Infrastruktur - Friedrichsfelder 21sportsgroup will auf 67 000 Quadratmetern Logistikcenter einrichten / Land verkauft Grundstück an Investor / Kritiker fürchten mehr Verkehr

Onlinesporthändler zieht es nach Ketsch

Von 
Benjamin Jungbluth
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Aus der Luft kann man gut erkennen, was hier Große entstehen wird: Links ist die Hockenheimer Straße zu sehen. Rechts die braune Fläche wird bis zu den beiden Bäumen wohl weitgehend das Logistik-Zentrum des Sportartikelhändlers einnehmen.

© Fuchs

Ketsch. Es gibt Bewegung in der Entwicklung des Gewerbegebiets Süd: Der Landtag von Baden-Württemberg hat dem Verkauf einer landeseigenen Fläche von rund 67 000 Quadratmetern in dem noch nicht erschlossenen Teil des Gebietes zugestimmt. Damit blieben in dem noch nicht bebauten Teil des Gewerbegebietes etwa 15 000 Quadratmeter frei. Nach Rücksprache mit der Gemeinde wird das Gelände an die Kapitalverwaltungsgesellschaft Institutional Investment Partners GmbH (IIP) verkauft. Diese möchte dort Gebäude errichten und an die Mannheimer 21sportsgroup GmbH, einen Online-Händler für Sportbekleidung, vermieten. Laut Unterlagen des Landtags beträgt der Verkaufspreis für das Gelände an die IIP exakt 6 958 655 Euro.

Geplant ist der Bau von einem Bürogebäude, einem großen Parkplatz unterhalb der Stromtrasse sowie von drei Hallen. Um sich in der Zukunft eventuell vergrößern zu können, erhält die 21sportsgroup für die kommenden drei Jahre den Unterlagen zufolge ein Optionsrecht auf die restlichen 15 000 Quadratmeter. Das expandierende Unternehmen mit heutigem Sitz in Mannheim-Friedrichsfeld könnte für Ketsch ein ähnlich großer Wurf sein, wie es Decathlon für Schwetzingen war (siehe unten stehende Infobox).

Gemeinde will große Firma

Bürgermeister Jürgen Kappenstein bestätigte gegenüber unserer Zeitung, dass die Gemeinde eine große Firma für die restliche Fläche des Gewerbegebiets favorisiert hat. "Im bereits bebauten Teil sind viele kleine Betriebe aus dem Ort untergekommen, und auch auf den restlichen 15 000 Quadratmetern könnten sich noch welche ansiedeln", erklärte er. "Nachdem sich die Gemüsering Stuttgart GmbH, die sich 2014 ansiedeln wollte, neu ausgerichtet hatte, haben wir nach einem ähnlich großen Betrieb gesucht." Laut Kappenstein war der Gemeinderat stets in die Planungen eingebunden.

Die Verkehrsanbindung der neuen Firma ist in den Augen des Bürgermeisters unproblematisch. "Da es sich um einen Onlinehändler handelt, erfolgt die Belieferung über den Paketservice DHL in Speyer. Die Lastwagen kommen also über die Hockenheimer Straße aus Süden, und nicht durch den Ort", erklärte er. Eine Anbindung der Vorpommernstraße an die Hockenheimer Straße - beispielsweise mit einem Kreisel - sei dabei möglich. "Die Firma siedelt sich im oberen Bereich der Fläche an, in Richtung Aldi", so Kappenstein.

Neue Arbeitsplätze im Blick

Unterstützung für die Pläne kommt vom SPD-Landtagsabgeordneten für den Wahlkreis Schwetzingen, Daniel Born, der sich in einer Mitteilung äußerte: "Es freut mich, an dieser wichtigen Entscheidung für Ketsch im Landtag mitgewirkt zu haben. Nun bekommt Ketsch endlich mehr Gewerbeflächen und dadurch die Chance, dass neue Arbeitsplätze in der Region entstehen, gerade auch weil sich die Gemeinde so intensiv um die Ansiedlung weiterer Unternehmen bemüht hat."

Auch SPD-Gemeinderat Tarek Badr spricht in der Mitteilung von einem Erfolg: "Wir befürworten den Verkauf und begrüßen die Ansiedlung eines großen Unternehmens, gerade im Hinblick auf die Schaffung von rund 100 neuen Arbeitsplätzen und der Einnahmen an Gewerbesteuer."

Kritik kommt indes von der BI Karlsruher Straße. Sie sieht in einer Erklärung zwar die Wichtigkeit, Arbeitsplätze zu schaffen. Doch befürchten die Mitglieder, dass es durch die große Firma zu verstärktem Lieferverkehr in der Gemeinde kommt: "Es werden durch den erwarteten Investor rund 70 000 Quadratmeter zubetoniert. Wie sieht es da mit Schallschutz, Naturschutz, Artenschutz aus?"

