Ketsch. Das Central Kino zeigt am Freitag, 16. Juli, um 19.30 Uhr den Dokumentarfilm „Die letzten Reporter“. Die Premiere im Lichtspielhaus wird von unserer Zeitung begleitet und bietet im Anschluss an den Film eine Diskussion mit Chefredakteur Jürgen Gruler (siehe Infobox).
Im Film selbst hat der Regisseur, der mehrfache Grimmepreisträger Jean Boué, drei Reporter in den Fokus genommen, die exemplarisch für das Berufsbild stehen, das sich rasant verändert. Denn regionale und lokale Zeitungen müssen die Veränderungen vom gedruckten ins digitale Zeitalter bewerkstelligen. Die drei Protagonisten erzählen im Film über persönliche Empfindungen und Eindrücke als Reporter und Lokaljournalisten und liefern damit Informationen aus erster Hand.
„Werners Cocktail“
Im Gespräch mit Jürgen Gruler Der Film "Die letzten Reporter" ...
Da ist zum einen Werner Hülsmann – er schreibt seit 30 Jahren „Werners Cocktail“, eine wöchentliche Kolumne, wer was mit wem wo gemacht hat. Hülsmann nennt sich selbst zwinkernd den Baby Schimmerlos von Osnabrück. Alles, was ein bisschen Rang und Namen hat oder zu Besuch ist, findet Hülsmanns Aufmerksamkeit. Als studierter Geisteswissenschaftler hat er sich eine Nische gesucht und berichtet aus dem gelben Bereich über leichte Themen mitunter voller Ironie. Er ist gleichwohl eine Marke, die aus der Mode kommt. Werner Hülsmann ist der letzte Kulturredakteur der Osnabrücker Nachrichten – das ist ein Anzeigenblatt, das hunderttausendfach umsonst in den Briefkästen der Stadt liegt.
Näher am Leser dran
Anna Petersen dagegen berichtet aus Bienenbüttel für die Landeszeitung Lüneburg. Die Jungjournalistin glaubt fest an die Lokalzeitung, weil sie näher am Leser dran ist als jedes andere Medium. Auch in Zukunft, und sei es online. Petersen kennt sich aus. Die 25-Jährige ist ein Landkind. In Bienenbüttel geboren, schrieb sie über den Bienenbütteler Bürgerbus ihre Bachelorarbeit. Sie zieht es nicht in die Stadt, ihr Ort ist die Provinz. Anna Petersen ist ein Schreibtalent, ihre Reportagen rühren an, werden ausgezeichnet, auch wenn nicht jeder Bauer sie sofort ernst nimmt, wenn sie über den Acker stakt, im Rock mit Block und blonder Mähne.
Derweil arbeitet Thomas Willmann bereits seit einem Vierteljahrhundert als Sportreporter für die Schweriner Volkszeitung. Ihn interessiert Lokalsport, die Leidenschaft, mit der sich Menschen in ihren Vereinen für Urkunden und Pokale ertüchtigen.
Seine Hauptarbeitszeit ist das Wochenende, dann wenn die Vielzahl der Hobbysportler in Aktion treten. Wenn Willmann kommt, ist die Zeitung da und die Veranstaltung gewinnt an Bedeutung. Den lokalen Sportreporter kennt jeden und alle kennen ihn.
Doch die Zeiten ändern sich, denn der Verlag ist zum Umbau gezwungen. Willmann muss ab jetzt auch online berichten, „Digital Storytelling“ lautet das Zauberwort. Künftig soll der Sportberichterstatter Videos und Posts von un-terwegs absetzen – auf Facebook. Das bedeutet für Willmann: Umlernen und sich ein Smartphone zulegen.
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