Architektur

60 Jahre Rathaus Oftersheim: Ein Blick auf die Baugeschichte

Ein Blick zurück in die Oftersheimer Geschichtsbücher zeigt: Es hätte auch ganz anders kommen können – ein Steg, ein Turm und sogar ein anderer Standort für das Rathaus waren damals im Gespräch.

Von 
Hans-Peter Sturm
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Anfang 1964 wurde das alte Rathaus mit dem Turm in der Mannheimer Straße abgerissen. Rechts daneben steht das alte evangelische Schulhaus, das ein Jahr später dem Rathausvorplatz weichen musste. © Archiv Huko

Oftersheim. Eines der bedeutendsten Bauprojekte in Oftersheim seit der Nachkriegszeit wurde vor genau 60 Jahren offiziell in Dienst gestellt: Am 23. Juli 1965 durfte Bürgermeister Karl Frei zu diesem Anlass zahlreiche Ehrengäste begrüßen, darunter Regierungspräsident Dr. Werner Munzinger aus Karlsruhe und Landrat Dr. Valentin Gaa. Groß war die Freude, rechtzeitig zur 1.200-Jahrfeier der Gemeinde im Folgejahr mit dem dreigeschossigen Zweckbau angesichts der akuten Raumnot in der Verwaltung Abhilfe zu schaffen und einen neuen städtebaulichen Akzent in der Ortsmitte zu setzen.

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Vorausgegangen waren dem Projekt mehrere Planungsvarianten und Diskussionen über eine Erweiterung des bisherigen Rathauses aus dem Jahr 1871 auf dem gleichen Platz, das mit seiner neuklassizistischen Fassade und vor allem dem ortsbildprägenden Turm ein zweifellos identitätsstiftendes Bauwerk in der Hardtgemeinde war. Doch wie in der Ortschronik festgehalten, hätte angeblich keine der untersuchten Lösungen ein zufriedenstellendes Ergebnis gebracht. Heute wohl unvorstellbar, doch alternativ gab es tatsächlich Überlegungen, einen Rathausneubau im Gemeindepark zu errichten. Hinzu kam offenbar der Kostenaspekt, denn 1962 hätte der Gemeinderat die Erhaltung und Einbeziehung des Turmes aus genau diesem Grund abgelehnt.

Amerikanische Pioniere leisten beim Abriss ganze Arbeit

So kam es am Jahresbeginn 1964 zum Totalabriss dieses liebgewonnenen Gebäudes samt dem Nachbaranwesen Mannheimer Straße 47. Die Pioniere eines amerikanischen Bataillons leisteten ganze Arbeit, und im Juni konnte Bürgermeister Frei vor einer großen Besuchermenge eine Zeitkapsel in den Grundstein legen. Dieser Stein mit der Jahresangabe „1964/65“ befindet sich übrigens auf der Schulhofseite über der Rampe zum Keller und war nicht zu übersehen, bis er im Zuge der letzten Generalsanierung 2005/06 hinter einer dicken Wärmedämmschicht verschwand. Während der Bauzeit war die Verwaltung in einem Übergangsquartier im Erdgeschoss des Gemeindewohnblocks in der Hildastraße 26 untergebracht.

Im September 1964 konnte Richtfest gefeiert werden. Es stand ein Stahlbetonskelettbau vom Schwetzinger Architekten Schmittgen. Die Baukosten betrugen 1.270.000 Mark. Ursprünglich sollte das Haus ein Flachdach erhalten, doch die Genehmigungsbehörde bestand auf einem Satteldach, damit sich der Bau harmonischer in das noch ländlich geprägte Straßenbild einfügt. Nach dem Einzug am 4. Juni 1965 konnten die verschiedenen Dienststellen schließlich ihre Arbeit im neuen Domizil aufnehmen.

So sah das Rathaus mit Vorplatz bei der 1.200-Jahrfeier Oftersheims im Jahr 1966 aus. © Archiv Huko

Neben lichtdurchfluteten Büroräumen war dort auch ein großer Bürgersaal im ersten Obergeschoss entstanden und darüber der neue Ratssaal, außerdem war im Erdgeschoss die Gemeindebücherei eingezogen. Dort stand auch eine Vitrine mit archäologischen Fundstücken aus der Oftersheimer Frühgeschichte, quasi der Ausgangspunkt für das spätere Gemeindemuseum. Im selben Jahr entstand auf dem angrenzenden Grundstück nach dem Abriss des alten evangelischen Schulhauses von 1836 ein repräsentativer Vorplatz mit einer Standuhr – sie wurde liebevoll-spöttisch die „Wäscheklammer“ genannt – und einer Brunnenanlage mit den beiden nunmehr stummen Rathausglocken als bescheidene Reminiszenz an den Vorgängerbau.

Erweiterungspläne wegen Platzproblemen in den 1980er Jahren

Bereits zwei Jahrzehnte später war der Raumbedarf schon wieder an seine Grenzen gelangt und so wurde 1988 der bisherige Ratssaal in Bürozimmer unterteilt und dem Bauamt zugeordnet, während der Gemeinderat nunmehr eine Etage tiefer im bisherigen Bürgersaal tagte. Doch auch diese Maßnahmen sorgten nur vorübergehend für eine Entlastung der Platzverhältnisse aufgrund gestiegener Aufgabenfelder der Kommunen und eines angestrebten verbesserten Bürgerservices. So diskutierte der Gemeinderat im Frühjahr 1992 über die vom Städtebauatelier Prof. Trieb aus Stuttgart untersuchte Variante, im Zuge der ebenfalls anstehenden Erweiterung der Friedrich-Ebert-Schule deren altes Schulhaus dem Verwaltungsbereich zuzuschlagen und über einen verglasten Steg mit dem Rathaus zu verbinden. Das Konzept sah sogar einen „neuen Rathausturm“ vor als Erschließungsweg von Platz, Steg und einer angedachten Tiefgarage unter dem Schulhof. Doch dann kam alles anders. Denn nur wenige Meter entfernt eröffneten sich in der Eichendorffstraße ganz neue Perspektiven. Es konnte ein Stall- und Scheunengebäude gekauft werden, in das 1995 das Bauamt einzog. Außerdem wurden dort ein attraktiver Ausstellungsbereich und ein neuer Bürgersaal geschaffen.

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Das bisherige Rathausgebäude war währenddessen nach 40 Jahren in mehrfacher Hinsicht in die Jahre gekommen und musste daher in den Jahren 2005/06 energetisch ertüchtigt und kernsaniert werden, mit Veränderungen in der Raumstruktur. Letzteres zeigt sich am auffälligsten in der Verlegung des Haupteingangs auf die Platzseite. Damit dürfte das nun 60 Jahre alte Oftersheimer Rathaus auch für die nähere Zukunft bestens aufgestellt sein für alle administrativen Aufgaben zum Wohle der Bürger.

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