Central Kino - Besucher begeistert vom Abend mit Professor Dr. Hans-Peter Schwöbel und seinem Dialekt-Feuerwerk

Kleinkunst-Herz schlägt endlich wieder

Von 
Stefan Kern
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Professor Dr. Hans-Peter Schwöbel verteilt seine „Mundart-Gutsel“ im Central Kino. © Kern

Ketsch. Wenn man ganz ehrlich ist, hat der Mann schon vor Beginn seines Programms gewonnen. Die Menschen in Ketsch schienen in Sachen Kleinkunst so ausgehungert, dass allein schon das Stattfinden dieses Abends mit Professor Dr. Hans-Peter Schwöbel im Central Kino zu einem Ereignis wurde, das für ausgesprochen gute Laune sorgte.

Gisela Bierbaum erklärte gegenüber dieser Zeitung, dass sie sich schon den ganzen Tag auf diesen Abend freue. „Ich bin deswegen schon gut gelaunt aufgestanden.“ Und das Ehepaar Christa und Bernd Krupp ließ keinen Zweifel daran, dass das über Monate stillstehende Kleinkunst-Herz sehr schmerzlich war. „Wir haben das schon sehr vermisst.“ Hedi Wirnshofer und Uschi Rohr-Diederich wollten sich denn auch nicht lange aufhalten lassen: „Es wird wirklich Zeit, dass hier wieder einmal etwas passiert.“ Worte die die Corona-bedingt nur rund 50 zugelassenen Gäste wohl alle blind unterschrieben hätten – ganz besonders natürlich Gabriele Hönig, die im Trägerverein für die Kleinkunst zuständig ist: „Es ist unsere allererste Veranstaltung dieses Jahr und es fühlt sich richtig gut an hier wieder auf und vor der Bühne Menschen zu haben.“ Dabei empfand sie es als besonderes Glück für diese besondere Premiere 2021 den „klugen Dialektiker Schwöbel“ mit seinem Programm „Schwöbel kommt“ auf die Bühne bekommen zu haben. Und das waren schon wieder Worte, die hier jeder unterschrieben hätte.

Die Liebe fürs Kurpfälzische

Schwöbel bekam ziemlich viele Vorschusslorbeeren. Und, um es vorwegzunehmen, sie waren gerechtfertigt. Das Dialekt-Feuerwerk riss einfach jeden mit. Wer je Vorbehalte pflege, wegen der Art wie Kurpfälzer zu sprechen, sollte einen Abend mit Schwöbel verbringen. Er wird das Kurpfälzisch lieben lernen. Es ist von Schwöbels Ausführungen nicht weit zu dem Schluss, dass Dialekt sprechen auch Ausdruck von einer Art Humanität ist, die weit mehr als das Hochdeutsch zum Ausdruck bringt, dass jeder so sein könne wie er ist.

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Dabei beließ es der Professor keinesfalls bei leichter Unterhaltung. Im Gegenteil, deutlich grenzte er sich gegen alle Denkverbieter ab und sang ein Loblied auf die, die den Mut haben, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen. Auch wenn das manchmal unbequem ist. Und auch gegen die Glasperlenspieler aus Frankfurt, London und New York teilte er ordentlich aus.

Eingeschenkt – und zwar Schorle im Dubbeglas – bekamen dagegen alle anderen, die es verstehen zu leben und leben zu lassen. Wobei er nicht verstehen kann, dass es an der Bergstraße Schorle in 0,2-Gläsern gibt. „Ich bekomme da Depressionen.“ Eine richtige Schorle, so Schwöbel, werde im 0.5-Liter-Dubbeglas kredenzt. Alles andere sei eine Beleidigung für den „Schoppenzähler“. Auf Kurpfälzisch die Bezeichnung für den Adamsapfel.

Von diesen kurpfälzischen Begriffen feuerte der Mann eine ganze Salve ab. Bobbele (Baby), Bortzel (Kind), Herzkersch (Liebste) und natürlich das legendäre „Wem ghersch denn du?“ sorgten in den Kinorängen für wohlige Glückseligkeit. Letzteres ist für Schwöbel übrigens keine Beleidigung, sondern ein Hinweis auf ein soziales Netzwerk, in dem der Einzelne aufgehoben ist. Heute würde ja die individuelle Freiheit sehr groß geschrieben. Doch das, was daraus entstanden sei, ist für Schwöbel keine Freiheit, sondern Beliebigkeit und Einsamkeit. „Freiheit braucht Gebundenheit.“ Nur so entstünde eine gelingende Zivilisation.

Und neben diese Gebundenheit hob er dann noch das Lernen ins Zentrum seiner Ausführungen. Lösungen für den aus dem Ruder laufenden Finanzkapitalismus, der zunehmenden Migration und auch für den Klimawandel setzten den unbedingten Willen voraus zu lernen. Das sei übrigens ein Grund, warum Demokratien Diktaturen am Ende immer überlegen seien. Diktaturen könnten freies Lernen kaum zulassen, ohne ihre Stabilität zu gefährden. In der Demokratie sei es genau andersherum.

Nach fast eineinhalb Stunden gab es dann viel Applaus und begeisterten Zuspruch. Hoffentlich, so war überall zu hören, sorge Corona nicht wieder für Aussetzer beim Kleinkunst-Herz. Dafür sind solche Abende einfach zu wichtig.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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