Ketsch. Sie sind gestreift, stammen aus Asien und gelten als erbarmungslose Jäger. Die Rede ist nicht von einer stattlichen Raubkatze, sondern von der kaum 1-Cent-Münze großen Tigermücke. 2021 wurde die invasive Stechmückenart in der Enderlegemeinde erstmals entdeckt. Ihr Bestand wuchs erkennbar an. Anfang dieses Jahres beschloss der Gemeinderat ihre professionelle Bekämpfung im urbanen Ketscher Raum durch die Kabs, die kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage.
„Stand jetzt können wir ein einigermaßen positives Zwischenfazit ziehen“, sagt Kabs-Pressereferentin Xenia Augsten. Seit Ende April laufen sie und etwas mehr als 20 Kollegen täglich von Tür zu Tür. Ziel ist es, jeden Ketscher Garten im zweiwöchentlichen Rhythmus auf Brutstätten zu untersuchen.
Während heimische Stechmücken in der Regel für den Menschen nur lästig, aber nicht gefährlich sind, sieht es bei eingewanderten Arten etwas anders aus. Die asiatische Tigermücke lebt ursprünglich in Südostasien, doch mittlerweile hat sie sich eben in der Region breitgemacht – und kann auch hier zur Gefahr werden. Vor mehr als zehn Jahren wurden die ersten Exemplare der tropischen Stechmücke in Deutschland nachgewiesen. Sie ist drei bis zehn Millimeter groß und sehr stechfreudig – auch tagsüber.
Weniger Exemplare entdeckt
Der bisherige Erfolg lässt sich anhand zweier Beobachtungen taxieren. Zum einen legt die Aktionsgemeinschaft Duftfallen aus, die stechwillige Weibchen anlocken. „Im vergangenen Jahr gingen uns so in einem bestimmten Zeitraum in einer Falle um die 300 Exemplare ins Netz“, berichtet Augsten, „kürzlich waren es in einer ähnlichen Spanne rund 90. Das ist eine erhebliche Reduktion.“
Zum anderen erhalten die Schnakenjäger positive Resonanz in Form des Mottos „Nicht geschimpft ist gelobt genug“. Die Beschwerden der Anwohner über hohe Stechbelästigungen sind etwas zurückgegangen. „Es tut sich also etwas. Die Resultate sind aber noch nicht da, wo wir sie gerne hätten“, stellt die Biologin klar. Die Hochphase der Tigermücke dauert noch etwa bis Ende September. Dann enden auch die aktiven Maßnahmen.
Stellschrauben für eine noch effizientere Bekämpfung gibt es mehrere. Da der Beschluss des Gemeinderats erst Ende März getroffen wurde, hatte die KABS nicht auf Anhieb die benötigte Personalstärke für den 180 Hektar großen Ketscher Raum zur Verfügung. Die „volle Kapelle“ rückt erst seit Ende Juni an. Dabei ist es im Hinblick auf die exponentielle Vermehrung von Insekten essenziell, schon die erste Generation im Larvenstadium zu erwischen. „Wenn wir nächstes Jahr hoffentlich direkt zu Beginn der Saison voll starten können, dürfte es noch besser aussehen“, so Augsten.
Außerdem gibt es noch immer einige wenige Bewohner, die den Mückenjägern den Zutritt zu ihren Gärten verweigern. Dies erschwere die langfristige Bekämpfung erheblich, da sich punktuell immer wieder kleine Oasen für die Plagegeister bilden. „Es geht ja darum, sich selbst zu helfen und etwas zu tun, damit man seinen eigenen Garten genießen kann. Je mehr bisherige Verweigerer uns letztlich doch reinlassen, desto schneller sind wir am Ende auch wieder weg“, plädiert die 31-Jährige an die Kooperationsbereitschaft. „Mögliche Bedenken oder Ängste sprechen wir natürlich jederzeit gerne an und klären auf.“
Insgesamt sei die Zahl der verschlossenen Türen aber sehr niedrig: „Vom Großteil der Ketscher werden wir wirklich herzlich empfangen. Viele helfen auch selbst aktiv mit und reduzieren die Brutstätten eigenständig.“ Auch die Zusammenarbeit mit der Gemeinde verlaufe sehr fruchtbar.
Italien als Negativbeispiel
Dass die Maßnahmen gegen die gestreiften Fieslinge kein Kampf gegen Windmühlen sind, zeigt neben den bisherigen Erfolgen in der Enderlegemeinde der Blick in die Region. In Graben-Neudorf oder der hessischen Stadt Oestrich-Winkel konnte die KABS die Tigermücke größtenteils komplett aus dem Luftraum vertreiben.
Ein erschreckendes Gegenbeispiel liefert Italien. Anders als in Deutschland ist der tagaktive Störenfried dort flächendeckend angesiedelt. Ein ungestörter Aufenthalt im eigenen Fleckchen Grün der italienischen Privathaushalte ist in vielen Gebieten nicht mehr möglich.
Und in Deutschland? Bürger können selbst aktiv werden, indem sie nicht benötigte Gefäße aus dem Garten entfernen. Da sich an den Innenwänden Eier befinden könnten, ist es wichtig, sie nicht einfach wegzuwerfen oder an Freunde zu verschenken. „Die Eier können mehrere Monate ohne Wasser überleben - auch im Winter. Befinden sich tatsächlich welche am Behältnis, kann sich die eigentlich flugfaule Tigermücke auf diese Weise ausbreiten. Das ist der Super-Gau“, erklärt Augsten.
Deshalb sollten Gefäße zuvor je nach Material ausgekocht, mit heißem Wasser gespült oder mindestens ausgebürstet werden.
Ganz Ketsch ist also von der Tigermücke besetzt. Ganz Ketsch? Nein! Im Norden gibt es unbeugsames „gallisches Gebiet“, das den Eindringlingen erfolgreich Widerstand leistet. Sichtungen oder Funde nördlich der Jägerndorfer Straße also Teilen des Neurottgebiets und der Fünfvierteläcker, bittet die Kabs, per E-Mail an tigermuecke@kabsev.de zu melden. Intakte tote Exemplare aus diesem Bereich können auf dem Postweg gesendet oder bei der Gemeinde abgegeben werden.
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