Im Porträt

Der Neulußheimer Künstler hinter dem Vorhang

Rolf Bartling hat vor 30 Jahren die erste Ausstellung im Alten Bahnhof gestaltet, was seinerzeit nicht ohne Risiko und Nervosität geschah

Von 
Lukas Heylmann
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Neulußheim. Auf Rolf Bartlings Tisch stapeln sich Fotoalben und Ordner – besser gesagt, er stapelt sie selbst, einen nach dem anderen. Alle sind voller Impressionen, die wie automatisch zu Anekdoten aus 30 Jahren Künstlerdasein führen, die Bartling in breitem Mannheimerisch unterhaltsam, selbstironisch und entspannt zum Besten gibt.

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich in drei Jahrzehnten so einiges ereignet, gerade bei einer Tätigkeit in einem Feld wie der Bildenden Kunst. So richtig los ging es für Bartling, der seit 1970 in Neulußheim wohnt, im Jahr 1992. Denn da gestaltete er die erste Ausstellung im neu restaurierten Alten Bahnhof. „Ich habe vorher schon viel ehrenamtlich für die Gemeinde gemacht und mich insgesamt dafür interessiert, was hier so passiert“, blickt der Künstler zurück.

Was nach der abgeschlossenen Restaurierung mit dem Alten Bahnhof geschehen sollte, sei damals völlig offen gewesen. „Ich hatte die Idee, dort eine Ausstellung zu machen, so als Prototyp für die weitere Nutzung. Der damalige Bürgermeister Ewald Butz fand den Vorschlag sehr gut.“ Und so kam das Projekt letztlich zustande. Für Rolf Bartling, der auch die Historie des früheren Bahnhofs in seine Werke einband, war es ein großer Schritt, denn zuvor war er – so seine Worte – eher Hobby-Aussteller gewesen und hatte sich nur hier und da mal bei anderen Künstlern beteiligt.

„Die Kosten im Kopf“

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Jakob Roth
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„Ich hab mir damals gedacht, wenn ich schon alleine eine Ausstellung mache, dann mach ich was Gescheites“, sagt Bartling und lacht. Das geschah aber nicht ohne Risiko, denn er organisierte alles auf eigene Kosten. Das ging sogar so weit, dass er am Sonntagmorgen kurz vor der Eröffnung seiner Werkschau noch selbst beim Bäcker die Brezeln abholen gegangen ist. „Ich war sehr nervös und hatte die ganze Zeit die Kosten im Kopf, auf denen ich hätte sitzen bleiben können“, erinnert sich der Künstler.

Generell neigt er bei solchen Veranstaltungen zu Unsicherheit. Als Beispiel berichtet er von einer Ausstellung in der Neulußheimer Turnhalle, die auch an einem Sonntag begann. „Da sind vielleicht fünf Besucher gekommen und ich dachte schon, das wird ein Reinfall. Aber ich hatte nicht an die Kirche gedacht. Um ungefähr 11 Uhr sind die Türen aufgegangen und die Menschen sind wirklich reingeströmt. Da fällt einem ein Riesenstein vom Herzen“, gibt Rolf Bartling unumwunden zu. „Es gehört viel Glück dazu.“

Ähnlich könnte es auch im September 1992 im Alten Bahnhof gewesen sein – so spielte beispielsweise das Wetter mit und die Eröffnung wurde zu einem großen Erfolg und dadurch auch zum Startschuss für Bartlings weitere Karriereschritte, der dennoch entschied, nie hauptberuflich Künstler zu werden. In den Folgejahren stellte er unter anderem mit größeren Namen wie Professor Josef Walch und Uli Stein aus. „Das war ein gutes Gefühl, von den Großen aufgenommen und akzeptiert zu werden“, sagt der Künstler und sieht auch Jahre später immer noch stolz und glücklich aus.

Trotz der besonderen Stellung, die die Ausstellung 1992 für den Alten Bahnhof als Kulturstätte und für Bartlings Dasein als Künstler kam es nie wieder zu einer Zusammenarbeit. Der Neulußheimer stellte stattdessen unter anderem im Diakonissenkrankenhaus in Mannheim sowie der damaligen Rathausgalerie, ebenfalls in Mannheim, aus. Des Weiteren sind auch in der Gemeinde Werke von ihm zu sehen – das prominenteste ist vermutlich die N-Skulptur auf dem Kreisverkehr am Neulußheimer Ortseingang.

Außerdem hat Bartling 2002 ein Buch veröffentlicht, gefüllt mit einigen seiner Bilder und mit selbst geschriebenen Gedichten. „Eigentlich hatte ich einen Verlag gesucht, aber daraus wurde nichts. Ein Verlag in Speyer hat mir im Vorfeld erklärt, dass zwei Lektoren über meine Gedichte lesen müssten und das dann veröffentlicht wird, wie es dem Verlag gefällt. Das ist doch Quatsch. Die Gedichte sind doch meine Gedanken und Gefühle, was brauche ich da einen Lektor?“, wundert sich der Künstler noch heute.

Ein Bus voller Bücher

Schließlich veröffentlichte er „Seitenblicke“ in Eigenregie mit Hilfe von Sponsoren, aber nicht ohne einen kuriosen Zwischenfall. Bartling bestellte damals 700 gebundene Exemplare bei einer Druckerei in Hockenheim mit dem Wunsch, dass sie in Kartons, aber ohne Einzelverpackung ankommen sollten. „Ich bekam eines Tages während der Arbeit einen Anruf von meiner Frau, dass meine Bücher da wären“, erinnert sich der Künstler.

„Vorm Haus stand dann ein Bus voller Paletten mit 700 einzeln verpackten Büchern und nicht einem Karton. Wer weiß, was die sich dabei gedacht haben. Wir haben dann händeringend Kartons und Wannen rangeschafft, um irgendwie die Bücher auszuladen.“ Verkaufen können habe er letztlich aber doch die meisten Exemplare.

Eins hat sich jedoch laut Bartlings Aussage auch nach 30 Jahren Karriere nicht verändert. „Ich weiß bei Ausstellungseröffnungen immer noch nicht, was ich machen soll. Da werden dann irgendwelche Reden gehalten und ich würde am liebsten einfach hinter einem Vorhang rausgucken, um zu sehen, was die Besucher von den Werken halten“, gibt Bartling mit einem Grinsen zu. Seinem Arbeitseifer scheint das aber nie einen Abbruch getan zu haben.

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