Evangelische Kirche

Frauenpower von rockig bis jazzig

Der Neulußheimer Chor „Women‘s Voice“ liefert zum 20-Jahre-Jubiläum ein beachtliches Konzerterlebnis ab

Von 
Jakob Roth
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Gelungener Auftritt zum Jubiläum: „Women‘s Voice“ in der evangelischen Kirche in Neulußheim. © Lenhardt

Neulußheim. Knapp 20 Jahre ist es nun her, dass der Frauenchor „Women’s Voice“ aus Neulußheim sein erstes Konzert gab. Schnell entwickelte sich das Ensemble zu einer kulturellen Perle der Gemeinde, obwohl der Chor zunächst nur als Zusatzangebot des AGV-Harmonie geplant war. Selbst während der Coronapandemie konnte sich das Ensemble immer die Lust am Singen und Musizieren bewahren. Von der musikalischen Vielfalt der letzten Jahrzehnte beflügelt, unterhielten die Damen von „Women’s Voice“ ihr Publikum bei einem einstündigen Konzert in der evangelischen Kirche Neulußheim. Durch das Programm führten die Moderatorinnen Heike Ullrich und Daniela Hertenstein.

Unter der musikalischen Leitung von Chorleiter Bernd Schmitteckert und perkussiver Begleitung durch Linus Müller erklang John Lennons Friedenshymne „Imagine“ zur Konzerteröffnung. Zunächst schmeichelte der berühmte Einstieg mit der Textzeile „Imagine there’s no heaven“ als zarter Sologesang den Ohren des Publikums, bis sich das Arrangement zum Refrain in einen mehrstimmigen Chorsatz ausweitete. Mit dem Erfolgshit „Creep“ der britischen Band „Radiohead“ zeigte „Women’s Voice“ seinem Publikum ihr breites Klangfarbenspektrum. So spitzte sich die emotionsgeladene Ballade dynamisch und harmonisch immer weiter zu, nur um kurz nach dem Höhepunkt, passend zum deprimierenden Textfetzen „I wish I was special“, mit mystischem Flüsterton einen großangelegten Kontrast kenntlich zu machen.

Metallicas „Nothing else matters“ ist für viele Popfans das einzig funktionierende Portal in die Welt des Heavy-Metal. Die romantische Ballade, die Gitarrist James Hetfield bei einem Telefonat mit seiner Freundin eher zufällig und nebenbei komponierte, gilt somit als Bindeglied zwischen den „wilden“ Metalheads und sanftmütigen Kuschelrockern. Das Chorarrangement dieses Erfolgssongs besaß, besonders in der Interpretation von „Women’s Voice“, eine rhythmisch anspruchsvolle Finesse. Im Prechorus setzten die Sängerinnen leicht versetzt voneinander ein. So entstand eine polyphone Vielschichtigkeit, die das Hörerlebnis ausschmückte.

Komplexe Harmonien

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rhw
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Nach diesem rockigen Einstieg wich die Gitarrenmusik Jazz und Soul. Aretha Franklins „You make me feel like a natural woman“ gilt als Kronjuwel der Soulmusik und wurde vom Frauenchor einzigartig umgesetzt. Aufgrund der komplexen Harmonien erwies sich der darauf folgende Jazzstandard „Autumn Leaves“ als besonders anspruchsvoll. Christina Schneider, Diana Helm, Fabienne Arnold und Renate Langham bewiesen sich hier als ausgezeichnete Solistinnen, die der Musik durch ihre kraftvollen Stimmen zu mehr Textur verhelfen konnten.

Den wohl größten Applaus des Abends konnte jedoch „Engel“ von Rammstein ernten. Das fantastische Arrangement vermochte die düstere und beinahe dystopische Atmosphäre des Originalstücks ohne Probleme zu transportieren. Till Lindemanns Sprechgesang erschien als minimalistische Tonwiederholung, über welcher eine neblig-sanfte Gegenmelodie thronte. Im Mittelteil wurde das im Keyboardsolo, welches im Original nur wenige Takte lang ist, als barocke Fuge adaptiert. Das Hauptmotiv des Keyboardsolos wird also zeitversetzt in jeder Stimme einmal gesungen. Dies ist für jeden Chor eine anspruchsvolle Aufgabe. „Women’s Voice“ meisterte dies jedoch mit Bravour.

Nach weiteren herausragenden Unterhaltungsstücken, wie Daniel Powters „Bad Day“, „Radioactive“ von den Imagine Dragons oder Meghan Trainors „Dear Future Husband“ verklangen die letzten Töne des Konzertes mit „Hallelujah“ von Leonard Cohen. Ein passender Schluss, mit dem die ausführenden Sängerinnen ihre Leidenschaft für die Musik, gesanglich wie textlich, zum Ausdruck bringen konnten. Chorleiter Bernd Schmitteckert kann durchaus stolz auf seinen Chor „Women’s Voice“ sein, denn die musikalische Leistung des Ensembles war an diesem Abend herausragend und wurde zurecht mit tosendem Applaus honoriert. Eine ganz besondere Leistung vollbrachte auch Chorleiter Schmitteckert selbst: Kurz vor Konzertbeginn hatte er sich durch einen Sturz verletzt. Trotzdem schaffte er es unter Schmerzen, seinen Chor kompetent durch das Programm zu führen und somit einen grandiosen Auftritt abzuliefern.

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