Rathaus

Timo Wangler ist seit 100 Tagen Bürgermeister von Ketsch

Timo Wangler ist seit 100 Tagen im Amt und freut sich unter anderem über eine stimmige Chemie mit dem Amtsleiterteam. Weiterhin muss die Gemeinde allerdings sparen.

Von 
Marco Brückl
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Timo Wangler ist seit 100 Tagen als Bürgermeister von Ketsch im Amt – beim Besuch in seinem Büro im Rathaus äußert er sich sehr zufrieden über den Start trotz schwieriger Bedingungen, da der Haushalt der Gemeinde stark verbesserungswürdig ist. © Brückl

Ketsch. Timo Wanglers Bilanz fällt sehr positiv aus. Dass der neue Bürgermeister einen schwierigen Job übernommen hat, unter anderem weil er eine schiefe Haushaltslage sukzessive gerade biegen muss, wird beim Besuch nicht gleich offensichtlich – im Gegenteil: „Die ersten 100 Tage gingen extrem schnell vorbei. Ich fühle mich wohl und es macht sehr viel Spaß. Es ist sogar noch besser, als ich es mir vorgestellt habe“, sagt der Rathauschef.

Tatsächlich ist der frühere Kämmerer der Gemeinde Sandhausen offensichtlich in seinen Traumberuf gestartet. Nach vielen Antrittsbesuchen, jede Menge Gesprächen mit den Mitarbeitern der Verwaltung oder im Ort beispielsweise mit Verantwortlichen der Vereine oder der Unternehmen bereitet die Abwechslung in den Aufgaben große Freude. Nicht zuletzt im Gemeinderat habe er eine Willkommenskultur erlebt, sodass die Basis für ein vertrauensvolles Verhältnis gelegt sei und die Chemie mit dem Amtsleiterteam stimme obendrein.

„Für mich sind fähige Kompromisse wichtig“, sagt der verheiratete Vater zweier Kinder mit Blick auf die Arbeit im Gemeinderat, in dem wechselnde Mehrheiten für ihn kein Problem sind. Es allen recht zu machen, ist per se schwierig, wenngleich Wangler mit Ausnahme der CDU die breite Unterstützung der Fraktionen im Rat während seines Wahlkampfs genoss, und bei seiner Hauptaufgabe, die Finanzen in Ordnung zu bringen, kaum zu bewerkstelligen. Er sagte es im Gespräch mit unserer Zeitung humorvoll-sympathisch: „Ich bin der Hiob“ – er muss der Überbringer schlechter Nachrichten sein, weil bei einem Defizit von knapp 5 Millionen Euro keinem Trauben in den Mund fallen.

Strukturen kennenlernen

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Marco Brückl
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Die Kostenseite müsse bereinigt werden – das sagt der 48-Jährige gebetsmühlenartig – also fing er beim Dienstwagen an. Der Bürgermeister-Mercedes ist für 8750 Euro verkauft. Bei den Gesprächen mit seiner Verwaltungsmannschaft war und ist ihm wichtig, die Stärken und Schwächen eines jeden zu erkennen und die Perspektiven abzufragen, denn der Personalaufwand ist enorm und ein großes Potenzial für Einsparungen. Nur ein kleines Beispiel: Der Amtsbote ging aus Altersgründen, die Stelle wurde nicht neu besetzt.

„Ich muss die Strukturen kennenlernen“, sagt Wangler, weil manche Abläufe freilich anders seien als in Sandhausen. Er wolle nicht alles nach seinen Vorstellungen umkrempeln. „Ich lasse mich überzeugen.“ Um Teamplayer zu sein, erwarte er auch kritische Stimmen. „Ich stimme die Vorschläge mit den Amtsleitern ab.“

Alle Laternen auf LED

Beschäftigt hat er sich mit dem Grünflächen- und Gemeindeentwicklungskonzept, mit der Verkehrsplanung oder dem Kanalsystem, das Klimaschutzkonzept des frisch eingestellten Managers sei für Februar zu erwarten. Die Laternen sollen auf LED – das ist erst bei 30 Prozent der Fall – umgestellt werden und die Flüchtlinge, die aus der Ukraine kommen, brauchen auch in der Enderlegemeinde eine Unterkunft. Themen müssen in Ketsch viele bearbeitet werden, wobei die kostenintensive Sanierung und Erweiterung der Schulen oder die Kinderbetreuung etwa noch zu Buche schlagen. Die Haushaltssperre könne nicht auf Dauer angelegt sein, sagt Wangler. Sparen alleine reiche nicht, um die Kostenstruktur anzupassen.

Kostenseite im Blick

Der Bürgermeister schaut bei den Einnahmen nicht allein auf die Gewerbesteuer, die viel eher Wellen schlagen. Von Sandhausen sind ihm die Bedingungen bekannt, nach denen eine vergleichsweise geringe Gewerbesteuer durch eine höhere Gemeindeumlage ausgeglichen ist. Da habe man viel ruhiger planen können. Er sagt es noch einmal: Es gehe in Ketsch um die Anpassung der Kostenstruktur. Allein darauf zu hoffen, dass sich etwas auf der Einnahmeseite etwa der Gewerbesteuer tut, sei nicht der richtige Weg.

Die Klausurtagung mit dem Gemeinderat steht vor der Tür – sie findet im Rathaus und nicht im Hotel statt – da wird man sich bei eng geschnalltem Gürtel einigen müssen, welche Pflichtaufgaben die Gemeinde zeitnah angeht und welche noch nach hinten geschoben werden können. „Wir verzichten gerade auf Instandhaltung. Das kann nicht langfristig funktionieren.“

Eines steht indes fest: Wenn die nächsten sieben Jahre und 265 Tage so schnell rumgehen wie die ersten 100 Tage, dann hatte Wangler weiterhin Spaß. Und Ketsch aller Vorraussicht nach einen engagierten Bürgermeister.

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