Evangelische Kirche

Duft von Tannennadeln und Spekulatius erfüllt beim Weihnachtskonzert Neulußheim

Das Weihnachtskonzert von Palatina Klassik begeistert die Zuhörer mit gefühlvollen Darbietungen. Da war sogar der Bürgermeister mitgerissen.

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Jakob Roth
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Das Blech- und Chorensemble Palatina Klassik überzeugt in der evangelischen Kirche restlos. Mit seiner Klasse ließ es schnell die Weihnachtszeit Einzug halten. © Lenhardt

Neulußheim. Weihnachtliche Musik erweckt meist starke Assoziationen. Man hört einen Schellenkranz, das verheißungsvolle Klingeln der Weihnachtsglocken samt rührseliger Gesangseinlagen und sofort beginnt es: das Kopfkino. Wir spüren die wohlige Wärme eines Kamins, hören das Rascheln von Geschenkpapier, riechen den unverkennbaren Nadelduft des Tannenbaums und schmecken Spekulatius. Wenn es also ein Ensemble schafft, diese starken Gefühle musikalisch zu kommunizieren, steht dessen Qualität außer Frage.

Das Blech- und Chorensemble des Vereins Palatina Klassik gehört aus diesem Grund definitiv zur musikalischen Elite der Region. Bei ihrem Weihnachtskonzert in der evangelischen Kirche Neulußheim stellten sie höchst eindrucksvoll ihr Können unter Beweis. Dirigent Professor Leo Kraemer war die Freude schon vor Beginn des Konzertes anzumerken: „Ich freue mich sehr, dass wir nach der nun zweijährigen Durststrecke wieder in Neulußheim spielen dürfen. Wir wollen versuchen, die Tore der Weihnachtszeit für Sie zu öffnen“, ließ er das Publikum wissen.

Das Tor fulminant aufgestoßen

Die Tore der Weihnachtszeit wurden mit dem Eröffnungsstück „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ nicht geöffnet, sondern fulminant aufgestoßen. Das Werk wurde 1599 vom lutherischen Hofprediger Philipp Nicolai komponiert und später von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy weiterverarbeitet. Es umfasst insgesamt drei Strophen, welche von den Musikern intelligent instrumentiert wurden.

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Während die Rahmenstrophen der Textdichtung als klangvolles „tutti“ mit Orchester und Chor strahlten, wurde die Mittelstrophe minimalistisch von Professor Kraemer am Klavier begleitet. Die erste Strophe erscheint in andächtigem Gestus und ist mit Zäsuren durchzogen, während der Schlussteil dazu einen fast themendualistischen Kontrast bildet.

Wohlartikulierte Signalmotivik in den Trompeten umweben feierlich die Textstelle „Gloria sei dir gesungen“. Dabei entwickelte das Blechensemble einen obertonreichen und brillanten Klang. So fungieren die beiden Rahmenstrophen als eine musikalische Klammer. Der homophone Chorsatz führt schließlich in einer triumphalen Schlussklausel hin zu einem strahlenden Dur-Akkord.

Franz Schubert komponierte im Jahr 1826 im Auftrag des Hochschulprofessors Johann Philipp Neumann eine deutsche Messe. Die eigentlich lateinische Trauerliturgie besteht dabei aus acht festgeschriebenen Teilen. Rhythmisch und melodisch erscheint Schuberts Messe wenig aufdringlich. Sie strömt gleichmäßig und verzichtet auf schwülstige Ornamentik, kitschige Überdramatisierung oder eine komplexe Satztechnik. Dadurch wirkt sie nahbar und eingänglich.

Das Vokalensemble zeigte sich charakterstark und sicher in der Interpretation dieses Werkes. Pietätvoll und voluminös schwoll der Klangkörper passend zur Textstelle „Herr, du hast mein Flehen vernommen“ zu einem durchdringenden „fortissimo“ an. Stellenweise wurden die Sänger nur von einem Klaviersatz begleitet, was die schlichte musikalische Gestaltung meisterhaft unterstrich.

Violinist Robert Frank zeigte in Georg Friedrich Händels E-Dur Sonate für Violine und Continuo sein Können. Ornamentik und Figurationen spielte er kunstvoll aus, trotz des hohen technischen Anspruchs war sein Klang durchweg leichtherzig und verspielt. Seine Phrasierungen waren stets lang und ordneten die vielfältigen musikalischen Motive in einen größeren Zusammenhang ein. In der viersätzigen Sonate folgt, typisch für den Barock, immer ein schneller auf einen langsamen Satz. Die dabei entstehenden Kontraste wurden von Frank meisterhaft herausgearbeitet. Galant führte er schließlich das Stück im höfisch-tänzerischen Dreiachteltakt zu Ende.

Nach dem Weihnachtsklassiker „Es ist ein Ros’ entsprungen“ erwartete die Hörer das Chorwerk „Transeamus usque Bethlehem“ von Joseph Schnabel. Ein beherzter Einsatz in Bass und Tenor wurde sogleich von einer solistisch anmutenden Geigenstimme und den übrigen Bläsern fortgeführt und beantwortet. Furios akzelerierte das Ensemble zu ekstatischen „Gloria“-Rufen. Das polyphone Verhältnis zwischen Blechensemble und Chor stellte die Musiker ebenfalls vor keine große Herausforderung, aufgrund des differenzierten Klangs war jede Stimme genau nachvollziehbar.

Bei einem Weihnachtskonzert darf selbstverständlich Bachs Weihnachtsoratorium nicht fehlen. Unter der Leitung von Dirigent Kraemer präsentierten die Musiker drei Choräle aus dem barocken Meisterwerk. Trotz der großen Dichte an musikalisch-rhetorischen Figuren in Bachs Choralwerken interpretierten die Musiker das Werk äußerst treffend. Im Choral „Wie soll ich dich empfangen“ entsteht eine eher zögerliche, fragende Atmosphäre, die sich mit dem Choral „Ach, mein liebes Jesulein“ in einen hymnischen Lobgesang verwandelt.

Solistische Leistung überzeugt

Eine solistische Leistung der Extraklasse vollbrachte auch Tenor Michael Wagner im Stück „Cantique de Noël“ des französischen Komponisten Adolphe Adam. Schon mit dem ersten Stimmeinsatz des Sängers offenbarte sich seine musikalische Klasse.

Wagner füllte den Raum mit einem kristallklaren Klang und konnte vor allem durch seine herausragende Stimmkontrolle glänzen. Sein Vibrato wirkte kultiviert und technisch ausgereift. Die Solopassagen wurden von Choreinsätzen mit Orchesterbegleitung unterbrochen, in denen sich die anmutige Harmonik des Werkes präsentieren konnte.

Nach einer speziellen Bearbeitung von „O du Fröhliche“ verhallte der letzte Akkord des Konzertes im Kirchenschiff. Die Musiker wurden für die musikalischen Wohlgenüsse der letzten Stunde mit Applaus überhäuft.

Bürgermeister Gunther Hoffmann war begeistert: „Ich danke Leo Kraemer von ganzem Herzen. Wir alle wissen, was es heißt, die Weihnachtszeit nicht richtig feiern zu können. Vielen Dank für dieses außergewöhnliche Konzert!“

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