Der FDP-Ortsvorsitzende für Ketsch, Simon Schmeisser, hatte bereits am Dienstag in einer Stellungnahme kritisiert, dass die Bevölkerung über die Pläne unzureichend informiert worden sei. Eine weitere Belastung durch Schwerlastverkehr sei nicht akzeptabel.

Der Onlinehändler 21sportsgroup - was steckt dahinter?

Begonnen hat die fulminante Erfolgsgeschichte der 21sportsgroup im Jahr 2005 mit einem klassischen, stationären Einzelhandel im Lauf- & Sport Shop Rhein-Neckar.

Viele Spitzensportler der Szene kaufen heutzutage im Friedrichsfelder Flagshipstore im Saarburger Ring ein, aber auch Freizeitsportler.

Der Store zeichnet sich durch ein Lauflabor, eine Indoor-Laufbahn, ein Gegenstrombecken und einen Outdoor-Testparcour auf über 10 000 Quadratmeter Fläche aus.

Weitere Stores gibt's in Berlin, Dresden, Frankfurt, Hamburg, Heidelberg, Karlsruhe, Köln, Krefeld und Nürnberg. Ein Flagshipstore und ein Shoes-Store sind in München.

Hauptumsatzbringer sind aber die drei Online-Shops, die auf die Sortimente Laufschuhe (21run.com), Streetwear (21streetwear.com) sowie Fahrradzubehör (21cycles.com) spezialisiert sind.

Die Unternehmensgruppe verstärkte sich im Januar durch den Zukauf der Berliner mysportgroup GmbH. Diese betreibt das Online-Portal Vaola.de, auf dem die Berliner ein eigenes Sortiment anbieten sowie Ware externer Händler verkaufen.

Mit einem modernen Storekonzept und einem europaweit erfolgreichen E-Commerce-Angebot vermarkten die Unternehmen der 21sportsgroup damit die gesamte Sortimentwelt des Lauf-, Rad- und Triathlonsports und sind autorisierter Partner aller führenden Hersteller.

Die 21Sportsgroup ist konsequent auf Wachstum programmiert. Das Unternehmen möchte seinen Umsatz im laufenden Jahr von gut 100 Millionen auf 125 Millionen Euro erhöhen.

Am Standort Friedrichsfeld betreibt die 21sportsgroup ein Logistikzentrum. Das soll nun offensichtlich nach Ketsch verlegt oder um den neuen Standort erweitert werden. Das eigene Lager- und Logistikzentrum sorgt nicht nur für die schnelle Lieferung, sondern auch für Qualitätskontrollen und Serviceleistungen. ras

Mehrbelastung kontrollieren

Eines ist sicher: Die Ansiedelung einer großen Firma im Gewerbegebiet ist ein Gewinn für die Enderlegemeinde. Denn eine große Firma ist auch ein großer Arbeitgeber. Und spätestens mit dem Weggang von BorgWarner tut ein deutlich sichtbarer Impuls der Gemeinde gut. Rund 100 neue Stellen sind im Gespräch, im Rathaus hofft man gar auf noch mehr. Die kleinen Firmen aus dem Ort haben im Gewerbegebiet bereits Platz gefunden und vielleicht eine Option auf die restlichen 15 000 Quadratmeter.

Aber natürlich müssen auch die Probleme, die mit einer solchen Ansiedelung verbunden sind, beachtet werden. Der Verkehr wird logischerweise zunehmen - denn die Waren müssen schließlich hin- und hergesendet werden. Dieses Problem hätten freilich auch kleinere, ortsansässige Betriebe. Aber ohne diese Mehrbelastung sind eben keine neuen Arbeitsplätze möglich.

Es kommt also darauf an, diese Mehrbelastung zu kontrollieren. Eine schnelle Zufahrt vom Gewerbegebiet zur Hockenheimer Straße könnte dabei entscheidend sein. Dann käme der Lieferverkehr ohne Probleme Richtung Speyer oder zum Autobahnanschluss Schwetzingen-Süd. Sollte dies nicht ausreichen, muss die Gemeinde sich weitere verkehrslenkende Maßnahmen überlegen. Am besten im offenen Austausch aller Beteiligten - denn nur so lässt sich eine dauerhafte Lösung für Probleme finden.

Freier Autor Freier Journalist für die Region Heidelberg, Mannheim und Rhein-Neckar. Zuvor Redakteur bei der Schwetzinger Zeitung, davor Volontariat beim Mannheimer Morgen. Neben dem Studium freie Mitarbeit und Praktika u.a. beim Mannheimer Morgen, der Süddeutschen Zeitung, dem SWR und der Heidelberger Studentenzeitung ruprecht.

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