Ketsch. Hans-Michael Rößler redet nicht lange, er geht die Sachen an. Das können die Kunden des 56-jährigen Wasser- und Sanitärinstallateurs bezeugen und das sollten vor der Wahl des neuen Gemeinderats auch alle Ketscher sehen: Für seine Wahlplakate ließ er sich nicht etwa in Hemd und Anzug ablichten, sondern in Arbeitsmontur und mit Schraubenschlüssel.
„Ich bin zuerst gefragt worden, ob ich nicht etwas anderes anziehen möchte. Aber warum sollte ich mich verkleiden? Krawatten sind nicht so meine Sache. Ich bin ein ganz normaler Typ“, erinnert sich Hans-Michael Rößler schmunzelnd. Zusammen mit dem 19-jährigen Abiturienten Moses Ruppert sitzt der Handwerkermeister nun erstmals für die SPD im Gemeinderat. Und dort will er mit seiner bodenständigen Art Politik für Ketsch machen.
Zweimal hatte Rößler zuvor schon für das oberste Gremium der Gemeinde kandidiert – umso überraschter war er von dem Ergebnis vor wenigen Wochen: „Ich habe von meiner Wahl doch tatsächlich durch einen Anruf der CDU erfahren: Gemeinderat Rainer Fuchs hat sich bei mir gemeldet, als ich gerade mit dem Auto unterwegs war, und mir gratuliert. Ich dachte erst, er macht einen Witz – aber dann kam auch schon die Kurznachricht von meinen Parteikollegen und die Sache wurde Wirklichkeit.“
Ungewöhnliche Wahlplakate
Rund 500 Stimmen mehr hat Hans-Michael Rößler im Vergleich zur vorherigen Wahl erhalten. Für den 56-Jährigen hat dieser Erfolg auch mit seinen eher ungewöhnlichen Wahlplakaten zu tun. Gleichzeitig hat aus seiner Sicht die Parteizugehörigkeit bei Kommunalwahlen keine allzu große Bedeutung – was das vergleichsweise gute Ergebnis der Ketscher Sozialdemokraten und seinen Einzug ins Gremium erklären würde. „Ich selbst bin damals eher zufällig zur SPD gekommen, weil ich mit Gemeinderat Gerd Jungmann befreundet bin. Er hat mich überzeugt, mitzumachen. Die Partei stand da gar nicht im Vordergrund“, erzählt Rößler.
Dennoch kann sich der frisch gewählte Gemeinderat mit dem örtlichen SPD-Programm identifizieren. Da er wegen seiner Berufserfahrung im Bau- und Umweltausschuss sitzen wird, ist ihm besonders der fahrradfreundliche Umbau der Ketscher Infrastruktur wichtig. „Wir müssen dem Rad einen gleichberechtigten Platz neben dem Auto geben, auch wenn es da logischerweise zu Interessenkonflikten kommen kann. Aber zumindest bei allen Sanierungen und Umbauten müssen wir das Fahrrad mitdenken“, fordert er. Ein konkreter Ansatzpunkt wäre aus seiner Sicht der Radweg in der Karlsruher Straße, der seiner Beobachtung nach kaum genutzt werde – mutmaßlich, weil die Wegführung die Radler immer einem ungemütlichen Rauf und Runter aussetze. „Vielleicht kann man da nachjustieren“, sagt Rößler.
Beim Thema Verkehr fände der 56-Jährige eine Reduzierung der Autos wünschenswert, er sieht aber auch die Grenzen dieser Überlegungen. „Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass Handwerker oder Geschäftsleute nicht auf das Auto verzichten können. Wir müssen also einen Kompromiss finden und den öffentlichen Nahverkehr ausbauen.“
Das Rückgrat der Wirtschaft
Als örtlicher Handwerksmeister liegen ihm außerdem die kleinen Betriebe in der Enderlegemeinde am Herzen. „Die Gemeinde macht da schon viel, aber diese Unternehmen sind das Rückgrat unserer Wirtschaft, deshalb müssen wir sie weiter unterstützen“, sagt Hans-Michael Rößler.
Ansonsten lässt sich der Ratsneuling nach der konstituierenden Sitzung erst einmal überraschen, was da noch so alles auf ihn zukommt in den nächsten fünf Jahren. Er will Einblicke gewinnen in die politischen Abläufe und auch schauen, ob die von den Grünen regelmäßig geforderte größere Transparenz in der Ketscher Kommunalpolitik gerechtfertigt ist. „Wenn immer alle mitbestimmen, sind keine Entscheidungen möglich. Gleichzeitig soll selbstverständlich nicht alles Wichtige im Geheimen beschlossen werden. Ich will also mal sehen, wie die Lage tatsächlich ist“, erklärt Hans-Michael Rößler.
Dabei hofft er auf keine unnötig zugespitzten Streitthemen in den kommenden Jahren. „Die großen und bisweilen unschön geführten Diskussionen in Ketsch scheinen ja erst einmal herum zu sein. So gesehen sind wir neuen Gemeinderäte in einer komfortablen Situation: Wir müssen die kontroversen Projekte nicht mehr entscheiden, sondern nur noch deren Eröffnung feiern“, sagt Hans-Michael Rößler und schmunzelt.
Zur Person
Hans-Michael Rößler ist 56 Jahre alt und in Lengfurt in Bayern aufgewachsen.
1974 zog er mit seiner Familie nach Ketsch: Sein Vater war Binnenschiffer auf dem Main und wechselte zu einer Reederei nach Mannheim.
Seinen Meister machte Rößler 1990, drei Jahre später folgte der Sprung in die Selbstständigkeit mit einem Kollegen. Im Jahr 2000 machte er mit einem eigenen Betrieb in der Durlacher Straße weiter, seit 2013 sitzt seine Firma in der Breslauer Straße gegenüber der Neurotthalle.
Hans-Michael Rößler ist verheiratet und hat einen 20 Jahre alten Sohn. In seiner Freizeit fährt er mit seiner Familie gerne zum Campen – im idyllischen Neckartal, in der Eifel oder auch mal in Kroatien. beju
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