Ketsch. Bei der Gedenkstunde am Vorabend des Volkstrauertages erinnerten der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, der Sozialverband VdK und die Gemeinde auf dem Friedhof an die Kriegstoten und die Opfer von Gewaltherrschaft. Die Feier in der Ketscher Trauerhalle wurde würdig begleitet vom Musikverein 1929 unter der Leitung von Franz Hauns.
Acht Schüler der Klassen 9a und 9b der Neurott-Gemeinschaftsschule hatten sich unter Anleitung der Lehrerinnen Yasmin Gireth und Mandica Breitrück Gedanken gemacht zur Bedeutung des Volkstrauertages und sich mit dem Thema Krieg und Frieden auf der Welt auseinandergesetzt.
Sie trügen keine Verantwortung für die Toten und Opfer der beiden Weltkriege, „aber wir haben die Erkenntnis gewonnen, dass Geschichte passiert und wir als Jugendliche aus dieser Erfahrung der Generationen vor uns lernen können“, meinten Martin, Leonie, Noemi, Noah, Leticia, Tara, Lea-Sophie und Briana vor den rund 30 Besuchern in der Trauerhalle. „Wofür sind all’ die Soldaten aufgebrochen, bitte sehr? Wofür sind sie dann gestorben? Das zu verstehen, fällt mir schwer“, fragten sie in einem Liedtext von T. Mandelkow: „Diese Namen wollen mahnen: Krieg ist grausam! Krieg macht stumm! Lasst uns diese Botschaft teilen! Tragt sie raus in alle Welt! Auf dass irgendwann kein Mensch mehr einem Krieg zum Opfer fällt.“
Verbrechen der Hitler-Barbarei
Wie Kriege vermeiden? Auch dazu hatten sich die Jugendlichen, wie schon Generationen vor ihnen, einige Gedanken gemacht. Sie zitierten das Gedicht „Wenn jeder eine Blume pflanzte“ von Peter Härtling und formulierten ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen. Frieden bedeute, respektvoll miteinander umzugehen, allen Kindern eine Chance auf Bildung zu geben, keinen Streit mehr mit anderen zu haben – und Liebe.
Der Musikverein brachte das Sanctus „Heilig, heilig“ von Franz Schubert zu Gehör. Man gedenke nicht als persönlich Schuldige, meinte Bürgermeister Jürgen Kappenstein in seiner Ansprache, „aber aus der Schuld, die Deutsche in zwölf Jahren der NS-Diktatur auf sich geladen haben, wächst uns eine besondere Verantwortung zu“.
Die Verbrechen der Hitler-Barbarei, die Zerstörung aller sittlichen Normen, die Unmenschlichkeit der NS-Diktatur dürften niemals vergessen werden: „Gewalt herrschte überall und überall wurden Menschen überwacht, verfolgt und verschleppt, gefoltert und ermordet. Bürger aus allen Schichten, Menschen vieler Nationalitäten, jeden Glaubens, jeden Bekenntnisses, jeder Weltanschauung und mit unterschiedlichen politischen Überzeugungen.“
Wenn man sich heute der Opfer des Nationalsozialismus erinnere, „dann tun wir das aus dem Bewusstsein heraus, die Entwürdigten von damals wieder ins Recht zu setzen. Genau das ist der Geist, aus dem heraus wir um die Opfer der Kriege trauern, um die zahllosen Menschen, die ihr Leben oder ihre Gesundheit verloren haben“. Kappenstein wandte sich an die jüngere Generation. Eine Gesellschaft brauche, um ihre Freiheit zu sichern, eine konsequente Haltung gegen jede Form der Ausgrenzung: „Wir müssen Unrecht, gleich, in welcher Form es uns begegnet, von Anfang an entschlossen entgegentreten.“
Der Totalitarismus, wie er sich in Deutschland nach dem 30. Januar 1933 habe durchsetzen können, sei „keine unwiederholbare Entgleisung“. Deshalb sei jede Form von Antisemitismus unerträglich. Hetze und Gewalt dürften in unserer Gesellschaft schlichtweg keinen Raum haben.
„Wer Hass schürt, beutet die Ängste von Menschen aus. Friede beginnt immer mit der Achtung der unbedingten und absoluten Würde des einzelnen Menschen, in allen Bereichen seines Lebens“, plädierte der Bürgermeister abschließend für Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher Gewalt.“ Für diese Haltung müssten alle eintreten: „Immer wieder, jeden Tag aufs Neue. Für ein Leben in Frieden in unserem Land und in ganz Europa. Daran haben wir uns zu messen.“
Trauermarsch und Fackeln
Unter den Klängen des Trauermarschs begaben sich die Teilnehmer im Licht der Fackeln, mit denen die Feuerwehr den Weg flankierte, zum Ehrenmal für die Toten der beiden Weltkriege. Der Musikverein spielte das Lied „Ich hatt’ einen Kameraden“. Bürgermeister Jürgen Kappenstein und der VdK-Vorsitzende Willi Dörr legten Kränze nieder und verneigten sich in stillem Gedenken.
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