Buchvorstellung

Die lustige Seite des Sterbens

Reilinger Autor Klaus Maria Dechant liest aus seinem Buch „Fahr nicht fort, stirb am Ort“

Von 
Andreas Wühler
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Klaus Maria Dechant unterhielt nicht nur mit Textstücken, er bewies sich auch als Sänger, an der Gitarre begleitet von Josef Zahs. © Lenhardt

Neulußheim/Reilingen. Gestorben wird immer – ein aus der Sicht der Inhumierers im wahrsten Sinn des Wortes todsicheres Geschäft. Doch der Ingelreiner Bestattungsunternehmer Hermann Thaddäus König muss erkennen, dass nichts bleibt, wie es war – Jugendwahn und Gesundheitsbewusstsein – weniger Alkohol, no smoke – machen ihm die Kundschaft abspenstig. Eine neue Geschäftsidee muss her.

Nicht nur Bestatter verdienen am Thema Tod, das finale Ende in all seinen Facetten, insbesondere jene Fälle, in denen Dritte dem Schnitter zuvorkamen, sind auch für Schriftsteller eine sichere Bank. Der Reilinger Autor Klaus Maria Dechant hat dies mit seinen ersten Kriminalromanen um die Schwetzinger Ermittlerin Michi Cordes eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Bücher, die sich dem Thema Tod todernst nähern und dem Reilinger Medienprofi – seine ersten Schritte als Journalist unternahm er bei unserer Zeitung – kaum Spielraum für seine humoristische Ader lassen.

Wolf: Ein Lesevergnügen

Weshalb Dechant eine komplette Kehrtwende vollzogen hat, in die Rolle von Til Petersen geschlüpft ist und nun mit dem Roman „Fahr nicht fort, stirb am Ort“ seine erste Kriminalsatire vorstellt. Und wie es den Anschein hat, knüpft er mit seinem Neuling an die bisherigen Erfolge an. Ein ausverkauftes Nebenzimmer im Restaurant „La Fontana di Capri“ in Neulußheim bei der Premierenlesung mag ein Indiz dafür sein, ein anderes wäre die Meinung von Bestsellerautor Klaus-Peter Wolf, dem Vater der Ostfriesenkrimis, der als einer der Erstleser von einem Lesevergnügen spricht.

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Maria Herlo
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Klaus Maria Dechant und seine Frau Diana hatten für die Buchvorstellung bewusst das „La Fontana di Capri“ gewählt, da es quasi ihr zweites Wohnzimmer sei, wie Dechant bei der Begrüßung der zahlreichen Besucher betonte. Dem entsprechend familiär und gemütlich ging es bei der Lesung zu, die für einige Zuhörer auch Nahtoderfahrungen beinhaltete, wie der Autor scherzte – er absolvierte zugleich seine Premiere als Sänger, an der Gitarre von Josef Zahs begleitet. Zahs ist er nicht nur wegen der Musik verbunden – der Grafiker hat zugleich das Buchcover gestaltet.

Bevor er sich anschickte aus seinem neuen Buch zu lesen, ging Dechant auf sein gewähltes Pseudonym Til Petersen ein. Ihm geht es dabei um eine Abgrenzung zu seinem bisherigen Schaffen, Satire und Kriminalroman sollen nicht in die gleiche Schublade, nicht um seine Person, denn er macht ja kein Geheimnis darum, wer Petersen ist. Ein sogenanntes offenes Pseudonym, wie es auch von anderen Schriftstellern genutzt wird.

Nachdem somit die Ausgangslage geklärt war, konnte Petersen/Dechant genüsslich das Tableau seiner agierenden Personen ausbreiten. Da wäre an erster Stelle besagter Bestatter Hermann Thaddäus König, dem die sinkende Sterberate hierzulande zusehends Sorgen bereitet. Neun Bestattungen seien monatlich nötig, um die Familie am Leben zu erhalten, rechnet er sich aus, aktuell stagniert sein Unternehmen bei deren sechs im besagten Zeitraum.

Doch, der Leser ahnt es schon, selbst ist der Mann und als er seinen besten Freund auf der Intensivstation besucht – er ist sterbenskrank und des Lebens überdrüssig – verbindet sich das Angenehme mit dem Nützlichen – er erweist dem Sterbenden einen Freundschaftsdienst und rettet ihn in die aktuelle Monatsstatistik.

Musikalische Nahtod-Erfahrungen

Nach dem passenden musikalischen Einsprengsel – Knocking on heaven‘s door – widmet sich Dechant der zweite Person, Emma, die Tochter seines nunmehr Exfreundes, der er in noch heimlicher Liebe zugetan ist. Sie leidet nicht nur unter dem Tod des Vaters, sondern auch unter einem unfähigen Ehemann, der den Familienbetrieb in den Ruin trieb und der zur Gewalttätigkeit neigt.

Angesichts der Ausgangslage wird dem Leser, in diesem Fall den Zuhörern, schnell klar, dass die heimliche Liebe bald an die Öffentlichkeit getragen werden kann und der schlagende Ehegatte seinen Teil zur wirtschaftlichen Gesundung des Bestattungsunternehmens beitragen wird. Weshalb sich Dechant schnell Figur Nummer Drei zuwenden kann – Susanne, die Tochter des Bestatters. Sie ist gleichfalls im Unternehmen tätig, worunter zusehends ihr Privatleben leidet. Spätestens, wenn das Gespräch aufs Berufliche kommt, kehrt ihr Singlestatus zurück.

Als vierte und letzte Person stellt Dechant an diesem Abend die adlige, dreimal verwitwete Elvira vor, quasi ein nebenberuflicher Konkurrent, mit der die Geschichte zusehends Fahrt auf- und die Bevölkerungszahl von Ingelrein abnimmt. Wohin die Reise geht, darüber lässt Dechant an diesem Abend sein Publikum im Unklaren, er zeigt sich als Meister des Cliffhangers und fordert lieber dazu auf, das Buch im Handel zu erwerben, beispielsweise bei der Neulußheimer Buchhandlung Jutta Dräger.

Dräger war bei der Lesung anwesend und sorgte dafür, dass möglichst viele der Zuhörer nicht nur ein Buch erstehen konnten, sondern es auch von Dechant signiert bekamen. Zwar wollten viele eine solche Signatur, doch gelesen hatten die meisten das Werk schon und so durfte sich Dechant im Vorfeld der Premierenveranstaltung darüber freuen, dass noch vor dieser das Buch in der zweiten Auflage gedruckt wird.

Und natürlich kann eine solche Lesung, bei der den Autor die Lust zum Singen überkommt, nicht ohne den Klassiker „Highway to Hell“ enden.

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