"Keine Zeit für Träume"

Central Kino Ketsch zeigt Film über ADHS

Der Verein „Selbstständigkeitshilfe bei Teilleistungsschwächen“  möchte mit der Filmvorführung mit Vorurteilen zum Thema ADHS aufräumen.

Von 
Lukas Heylmann
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Der Alltag der elfjährigen Merle (Greta Bohacek) und ihrer Mama Kathrin (Anneke Kim Sarnau) ist durch die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom geprägt. © MDR/Andreas Wünschirs

Ketsch. Gehört hat von ADHS – also der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung – sicherlich jeder schon mal, insbesondere Menschen, die selbst Kinder haben oder mit ihnen arbeiten. Doch die Vorstellung, die die Meisten von dieser Diagnose haben, entspricht nicht der Realität der Betroffenen. „Wer das zum ersten Mal hört, denkt immer noch an den Zappelphilipp von früher, dem man nur mal richtig sagen müsste, was zu tun ist“, berichtet Roland Zachert (kleines Bild) aus Erfahrung.

Zachert ist Vorsitzender der Regionalvereinigung Rhein-Neckar von „Selbstständigkeitshilfe bei Teilleistungsschwächen“ (SeHT). Der Verein bietet einen monatlichen Gesprächskreis in Heidelberg für ADHS-Betroffene und deren Eltern an. Als besondere Aktion hat die Regionalgruppe nun mit dem Central Kino und der Neurott-Gemeinschaftsschule eine Filmvorführung mit Podiumsdiskussion organisiert.

© Zachert

Am Dienstag, 11. Oktober, zeigt das Central Kino um 19 Uhr den Fernsehfilm „Keine Zeit für Träume“. Dieser handelt von der elfjährigen Merle, die ihren schulischen Anforderungen nicht gerecht wird. Nach zahlreichen Arztbesuchen mit ihren ratlosen Eltern bekommt sie die Diagnose ADHS. Hier setzt „Keine Zeit für Träume“ es darauf an, den Weg von Betroffenen im Nachgang zu schildern.

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Reale Grundlage

„Es ist eine fiktive Geschichte, aber sie basiert auf realen Daten und trägt sich immer wieder so ähnlich zu“, lobt Roland Zachert das Werk für seinen Realismus. Er selbst ist auf den Film gestoßen, weil die SeHT-Gruppe Ludwigshafen ihn bereits im November 2019 im pfälzischen Limburgerhof gezeigt hat – ebenfalls mit anschließender Podiumsdiskussion. „Das hat mir sehr gefallen, weswegen ich das gerne auch bei uns umsetzen wollte. Auf die Organisation konnten wir dann aufbauen“, erinnert er sich. Eigentlich hätte die Vorführung im Central Kino schon im März 2020 erfolgen sollen – das verhinderte letztlich das Coronavirus, das auch weite Teile der sonstigen Aktivitäten des Vereins in den Online-Bereich verschob.

Das Publikum sei in Limburgerhof durchaus gemischt gewesen, wie der Vorsitzende erläutert. „ Es waren Eltern da, Betroffene, Menschen aus dem pädagogischen Bereich und auch Fachmediziner und Psychologen.“ Im Grunde gleicht diese Zusammensetzung der für die Podiumsdiskussion im Anschluss an den Film, in der ebenfalls all diese Gruppen vertreten sind und auch auf Fragen der Gäste im Central Kino eingehen wollen.

Zu den Experten vor Ort wird auch Zacherts Ehefrau Birgit zählen. Sie arbeitet als Lehrerin und ist auf das Thema ADHS spezialisiert. Inzwischen gibt Zachert auch Fortbildungen für andere Lehrkräfte, um diese für das Thema zu sensibilisieren. Nach Eindruck ihres Ehemanns ist das nötig, trägt inzwischen aber auch Früchte: „Vor zehn Jahren war das meiner Meinung nach auch in den Schulen nicht so publik. Aber das Bild hat sich gewandelt und auch die Pädagogen sind eher dafür geschult, Anzeichen zu erkennen und an die Eltern heranzutragen, dass ADHS eine Möglichkeit sein könnte.“ Nach der Diagnose – und das zeigen nicht nur Roland Zacherts Erfahrungen, sondern laut ihm auch der Film „Keine Zeit für Träume“ – beginnt für Eltern und Kinder jedoch nicht unbedingt eine einfachere Zeit. Denn die Vorurteile sind groß. „Ich habe den Eindruck, dass ADHS gesellschaftlich nicht als Krankheit oder richtiger als Teilleistungsschwäche gesehen wird. Da heißt es dann, das Kind sei einfach bloß faul oder die Eltern erziehen es nicht richtig.“ Durch seine Tätigkeit im Verein bekommt er solche Erfahrungen regelmäßig mit. „Die Eltern haben dann auch mit ihrem Umfeld zu kämpfen oder sind auch selbst im Zweifel. Ärzte ordnen dann oft an, man müsse ADHS medikamentös behandeln, was Eltern auch erst oft nicht wollen. Und für die Kinder selbst ist es natürlich auch nicht einfach.“

Mit genau dieser Zeit der Unsicherheit beschäftigt sich auch der Film im Central Kino. Der Eintritt zu Vorführung und Podiumsdiskussion ist im Übrigen kostenlos. Der Verein bittet allerdings um Spenden für seine Arbeit.

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