Neulußheim. Lange Zeit gab es im Alten Bahnhof keine Ausstellung mehr. Jetzt aber öffnet sich der Musentempel am Freitag, 8. Oktober, wieder für die Kunst: Der Vorsitzende des Kulturtreffs Wolfgang Treiber präsentiert eine Werkschau von Andreas Klas und holt Weltstars auf Leinwand in die Schickardgemeinde. Wir haben den in Heidelberg lebenden Künstler getroffen und mit ihm über seine Pop-Art-Porträts gesprochen.
Herr Klas, Sie sind gelernter technischer Zeichner, haben Bauingenieurwesen und Informatik studiert und arbeiten heute in der IT-Branche. Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Andreas Klas: Das ist eine gute Frage. Ich bin auf dem Land in der Nähe von Bernkastel-Kues groß geworden, mein Vater war im Bauwesen tätig. Da kam ich mit Kunst zunächst einmal nicht in Berührung und auch beruflich entwickelte ich mich in eine technische Richtung. Die Kunst habe ich erst entdeckt, als ich mit meiner Frau begann, Städtereisen zu machen. Paris, Barcelona, Rom – da habe ich sehr viel aufgesaugt. Für unsere Altbauwohnung wollten wir uns zunächst Kunst kaufen, dann aber habe ich angefangen, selbst zu malen.
Gab es da einen konkreten Anlass?
Klas (lacht): Na ja, meine Frau und ich waren im Baumarkt und sahen eine Staffelei. Und da meinte sie, ich solle doch einmal probieren, selbst etwas zu malen, da ich schon häufiger Lust dazu verspürt hatte. Meine ersten Bilder waren dann auch eher comicartige Kinderbilder, die ich an Freunde und Bekannte verschenkt habe. Die Entwicklung diverser Maltechniken, meines Stils und realistischen Porträts berühmter Menschen kamen erst Jahre später.
Haben Sie bereits ausgestellt oder ist die Werkschau im Alten Bahnhof ihre erste?
Klas: Ich habe in einer Apotheke im Heidelberger Stadtteil Neuenheim, wo ich auch lebe, ausgestellt. Dort hat mich Wolfgang Treiber „entdeckt“ und Kontakt zu mir aufgenommen.
Sie malen im Stil der Pop-Art- Kunst, einer Richtung, die vor allem in den 1960er Jahren Furore machte. Was gefällt Ihnen daran?
Klas: Zunächst einmal die Farben. Ich liebe bunte Farben und mag es, mit ihnen zu experimentieren. Dann reizt mich aber auch der abstrakte Aspekt. Eine andere Bezeichnung für Pop-Art ist ja abstrakter Realismus, denn durch die Verwendung knalliger Farben und abstrakter Elemente bewegt sich das Bild von der reinen Abbildung weg und es entsteht ein künstlerischer Freiraum. Den zu interpretieren, finde ich spannend und nutze ihn gewöhnlich dazu, die Menschen in meinen Porträts so darzustellen, dass sie nicht in eine bestimmte Schublade passen.
Sie malen in erster Linie Porträts von Weltstars, die Malerin Frida Kahlo, den Physiker Richard Feynman oder den Modedesigner Karl Lagerfeld. Nach welchen Kriterien wählen Sie die Menschen als Ihre Motive aus?
Klas: Ich muss mich in irgendeiner Weise mit ihnen identifizieren können. Das, was sie getan oder wie sie gelebt haben, muss mich berühren, muss mir gefallen. Nehmen wir zum Beispiel Frida Kahlo. Sie war in meinen Augen eine bemerkenswerte Frau. In ihrer Jugend war sie lange krank und hat leiden müssen. Das kann ich persönlich sehr gut nachvollziehen, denn auch ich lag im Alter von 17 Jahren lange im Krankenhaus. Frida Kahlo hat aber auch eine Rolle in der damaligen Frauenbewegung gespielt und sie war natürlich eine beeindruckende Künstlerin.
Es scheint, Sie beschäftigen sich sehr intensiv mit den Menschen, die Sie später malen . . .
Klas: Auf jeden Fall. Und ich versuche, sie in einer nicht für sie typischen Weise darzustellen, sprich: der Allgemeinheit unbekannte Seiten aufzuzeigen. So hatte der Komiker Jim Carrey beispielsweise auch eine sehr nachdenkliche Seite. Oder Audrey Hepburn, sie war nicht nur die Süße aus „Frühstück bei Tiffany“, sie hat auch im Krieg gelitten und sich für Unicef-Projekte in zahlreichen Ländern eingesetzt. Das wissen viele nicht.
Können Sie etwas über den Malprozess sagen?
Klas: Zunächst einmal gehe ich auf Motivsuche, das kann Tage, manchmal auch Wochen beanspruchen, bis sich zu einer bestimmten Person ein Gefühl aufbaut, sich ein Thema entwickelt. Dann experimentiere ich mit Farben, schaue, was gut zusammenpasst. Und dann geht es los. Ich arbeite immer bei Tageslicht, vor allem mit dem Malmesser, das eine gewisse Struktur und Flächigkeit erzeugt, immer in mehreren Schichten. Nur die Mund- und Augenpartie male ich mit dem Pinsel.
Was gibt Ihnen das Malen persönlich?
Klas: Mein Beruf ist sehr rational geprägt und die Kunst ist das krasse Gegenteil. Da gebe ich meiner Kreativität Raum. Das ist sehr erholsam. Wenn ich male, bin ich komplett frei, unterliege keinerlei Druck. Die Zeit des Malens empfinde ich dabei als meditative Auszeit, fast wie eine Art meditativen Urlaub, den ich sehr genieße.
Info:
Vernissage im Alten Bahnhof am Freitag, 8. Oktober, 20 Uhr. Geöffnet am Samstag, 9. Oktober, 15 bis 18 Uhr, und Sonntag, 10. Oktober, 11 bis 17 Uhr. Es gelten die aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen des Landes Baden-Württemberg
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