängende Waldfläche könne man sich auch nicht vorstellen.
Im Gegenteil, der BI-Sprecher stellt sich eher vor, hier neue Bäume anzupflanzen, vielleicht in Form von Spenden von Politikern und Bürgermeistern. Alle Wahlkreis-Kandidaten hatten sich im vergangenen Landtagswahlkampf gegen das geplante Kies- und Zementwerk der Firma Krieger ausgesprochen. Mehrfach sind Politiker auf Einladung der BI vor Ort gewesen.
Die Kritiker befürchten durch den Kiesabbau negative Auswirkungen auf das Grundwasser, die Landschaft und den Naturschutz. Derzeit darf hier nämlich noch unter keinen Umständen eine Kiesgrube angelegt werden: Das Areal ist ein vorläufig angeordnetes Wasserschutzgebiet. „Grundwasserschutz geht vor. Wir würden nicht nur den Wald verlieren, sondern vieles andere auch“, moniert Monika Maier-Kuhn, die mit Ulrich Renkert, Marco Montalbano und Werner Zieger im BI-Vorstand sitzt. Einige geschützte Fledermausarten sind hier heimisch. Die streng geschützte Waldameise gehört ebenso zum Entenpfuhl wie verschiedene seltene Vogelarten, sagen die Mitglieder der BI.
Die Mitstreiter hoffen, dass das Areal bei einer Neuausweisung durch das Wasserrechtsamt im neuen Wasserschutzgebiet liegt. „Die Bevölkerung soll sehen, dass wir weiter am Ball sind“, meint Eppel. Das Interesse sei unvermindert groß, auch in Corona-Zeiten gebe es immer wieder Anfragen. Bisher habe Corona Veranstaltungen vor Ort einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Vorstandschaft stehe aber im Online-Austausch. Jetzt seien auch wieder Bürgerinformationen in den Gemeinden oder Waldbegehungen in Planung, versichert der BI-Sprecher.
Für Motorfahrzeuge, Gespanne und Reiter ist der Wald gesperrt. Von der nahen Autobahn brandet Lärm herüber. Monika Maier-Kuhn mag sich gar nicht ausdenken, wie Krach und Staub zunehmen würden, sollte das wertvolle Ökosystem gegen ein Kies- und Zementwerk getauscht werden. In Hockenheim werde schon Wald für die Lkw-Rastplätze an der Autobahn weggenommen. Hier würden noch zahllose Lkw-Bewegungen für den Abtransport des ausgebeuteten Materials dazukommen.
Wirtschaftlich wäre der Entenpfuhl für die Firma Krieger sicherlich optimal. Das Gebiet wird gepachtet und muss nicht gekauft werden. Das Gewann ist im Regionalplan als Vorranggebiet für den Rohstoffabbau ausgewiesen worden. Der Beschluss ist aber schon über 30 Jahre her. „Überdenkt doch diesen Regionalplan einmal“, appelliert Monika Maier-Kuhn an die Behörden. Gegen den Kiesabbau sprächen neben der möglichen Verschmutzung des Trinkwassers auch der Schutz von Arten, Klima und Natur, zeigt die Kreisrätin und Vorsitzende der Schwetzinger SPD das Bild eines stattlichen Hirschkäfers, den sie unlängst auf dem Waldweg entdeckt hatte.
Heinz Eppel weist auf eine weitere Bedrohung für den Mischwald hin. Die Kermesbeere macht sich an einigen Stellen immer mehr breit. Seit einigen Jahren drängt der Neophyt verstärkt in den Hardtwald. Die ursprünglich aus Nordamerika stammende Kermesbeere nimmt den anderen Pflanzen Licht, Wasser und Nährstoffe weg und hemmt deren Wachstum. Die Blütezeit beginnt ab Mai und dauert bis in den Herbst.
„An Ideen mangelt es uns nicht“
Das Entenpfuhl-Gelände liegt auf der Gemarkung von Schwetzingen, Eigentümer ist das Land Baden-Württemberg. Unweit des Waldes haben Stadt und Landschaftserhaltungsverband ein Biotop für bedrohte und gefährdete Tierarten angelegt. Die Hecken bieten Rebhühnern, Haubenlerchen und Insekten Schutz und dürfen nicht betreten werden. Nicht selten aber hetzen Hunde durch und scheuchen dabei die Bodenbrüter auf.
Die BI spricht sich weiterhin vehement gegen den Kiesabbau im Entenpfuhl aus. Die Mehrheit der Bevölkerung wolle, dass der Wald so erhalten bleibt, erklärt Eppel. Das Argument von der zunehmenden Rohstoffknappheit und bereits bestehenden Lieferengpässen lasse man auch nicht gelten. Corona habe die kämpferische BI überhaupt nicht aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verdrängt.
„Wasserschutz ist sehr wichtig. An Ideen mangelt es uns nicht und es fehlt auch nicht an Unterstützern. Wir stehen wieder in den Startlöchern“, versichert BI-Sprecher Heinz Eppel voller Zuversicht. „Wir werden viele kleine Mosaiksteine zusammentragen, um das Projekt zu verhindern.“
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