Kulinarik - Bei "Kochen im Grünen" kommen die Feinschmecker auf ihre Kosten / Fachliche Vorträge zu Gewürzen, Fleischsorten und Kinder-Catering

Kapriolen für den Geschmackssinn

Von 
Sabine Zeuner
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Ketsch. Tango für die Geschmacks-knospen, Chansons für die Nonchalance und Sonne am Himmel bestimmen am ersten Tag des Mega-Gourmet-Kochclub-Events "Kochen im Grünen" (KiG) im Ketscher Bruch das Bild. Zum dritten Mal - jeweils immer im Abstand von zwei Jahren - sind die Chuchi (schweizerisch für heimatliche Küche) - Bruderschaften und Männerkochclubs - Gast auf der Bruchfestwiese; das KiG gibt es schon zum neunten Mal in Folge. Satte 130 Meter Genuss warten am Starttag auf die Genießer, die Kochclubs selbst, deren Familien und Freunde und Gäste.

Man bleibt aber mehr oder weniger unter sich, denn die Teilnahme ist angemeldeten Personen vorbehalten. Die wiederum können sich glücklich schätzen, dass sie in diesem Jahr einem Rekord beiwohnen dürfen: Insgesamt 713 Personen sind dabei. "Das bringt unsere Logistik an die Grenze", erklärt Eva Aldinger, die die Anmeldungen verwaltet und von völlig ausgeschöpften Kontingenten in drei Hotels der Region und 57 Wohnmobilen im Bruch spricht. "Das größte Fest jemals", betitelt der Organisator Bernd Aldinger die Zusammenkunft von über 30 Chuchinen in bestens hochtechnisch präparierten Zelten, wo überall schon auf Hochtouren gearbeitet wird.

Französische Chansons

Während Jean-Claude Fourcade von der Chuchi Karl Kaiser Ingelheim im Kochoutfit die Gitarre ergreift und charmant französische Chansons singt, geht es straff getaktet für die Hobbyköche an die über 1800 Amuse-Bouche-Häppchen zur Begrüßung.

In kleinen Schälchen auf glänzenden Löffeln oder dem natürlichen Gehäuse (Muscheln) selbst, drapieren etliche Helfer, was wenig später zum Begrüßungs-Cocktail mundet. Inhaliert man den Duft der Aromen, dann explodieren schon da die Speicheldrüsen in Erwartung der Reize, allein das Zuschauen beim Finish ist schon ein Genuss: Noch einen Hauch Safranfäden auf den Pulpo, der sanft gegart in kleinen Stückchen schon umkleidet von feinen Gurkenwürfeln und Gewürzen auf einem transparenten Löffel auf das Abtauchen in die Münder der Hungrigen wartet und das Harmoniespiel der Aromen ist perfekt.

Eines wie das andere warten optisch derart kreativ angerichtet an Schiffchen mit gehisstem Segel erinnernde orientalische Lammfleischbällchen mit Mango-Paprika-Chutney auf den Verzehr. Sie umschwebt der Odem der Gewürze, der Kapriolen für die Sinne verspricht.

Die Miesmuscheln mit Mettbällchen und mediterraner Tomatensoße zeigen sich bestens in Schale auf einem riesigen Tablett, warten auf die neugierigen Genießer. Dem intensiven Essensgeruch kann sich das Riechorgan auf dem gesamten Areal nicht entziehen. Intensivschnuppern, etwa an der umfunktionierten Betonmischmaschine, in der ein deftiges Gulasch überm Holzkohlefeuer brodelt, ist Ehrensache. Nebenan befüllen fleißige Helfer gewürzten Reis, der eine Symbiose mit Ricotta und Ei eingegangen ist, in dessen Mitte schmackhaftes angebratenes Hack ein Bett findet.

Fingerfood mal anders

Kleine Kugeln werden daraus geformt, paniert und in Fett ausgebacken - Fingerfood mal ganz anders. Im wohl größten bekannten Sous-vide-Kocher Marke Eigenbau ziehen 50 Lammkeulen über viele Stunden langsam gar, das superzarte Ergebnis wird erst am Tag darauf zum Mittagessen gereicht. Woanders drehen sich vier Fetzen Bratenfleisch auf dem Gasgrill, finden Nordseekrabben ihr finales warmes Bett in würzigem Rührei und marmorierter Pralinenschaum seinen Platz auf dunkler, fruchtiger Brombeersoße.

Tricks und Kniffe ausgetauscht

Köche und Gäste stehen zusammen, verkosten, schwelgen, lassen sich erklären und tauschen sich über Tricks und Kniffe aus.

Ein Schlückchen eines guten Tropfens Wein oder süffigen Bieres später geht es weiter auf der Achterbahn der Gustos, die vom Matjes bis zum Froschschenkel, von Saubohnen bis Frankfurter grüner Soße und Kaninchenbratwurst, abschließend zu Grießschnitten, Topfkuchen und Kaffeekreationen saust.

Helmuth Balser von der Chuchi Gernsbach darf all die Leckereien ansagen, denn die jeweils zwei Vorspeisengänge, ein Hauptgang und die Desserts gehen punktgenau an alle raus aus den "Feldküchen". Er erzählt von 120 Chuchis mit 1200 Mitgliedern in Deutschland und davon, dass auch einige aus dem Ausland angereist sind. Rund um den Genuss gibt es eine informative Verkaufsausstellung für Equipment und Würze, edle Tropfen und mehr.

Passend dazu zeigt Messer-Schleifer Horst Härtlein, wie man des Kochs wichtigstes Utensil - die Messer - korrekt schärft und dauerhaft so hält. Gewürze, Wassergewinnung aus Luft, Fleischsorten zum Grillen, Kinder-Catering und Kochjacken sind Inhalt der fachlichen Vorträge. Bei soviel Kulinarik vor der eigenen Haustür wundert, weshalb die Ketscher Enderle-Chuchi nicht kochend dabei ist. Wir haben diesbezüglich bei Jochen Vowinkel vom Ketscher Club nachgefragt: "Es sind fast alle in Urlaub, deshalb können wir dieses mal nicht dabei sein, die letzten beiden KiGs haben wir mit dem allgemeinen Frühstück versorgt, beim nächsten Mal klappt es bestimmt, dass wir hier auch kochen." Lockere 48 Stunden schnippeln, kochen, grillen, anrichten, essen und trinken begeistern alle, auch wenn es samstags öfter einmal feucht von oben wird. Das große Festzelt bietet trockenen Platz für alle und die Freude aufs nächste Ma(h)l ist groß, denn nach dem KiG ist vor dem KiG.

Ketsch

Ketsch: "Kochen im Grünen" mit den Chuchi

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