Central Kino

Ketscher „Kirchenkino“ präsentiert Film eines iranischen Regisseurs

Das Ketscher „Kirchenkino“ präsentiert den Film "Holy Spider" des iranischen Regisseurs Ali Abassi, der sich an einem realen Fall orientiert.

Von 
Volker Widdrat
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Doris Steinbeißer (l.) befragt im Central Kino nach der Vorführung des Films „Holy Spider“, der von einem Serienkiller handelt, der im Iran Prostituierte ermordet, Bahare Beverungen, die Solidaritätskundgebungen für iranische Frauen organisiert. © Widdrat

Ketsch. Mit dem Thriller „Holy Spider“ richtete die Ketscher Reihe „Kirchenkino“ dieses Mal den Blick auf die frauenhassende Gesellschaft im Iran. Der Film des in Dänemark lebenden iranischen Regisseurs Ali Abassi orientiert sich an dem realen Fall eines iranischen Serienkillers.

Moderatorin Doris Steinbeißer, Pfarrer Christian Noeske, Diakon Heiko Wunderling und Pastoralreferent Matthias Rey vom „Kirchenkino“-Team freuten sich über viele Filmfreunde im Central Kino. In einer stillen Minute gedachten die Besucher des stellvertretenden Vorsitzenden Hansdieter Gehres. Der Filmenthusiast, für den das Central Kino eine Herzensangelegenheit gewesen war, war im April kurz vor seinem 75. Geburtstag verstorben.

„Holy Spider“ handele von einer „Serienmörder-Gesellschaft“, sagte Regisseur Ali Abassi einmal. In der Stadt Mashhad, einem religiösen Zentrum im Iran, macht ein Mann nachts Jagd auf Prostituierte. Er erwürgt sie brutal und lädt sie am Rande der Stadt irgendwo ab. Er ist davon überzeugt, im Namen Allahs zu handeln und die Straßen von den unsittlichen Frauen säubern zu müssen.

Tief verwurzelter Hass

Im Mittelpunkt des Films steht die Geschichte der mutigen Journalistin Rahimi, die in dem Fall recherchiert und sich auf die Suche nach dem Killer macht. Dabei wird sie von Männern beschimpft und bedroht, etwa, wenn sie an der Rezeption eines Hotels nach einem Zimmer fragt, aber allein einchecken will, oder wenn die Haare unter ihrem Kopftuch zu sehen sind. Die Journalistin spielt den Lockvogel, die Polizei unternimmt nichts. Als der Killer verhaftet wird, wird er von der Gesellschaft als Held gefeiert und als er gehängt wird, folgt das Erschreckende: Sein heranwachsender Sohn will es einmal genauso machen wie der Vater.

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Am 13. September 2022 wurde Jîna Mahsa Amini von der islamischen Sittenpolizei in der iranischen Hauptstadt Teheran festgenommen und ins Gefängnis gebracht. Schon auf der Fahrt dorthin wurde sie misshandelt. Drei Tage später starb die 22-jährige Kurdin im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen. Ihr Tod entfachte eine breite Protestbewegung im Iran und in anderen Ländern.

„Holy Spider“ wurde vor diesen Ereignissen gedreht. Der in Jordanien entstandene Film ist brutal, intensive Szenen zeigen das langsame Sterben der oft drogenabhängigen Sexarbeiterinnen.

Der sogenannte „Spinnenmörder“ ist in der heiligen Stadt mit ihren drei Millionen Einwohnern ein fanatischer Anhänger des schiitischen Imams Reza. Der Hass auf Frauen ist tief in der iranischen Männergesellschaft verwurzelt. Frauen sind böse und stören die Ordnung und Sex ist im Iran noch immer ein Tabu. Außerhalb der Ehe ist er genauso verboten wie Prostitution, die es aber dennoch gibt.

Keine Diskussion

Der Iraner Mehdi Bajestani spielt im Film den Serienmörder Saeed. Die Schauspielerin Zar Amir, die den Part der Journalistin übernahm und in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet wurde, hatte 2006 ihr Land verlassen, nachdem ein Video mit Sexszenen mit ihrem damaligen Freund aufgetaucht war.

Was können wir hier machen gegen die brutale Unterdrückung der Frauen im Iran? Darüber sprach Doris Steinbeißer nach dem Film mit der im Iran geborenen und im Alter von sechs Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland ausgewanderten Bahare Beverungen. Die studierte Innenarchitektin organisierte die ersten Solidaritätsdemonstrationen in der Region. Die Proteste richteten sich nicht nur gegen den Kopftuchzwang im Iran, der seit der Revolution von 1979 herrscht. Die Protestbewegung verlange nach mehr und wende sich gegen die systematische Verletzung der Rechte von Frauen und Minderheiten, willkürliche Verhaftungen, Folter und Korruption, meinte Beverungen, die 1979 geboren wurde und den Iran nicht als freies Land kennt. Ziel sei es auch, die Bundesregierung zu einer Änderung ihrer Iran-Politik zu bringen.

Der Film war zweifellos eine sehr schwere Kost und beschäftigte die Zuschauer sicherlich über das normale Maß eines Kinoerlebnisses hinaus. Das dürfte auch der Grund gewesen sein, warum es anschließend keine Diskussionsrunde mit Fragen gab.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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